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Galeria Karstadt Kaufhof: Filiale in Kempten schließt, Memmingen bleibt

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Von: Helmut Hitscherich, Michaela Breuninger

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Galeria Kaufhof in Kempten
Galeria Kaufhof in Kempten: Der Standort schließt zum 31. Januar 2024. © Foto: Pöhlmann

Kempten/Memmingen - Mit Spannung war die Nachricht erwartet worden. Seit Montag ist klar, welche Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof schließen müssen. Während Memmingen aufatmet, ist die Enttäuschung in Kempten groß. Vielleicht zeigt sich aber ein Silberstreif am dunklen Kaufhaus-Himmel.

Die Schließung von Galeria Kaufhof in Kempten hat wie eine Bombe eingeschlagen. Beim Oberbürgermeister, dem Personal und den Kunden. „Ich bin maßlos enttäuscht“, sagte Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle. „Wir haben mit den Verantwortlichen – Eigentümer und Geschäftsführung – in den letzten Wochen Gespräche geführt und uns um den Erhalt des Kaufhauses bemüht.“

In seiner Stellungnahme wies Kiechle ferner darauf hin, dass in den letzten Jahren im nördlichen Bereich der Innenstadt sehr viel investiert wurde. Er nannte den Residenz- und Hildegardplatz, das Zumsteinhaus und das Mühlbachquartier. „Wir hoffen, dass aufgrund dieser Umgebungsgestaltung wieder etwas kommt. Ich wünsche mir eine nachhaltige Nutzung. Wir müssen alle Kräfte bündeln, um diesen Magnetpunkt zu erhalten und ich werde mich einbringen“, so Kiechle.

Das sagen Kunden zur Schließung von Galeria Kaufhof in Kempten

Renate Lechner (82 Jahre) aus Kempten findet die Schließung unmöglich. „Wir haben in Kempten keine einzige Alternative. Mir fällt es einfacher hierher zu kommen. Man konnte alles kaufen. Ich frage mich, was jetzt hierher kommen soll.“ Für Rolf und Regina Ohlrogge (71) aus Gießen, die regelmäßig in Kempten sind, wird die Stadt ohne diesen Magneten veröden. Rainer Pfeffer aus Luisental findet es nicht gut, dass das Kaufhaus geschlossen wird. „Es ist schlecht für die Mitarbeiter und die Region.“

„Ich finde es total schade. Galeria wurde nicht in seiner Qualität erkannt. Hier hat man alles gefunden“, sagte S. Greiner (65) aus Rückholz. Herbert Kiechle (73) aus Kempten findet es schade, weil „es verschiedene Marken und Artikel gibt. Seit Edeka und das Restaurant geschlossen sind, hat der Publikumsverkehr leider nachgelassen. Für Kempten ist die Schließung nicht gut“.

Sorgen bei den Angestellten, die ihren Arbeitsplatz verlieren

Für eine Angestellte, die nicht namentlich genannt werden will, kam die Schließung vollkommen überraschend. „Ich hatte immer die Hoffnung, dass nichts passiert. Für mich als Vollzeitbeschäftigte mit einem guten Gehalt wird es nicht einfach sein, eine neue adäquate Vollzeitbeschäftigung zu finden.“ Eine andere findet es einfach blöd: „Ich bin hier sozusagen aufgewachsen. Auf uns wird keine Rücksicht genommen.“ Weitere Angestellte wollten keine Stellungnahme abgeben. So auch eine Abteilungsleiterin, die darauf hinwies, dass es eigentlich nicht gewünscht ist, mit dem Personal zu reden. „Die haben jetzt ganz andere Sorgen.“

Makler mahnt schnelle Suche nach Alternativen an

Bereits vor einigen Monaten hatte Investor Thomas Wirth in einem Gespräch mit dem Kreisboten darauf hingewiesen, dass die Eigentümerin des Gebäudes ihn beauftragt habe, das Gebäude zu verkaufen – was nicht so einfach sei, da ein Teil des Grundstücks über Erbpacht vermietet wird. Die Stadt wurde darüber in Kenntnis gesetzt. Er hat dabei den Vorschlag unterbreitet, dort die neue Stadtbibliothek unterzubringen. Für ihn kommt es jetzt darauf an, dass sich alle Betroffenen so schnell wie möglich zusammensetzen – auch im Interesse der Stadt.

Ist eine Rettung für das Kemptener Galeria-Personal in Sicht?

Wie Friedrich-Wilhelm Göbel, Geschäftsführer der TEH GmbH, auf Anfrage des Kreisboten bestätigt, ist er seit Monaten unterwegs und besichtigt Galeria-Filialen. Er hat bereits mit zahlreichen Vermietern gesprochen. Göbel, Gründer der Multilabel-Kette Aachener und früherer Sinn-Manager, will Galeria-Filialen übernehmen. Bis zu 25 Stück, sagt er in einem Interview, das er der Textilwirtschaft am 15. März 2023 gegeben und dem Kreisboten als Infoquelle überlassen hat. „Wir haben eine Reihe von Mietverträgen unterschrieben, die dann gültig werden, wenn die insolvenzbedingte Sonderkündigung schriftlich beim Eigentümer vorliegt“, sagt er in dem Interview.

Bei einigen von der Schließung betroffenen Standorten kann er die Entscheidung nicht nachvollziehen: „Es ist mir, ohne die exakten Details zu kennen, nicht ersichtlich, warum an diesen Standorten ein gut geführtes Kaufhaus nicht funktionieren sollte. Vor diesem Hintergrund gehe ich übrigens davon aus, dass die heute veröffentlichten Listen sich in den nächsten Wochen noch verändern können bzw. werden.“ Sein Aachener-Konzept im mittleren und gehobenen Segment mit hohem Depot-Anteil will er, wie es weiter heißt, dezent um Warenhaus-Sortimente erweitern und gern das Galeria-Personal übernehmen. Zu den einzelnen Standorten könne er zum aktuellen Zeitpunkt noch nichts sagen, so Göbel.

Freie Wähler sind verärgert

„Mit großer Betroffenheit und auch Verärgerung nehmen wir die Ankündigung zur Schließung des Kemptener Hauses von Galeria Karstadt Kaufhof zur Kenntnis“, zeigt sich Andreas Kibler, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler-ÜP, in einer Mitteilung wenig erfreut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten „all die Jahre engagiert für ihren Standort gearbeitet und stehen mit dieser Ankündigung nun vor einer ungewissen Zukunft“.

Als nördlicher Anker für einen Besuch in Kempten habe das Warenhaus einen „unschätzbar hohen Einfluss auf die Besucherlenkung in der Fußgängerzone, der nördlichen Innenstadt und insbesondere die Gerberstraße bzw. für das ganze Mühlbachquartier“, ist sich Kibler sicher. Und weiter: „Die jahrelangen intensiven Bemühungen der Stadt Kempten zur Stärkung der Innenstadt werden durch die Konzernentscheidung größtmöglich konterkariert. Wir bedauern es sehr, dass auch vermeintlich umsatzstarke Häuser dem radikalen Kahlschlag von 52 zu schließenden Häusern zum Opfer fallen sollen.“

Nun appellieren die Freien Wähler an alle Verantwortlichen, diese weitreichende Entscheidung zu überdenken und Möglichkeiten zum Erhalt der Arbeitsplätze für die Beschäftigten und des Warenhauses für Kempten auszuschöpfen.

Aufatmen in Memmingen

Schon im Juni 2020 standen 62 der ehemals 172 Warenhäuser vor dem Aus. Auch in den Filialen in Memmingen und Kempten ging damals die Angst um. Doch für diese hatte damals es letztendlich (noch) Entwarnung gegeben. Für den Standort in Kempten kommt nun doch im nächsten Jahr das Aus. Doch Karstadt verschwindet nicht komplett aus dem Allgäu: Die Memminger Filiale bleibt erhalten. Karstadt Memmingen war zu einem Statement gegenüber unserer Redaktion leider nicht erreichbar.

Karstadt Memmingen
Gute Nachricht für die Beschäftigten: Im Gegensatz zu Galeria Kaufhof in Kempten ist die Memminger Karstadt-Filiale von der Schließung nicht betroffen. © Archivfoto: Memminger Kurier

Die Erleichterung über das weitere Bestehen des Memminger Hauses ist dem Statement von Oberbürgermeister Manfred Schilder zu entnehmen: „Ich freue mich sehr, dass Galeria den Standort in Memmingen erhält. Zum einen freut es mich für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz behalten. Doch auch in Hinblick auf die Einkaufsstadt Memmingen ist die Freude groß. So wird Galeria weiterhin aus einem weiten Umkreis Kunden anziehen und so die Innenstadt gemeinsam mit den anderen Einzelhändlern und Gastronomen attraktiv halten.“

Kommentar

Was nun? Galeria zu. Knochentheorie Vergangenheit. Wer glaubt, dass sich dort wieder großflächiger Einzelhandel ansiedelt, lebt auf Wolke sieben. Jetzt geht es darum, unter Federführung des OB , mit allen Beteiligten eine Alternativlösung zu finden, damit die nördliche Stadt nicht in einen Dornröschenschlaf verfällt. Der Gedanke, dort die künftige Stadtbibliothek unterzubringen, hat einen gewissen Charme. Das Umfeld mit dem Hofgarten bietet sich dafür geradezu an. Man könnte die vielen Millionen Euro für einen Neubau sparen, weil diese Lösung sicherlich kostengünstiger ist. Im Gebäude sind Rolltreppen vorhanden und damit ist es auch für Menschen mit Behinderung zugänglich. Im UG könnte das Depot, im EG eine moderne großzügige Bibliothek und im ersten OG ein Restaurant oder Café sowie ein Veranstaltungsraum, von denen es in Kempten eh zu wenig gibt, untergebracht werden. Es ist makaber, dass das Gebäude schon vor Monaten einem Investor zur Vermarktung angeboten worden ist. Das bedeutet doch, dass die Schließung in Kempten schon länger beschlossene Sache war. Jetzt muss schnell gehandelt werden, um Schaden für die Stadt abzuwenden. Helmut Hitscherich

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