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Ukraine-München-Zwischenstopp bei Polizei in Rosenheim - Frust bei Geflüchteten

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Von: Katrin Woitsch

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Die Bundespolizei Rosenheim hilft Geflüchteten, in einen Bus zu steigen
Mit dem Bus zur Dienststelle: Alle Geflüchteten ohne biometrische Pässe müssen registriert werden, bevor sie weiterfahren dürfen. Die Bundespolizei transportiert sie zum Bahnhof Rosenheim und wieder zurück. © Johannes Thomae

Am Rosenheimer Bahnhof kommen täglich Kriegsflüchtlinge an. Alle mit biometrischen Pässe dürfen weiterfahren. Der Rest wird von der Polizei registriert und versorgt. Das sorgt zum Teil für Frust.

Rosenheim - Der Zug aus Ungarn hat eine Viertelstunde Verspätung, als er am Rosenheimer Bahnhof einfährt. Auf dem Bahnsteig stehen rund zwei Dutzend Bundespolizisten. Nicht alle aus Rosenheim. „Wir bekommen zur Zeit Verstärkung aus ganz Deutschland“, sagt Sprecher Rainer Scharf. Heute sind Kollegen aus Hünfeld in Osthessen hier im Einsatz, um die Züge zu kontrollieren, die aus Osteuropa über die bayerische Grenze kommen.

Für die Bundespolizei ist das nichts Neues. Das hat von jeher zu ihren Aufgaben gehört. 2015 hat sie monatelang alle Kräfte gebündelt, die Turnhalle der Dienststelle war damals umfunktioniert zu einem Bettenlager, in dem Geflüchtete registriert und versorgt wurden, bevor sie nach München weiterreisen durften. Heute während des Ukraine-Kriegs ist das wieder so. Die Zahl der Menschen, die täglich hier ankommen, ist hoch. Aber bei weitem nicht so hoch wie im Herbst vor sechs Jahren.

Und noch einen großen Unterschied gibt es. „Gut die Hälfte der Einreisenden aus der Ukraine hat einen biometrischen Reisepass“, erklärt Rainer Scharf. Sie bekommen von der Polizei nur einen mehrsprachigen Infozettel, dass sie sich nach 90 Tagen bei der Ausländerbehörde oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge melden müssen, wenn sie in Deutschland bleiben wollen. Anschließend dürfen sie nach Deutschland weiterfahren.

Ukraine-Krieg: Geflüchtete kommen in München an - so kontrolliert die Polizei

So leicht ist es nicht für alle Menschen, die gerade aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten. Eine Frau steht mit ihrem kleinen Sohn und ihrer 81-jährigen Mutter auf dem Bahnsteig. Sie spricht nur ein paar Worte Deutsch – und kaum Englisch. Als der Zug in München hält, ist die Familie ausgestiegen.

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Sie dachten, sie seien schon in München. Einer der Polizisten kontrolliert die Ausweise, biometrische Pässe haben sie nicht. Das bedeutet, dass sie erst mal mit auf die Dienststelle kommen müssen, registriert werden und später nach München weiterfahren können. „Ich verstehe nicht“, sagt die Frau immer wieder, als einer der Polizisten ihr in mehreren Sprachen zu erklären versucht, was nun passiert. „Sie können sich ausruhen und etwas essen, dann fahren wir sie wieder zum Bahnhof“, erklärt er.

Ein Bundespolizist erklärt einer geflüchteten Familie, dass sie in der Dienststelle registriert werden müssen.
Erschöpft und verzweifelt: Die Familie versteht nicht, warum sie nicht gleich weiterreisen darf. © Johannes Thomae

Die Frau wird immer verzweifelter. Ihre Mutter stützt sich auf einen Gehstock, ihr kleiner Sohn steht unsicher neben ihr. Alle drei sind sichtlich erschöpft. Der Polizist winkt eine Dolmetscherin her, die die Polizei bei jeder Kontrolle wegen solcher Situationen unterstützt. Sie spricht ein paar Minuten mit der Frau, kann sie etwas beruhigen. „Sie sind seit fünf Tagen unterwegs“, berichtet sie dem Polizisten. „Eine Freundin wartet in München auf sie. Sie wollen einfach nur ankommen.“ Warum sie nicht dort registriert werden können, will die Frau wissen. Ihr das auf dem Bahnsteig zu erklären, wäre zu kompliziert. Die Polizisten helfen der Familie mit dem Gepäck.

Geflüchtete aus dem Ukraine-Krieg: München kümmert sich

Auf dem Parkplatz des Bahnhofs steht ein Bus bereit, der die Menschen zur Dienststelle transportiert. Dort warten Helfer der Caritas, um sich um sie zu kümmern. Sobald die Registrierung abgeschlossen ist und die Menschen zurück zum Bahnhof möchten, bringt die Bundespolizei sie wieder zurück. „Auch sie bekommen alle ein Info-Blatt von uns, an wen sie sich in München wenden können, wenn sie keine Freunde oder Verwandte dort haben“, erklärt Rainer Scharf.

Es sind nicht nur gebürtige Ukrainer, die gerade vor dem Kriegsgeschehen nach Deutschland flüchten. Auch viele Nordafrikaner, die bis zum Krieg dort gearbeitet hatten, sitzen nun in den Zügen. Genau wie Studenten aus verschiedenen Ländern. In dem Zug, der an diesem Nachmittag in Rosenheim ankommt, befinden sich gut 200 Geflüchtete aus der Ukraine.

150 haben biometrische Pässe und fahren direkt weiter, 50 bis 60 müssen auf der Dienststelle registriert werden. „Etwa die Hälfte davon sind andere Nationalitäten“, berichtet Scharf. Bis auf einen türkischen Staatsbürger können an diesem Tag alle belegen, dass sie aus der Ukraine geflüchtet sind.

Zwischenstopp Rosenheim: So kommen Geflüchtete aus dem Ukraine-Krieg in Bayern an

Die Rosenheimer Bundespolizei meldet den Kollegen nach München, wie viele Geflüchtete im nächsten Zug ankommen werden. Am Hauptbahnhof kümmern sich die Polizisten dann gemeinsam mit Caritas und der Stadt München um einen geordneten Ablauf. „Kontrollen gibt es nur noch stichprobenartig“, sagt Wolfgang Hauner von der Bundespolizei. „Deshalb sind die Kontrollen in der Grenzregion so wichtig.“

Diese Kontrollen sind Alltag – aber trotzdem keine Routine für die Bundespolizisten. Am Rosenheimer Bahnhof stehen die Beamten bei einer größeren Familie, zwei kleine Kinder, ein Baby im Kinderwagen sind dabei. Sie haben keine Koffer, nur hektisch zusammengepackte Plastiktaschen, die so schwer sind, dass sie sie kaum tragen können. Auch diese Familie versteht nicht, warum sie mit auf die Dienststelle kommen muss.

Ein Kind weint, eine Frau schimpft. Es hilft nichts. Die Polizisten tragen ihnen die schweren Taschen bis zum Bus. Erschöpft steigen die Ukrainer ein. Für viele ist es noch nicht mal die vorletzte Station ihrer langen Flucht. Die Polizisten aus Hessen kehren auf den Bahnsteig zurück, nachdem der Bus abgefahren ist – und warten auf den nächsten Zug aus Osteuropa. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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