»Das ist halt so«

Landkreis – „Irgendwann ist der Forggensee dann eine großes Sumpfgebiet“, erregte sich Schwangaus Bürgermeister Stefan Rinke im Rahmen des „Forggenseegesprächs“ im Landratsamt in der vergangenen Woche nicht ganz grundlos.
Denn scheinbar sind weder Wasserwirtschaftsamt und Freistaat Bayern noch der Betreiber der Wasserkraftwerke und Stromerzeuger, die EON, daran interessiert, die aus dem Aufstau erwachsenden Probleme wie Verlandung und Treibholz zu beseitigen.
Als der Forggensee in den 1950-iger Jahren gebaut und 1954 erstmals aufgestaut wurde, ging es nur um die Stromerzeugung. Von Hochwasserschutz, Natur oder gar touristischen Interessen war seinerzeit im ersten Wasserrechtsbescheid nicht die Rede.
Das rächt sich nun, vor allem für die Anlieger. Den Hafen in Brunnen könnten nur noch geübte Segler anfahren, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Stadt Füssen entweder viel Geld in die Hand wird nehmen müssen, um bestimmte Anlegestellen anfahren zu können oder diese aus dem Kursplan der Forggenseeschifffahrt zu streichen.
Und auch bei der Treibholzproblematik lässt der Freistaat die Betreiber von Badeanlagen oder Segelclubs und die Gemeinden im Stich, so der Vorwurf. Riedens Bürgermeister Max Streif berichtete, wie das Treibholzmanagement am Bodensee aussehe. Dort ist, je nach Windlage, der bayerische Teil des Sees besonders stark betroffen. Dort greife das Wasserwirtschaftsamt allerdings rechtzeitig ein, um das Schwemmholz, das zumeist aus dem Rhein eingetragen wird, von Anlagen fernzuhalten.
Mit Schreitbaggern und Ketten würde das Treibgut aufgehalten und aus dem See entfernt, schilderte Streif seine Eindrücke einer vom Wasserwirtschaftsamt organisierten Fahrt an das „schwäbische Meer“. Darauf nahm Bürgermeister Rinke Bezug und meinte, es könne nicht sein, dass dort agiert werde, während am Forggensee nichts geschehe. „Da muss man Geld in die Hand nehmen“, forderte er, „und mit den Anlagenbetreibern kooperieren“. Ansonsten sei der Forggensee irgendwann ein großes Sumpfgebiet mit vielen wilden Inseln. „Hier braucht’s einen Masterplan“, so der Schwangauer Bürgermeister weiter. Ansonsten können man einen Nationalpark daraus machen.
Doch ob die Aussicht auf zahllose Moskitos die Touristen noch an das Gewässer lockten? Außerdem wollte Rinke wissen, ob man vor dem Problem Verlandung kapituliert habe und ob man diese nicht steuern könne. Tatsächlich scheint es so, dass man seitens der Behörden sich aus der Verantwortung stehlen möchte. So meinte Karl Schindele, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Kempten: „Wir können das Problem für Sie nicht lösen“. Unter anderem unterstrich Schindele, dass hier keine öffentlichen Belange tangiert würden. „Der Forggensee ist kein schiffbares Gewässer wie der Bodensee“.
Per Definition der dafür zuständigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist Schiffbarkeit der Zustand eines Gewässers, der besagt, dass darauf Schifffahrt – Güterschifffahrt, Personenschifffahrt und/oder Sportschifffahrt – betrieben werden kann. Ein Grund für fehlende Schiffbarkeit kann die unzureichende Wassertiefe sein. Warum der Forggensee kein schiffbares Gewässer sein soll, ließ der Beamte jedoch offen.
Nur Fließgewässer
Auf Nachfrage von Baujuristin Gudrun Hummel vom Landratsamt, ob die Verlandung des Gewässer nicht den Belangen des Hochwasserschutzes entgegenstünde, stellte Schindele fest, dass die im Wasserrechtsbescheid von 1960 behandelte Verlandung, der man entgegenwirken müsse, sich nur auf die Fließgewässer, also Lech und andere Flüsse oder Bäche beziehe, die nicht aufgrund des Forggenseeaufstaus verlanden dürften.
Kasimir Schmutz, für die Weidachgemeinschaft aus Füssen bei der Sitzung im Marktoberdorfer Landratsamt dabei, merkte an, dass es Berechnungen gebe, wonach rund 300 Tonnen Schwebstoffe – also mineralisches Material – pro Jahr in den Foerggensee eingetragen würden.
Demnach wäre der See in 500 Jahren komplett aufgefüllt. Kritik an EON Dass man seitens des Energieriesen EON für Maßnahmen der Entlandung kein Geld mehr zur Verfügung habe, unterstrich Dr. Johann Sachmann, Leiter der Flussgruppe Lech bei EON. „Sie haben bestimmt gestern auch gelesen, dass EON einen Verlust von 2,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr eingefahren hat“, so Sachmann.
Was den Stromriesen allerdings in der Vergangenheit nicht daran gehindert habe, jahrzehntelang auf Kosten der Forggensee-Anliegergemeinden, die dafür ihren Grund hergeben mussten, Strom mit der Wasserkraft aus dem Lech zu verdienen. Dabei habe man auch nicht mit im Boot sitzen dürfen, so die Kritik vonseiten der betroffenen Anliegergemeinden. Jetzt aber, wenn Probleme auftauchen würden, werde das mit dem Satz „Das ist halt so“ auf die Gemeinden abgewälzt.
Oliver Sommer