Hilfe für jeden Betroffenen

Gauting – Bundesweit gibt es etwa zwei bis zweieinhalb Millionen Betroffene des Messi- oder Vermüllungssyndroms, aber nur etwa 100 bis 150 geschulte Helfer. Für den Gautinger Galeristen Michael Schröter ein „Missverhältnis“.
Um dem entgegenzuwirken, hat der 64-Jährige nun die erste deutsche Messi-Akademie gegründet und am vergangenen Freitag sein Projekt vorgestellt. „Eines Tages soll jeder Betroffene, der professionelle und einfühlsame Hilfe wünscht, diese auch erhalten“, so Schröter. Um dieses Ziel zu erreichen, bietet die Akademie künftig folgendes an: Schulung von Menschen mit Mitgefühl und Einfühlungsvermögen, die künftig als professionelle Messi-Hilfe-Fachkräfte tätig sein werden; ein Forum für Messies und deren Angehörige; Ansprechpartner für alle, die beruflich mit Messies zu tun haben; Räumlichkeiten in der Akademie für Messie-Selbsthilfegruppen, Ansprechpartner für die Medien sowie Vorträge über das Messie- und das Vermüllungssyndrom. Entstanden ist die Idee für die Akademie bereits im Mai 2015, aber erst im Februar wurde daraus ein konkreter Gedanke. Damals erfuhr Schröter im Gespräch mit einer Betroffenen, dass diese zwei Tage nach Hilfe gegoogelt, aber nichts passendes gefunden hatte. Und auch die eigenen Kapazitäten - Schröter hilft Messies seit über 14 Jahren - sind erschöpft. „Wir können keine Aufträge mehr annehmen, denn wir sind mehr als ausgebucht.“ Neue Fachkräfte, die nicht nur im Landkreis Starnberg, sondern auch bundesweit tätig sein sollen, werden also dringend benötigt. „Ein Messie ist ein Mensch in seelischer und körperlicher Not, der unter seiner Wohnsituation leidet“, betonte der Gautinger Galerist Michael Schröter im Rahmen der kleinen Feier zur Gründung der ersten deutschen Messie-Akademie. Die Betroffenen seien Menschen, die in ihrer Wohnung nicht mehr wohnen, sondern oft nur noch vegitieren können, ein Leben in Angst führen und immer wieder von dem Gedanken geplagt werden, dass niemand merken darf, was hinter der Wohnungstür geschieht. „Diese Menschen lassen auch niemanden mehr in ihre Wohnung“, so Schröter. „Besucher werden abgewimmelt und die Haustür nur einen spaltbreit geöffnet.“ Weitere Indizien für einen Messie seien zur Gänze mit Gegenständen belegte Zimmerböden, zugestellte Fenster und Heizungen, die durch die Unerreichbarkeit auch nicht mehr benutzt werden können. Selbst mit Lebensmitteln gefüllte Einkaufstüten werden nicht mehr entsorgt, was in der warmen Jahreszeit zu einem unerträglichem Geruch und zu Insektenbefall führt. Schröter hat im Laufe seiner Einsätze in Messiewohnungen dabei das Phänomen festgestellt, dass mancher Betroffene die Fähigkeit entwickelt hat, „nichts von dem Müll zu sehen und nichts zu riechen. Das wird komplett ausgeblendet“. Messies finden sich übrigens in allen Bevölkerungsschichten: Frauen wie Männer, arme wie wohlhabende Menschen, Gebildete und Ungebildete, junge und ältere Menschen, Hartz-IV-Empfänger wie Manager. Ihnen allen möchte Schröter mit seiner Messie-Akademie helfen und zwar, in dem er interessierte Personen zu Messie-Hilfe-Fachkräften ausbildet, die dann als selbständige Unternehmer tätig sein werden. Die Kosten für die zwölftätige Ausbildung belaufen sich auf 4.280 Euro und beinhalten auch die Unterstützung in den Start in die Selbständigkeit. Interessenten sollten über 30 Jahre alt sein (Ausnahmen sind möglich), Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Geduld und Toleranz mitbringen. Führerschein der Klasse 3 / Klasse B und gute deutsche Sprachkenntnisse werden ebenfalls erwartet. „Aufgrund des großen Bedarfs an Messie-Hilfe-Fachkräften ist davon auszugehen, dass diese ausreichend viele Aufträge erhalten“, ist Schröter überzeugt. Detaillierte Informationen zur Ausbildung gibt es im Internet unter www.messie-akademie.de. Fünf Anmeldungen hat Schröter bereits. Wenn sich etwa insgesamt zwölf Personen gemeldet haben, soll die erste Ausbildung im November starten. sb