Ein Klageverfahren der damaligen Investorengruppe wurde nicht vorangetrieben und sei, so die Auskunft des Landratsamtes „statistisch erledigt“. Allerdings beantragte die Gruppe im Jahr 2011 eine erneute Prüfung des Antrages und die Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens. Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen hätten sich geändert, so die Argumentation. Eine Entscheidung gab es wegen interner Differenzen im Kreis der Investoren damals nicht und das Verfahren wurde in der Folge in den Ruhezustand versetzt.
„Im Jahr 2021 wurde uns mitgeteilt, dass das Projekt wieder aufgegriffen werden soll“, so die Stellungnahme aus dem Landratsamt Oberallgäu anfangs der Woche. Bislang liege aber weder ein Antrag auf Genehmigung vor, noch die erforderlichen Planunterlagen oder Gutachten. „Sollte ein Antrag eingereicht werden, wird dieser anhand der gesetzlichen Vorgaben in einem umfangreichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und unter Berücksichtigung von Fachbehörden geprüft“, betont Pressesprecherin Franziska Springer.
Bei einer etwaigen Prüfung sei allerdings zu berücksichtigen, dass sich die rechtlichen Bedingungen zwischenzeitlich geändert haben: Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist inzwischen gesetzlich verankert, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ liege. Wasserkraft zähle auch dazu.
Eine Neuerung, die auch beim BN angekommen ist. Der Naturschutzverband, voran die Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu, erkennt zwar das Ziel „100 Prozent erneuerbare Energien“ an, warnt jedoch: „Naturschutzgebiete müssen tabu bleiben!“ Zudem sei der Rappenalpbach als Biotop geschützt und eines von nur noch zwei Oberflächengewässern in Bayern, die „in sehr gutem ökologischen Zustand“ seien.
Offenbar würden nun alte Vorhaben aus der Schublade geholt, um die veränderten Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund einer EU-Notfall-Verordnung und einen daraus resultierenden Vorteil zu nutzen, fürchtet BN-Regionalreferent Thomas Frey. Da könne „einiges neu hochkochen“.
Und der Landesvorsitzende des BN, Richard Mergner, unterstreicht in der Pressemitteilung: „Wir fordern den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber und die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller auf, diesen Plänen sofort eine Riegel vorzuschieben.“
Die Position des BN will die Oberallgäuer Landrätin jedenfalls so nicht hinnehmen. Indra Baier-Müller: „Meine Verwaltung und ich werden uns nicht an Spekulationen beteiligen, ob oder ob nicht die Arbeiten am Rappenalpbach mit den Absichten der Investoren, ein Wasserkraftwerk im Stillachtal zu errichten, in Zusammenhang stehen.“
Der BN fordere von Umweltminister Thorsten Glauber und ihr, der Landrätin, letztlich Rechtsbeugung und Behördenwillkür. Dem werde man keinesfalls folgen. Sollte die Investorengruppe einen ordentlichen Antrag vorlegen, würden die Behörden diesen prüfen und in Einklang mit der gültigen Rechtssprechung bescheiden. „So wie wir es in der Vergangenheit bereits getan haben.“ Die Landrätin weiter: „Ungeachtet der aktuellen Situation am Rappenalpbach müssen wir bei dieser Frage emotionale Diskussionen und nicht belegte Annahmen vermeiden und stattdessen rationale Entscheidungen treffen.“
Die Marktgemeinde Oberstdorf behandelt das Thema bislang als „nicht öffentlich“. Zu gegebener Zeit, so die Auskunft, werde man sich auch in öffentlicher Sitzung der Gremien damit befassen – entsprechend dem rechtlich vorgesehenen Prozedere.