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Verdacht auf illegales Glücksspiel in Bad Wörishofen: Kripo bei Razzia begleitet

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Wegen des Verdachts auf illegales Glücksspiel stürmten Einsatzkräfte in der Nacht des vergangenen Samstags eine Gaststätte im Bad Wörishofer Gewerbegebiet. © POEPPEL AOV

Bad Wörishofen – Ein halbes Jahr ermittelt die Kripo Memmingen schon zum Verdacht des illegalen Glücksspiels in Bad Wörishofen, wo einem Hinweis zufolge verbotene Pokerrunden in einer Gaststätte stattfinden sollten. Kürzlich schlugen die Einsatzkräfte zu. Unsere Redakteurin durfte live dabei sein. 

Als unsere Redaktion die Anfrage erhielt, die Polizei bei einem Einsatz zu begleiten, musste ich nicht lange überlegen, denn sicherlich würde dies eine spannende Erfahrung sein. Doch ein bisschen Bammel hatte ich schon, da zum Zeitpunkt der Anfrage noch nicht verraten wurde, um welche Art von Einsatz es sich handeln würde.

Da ich nicht nur Mutter, sondern auch Jägerin bin, fragte ich Pressesprecher Holger Stabik scherzeshalber, ob ich zur Vorsicht meinen Revolver mitbringen solle – wohl wissend, dass Jagdwaffen natürlich nur zu Jagdzwecken mitgeführt werden dürfen. Stabik konterte trocken: „Den lassen Sie bitte besser zu Hause; wir passen schon auf Sie auf.“

Razzia wegen illegalen Glücksspiels in Bad Wörishofen: Die Spannung steigt

Samstagnacht um 21.30 Uhr war es dann so weit. Vereinbarter Treffpunkt war die Polizeiinspektion in Mindelheim. Um 21.30 Uhr fanden sich diverse Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor dem Polizeigebäude ein. Eine Hand voller Medienvertreter folgte der Pressesprecherin der Polizei Schwaben Süd/West Isabel Schreck ins Gebäude. Dort führte die junge Beamtin zusammen mit Stabik ein Briefing durch.

Die Spannung stieg. Was würde uns erwarten? Ein Einsatz wegen illegaler Prostitution? – Hm, ob man da unbedingt dabei sein muss? Oder das Aufdecken einer Cannabisplantage mit Verdacht auf Drogenhandel? – Hm, immerhin etwas Grün in dieser tristen Jahreszeit.

Doch all meine Spekulationen trafen ins Leere und ich war anfangs fast ein bisschen enttäuscht, als ich erfuhr, dass es sich „nur“ um eine Polizeiaktion gegen illegales Glücksspiel handelte. Mein erster Gedanke: Was soll schon so schlimm daran sein, wenn ein paar Hanseln in geselliger Runde um Geld pokern? Schafkopfturniere gehörten schließlich auch zum schwäbischen Kulturgut.

§ Die Rechtslage zu Glücksspielen & Co.

Poker und andere Kartenspiele

• Poker gegen Geld darf nur in staatlichen Casinos gespielt werden.

• Eine Ausnahme gilt für traditionelle Glücksspielturniere (z.B. Schafkopfen). Diese müssen jedoch von der Regierung von Schwaben genehmigt werden.

• § 284 StGB: Unerlaubte Veranstaltung von Glücksspiel (Straftat des Betreibers/Organisators unerlaubten Glücksspiels)

• § 285 StGB: Beteiligen an unerlaubtem Glücksspiel (Straftat seitens der Teilnehmer an unerlaubten Glücksspielen)

Bei Verstößen liegt eine Straftat vor, die mit einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden kann.

Geldspielgeräte und Wetten

• In einer Gastronomie dürfen sich maximal zwei Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (z.B. einarmige Banditen) befinden. Sonst liegt eine Ordnungswidrigkeit nach der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vor.

• Geldspielgeräte müssen vom Betreiber stets einsehbar sein, um sicherzustellen, dass keine Minderjährigen spielen. Sonst liegt ein Verstoß gegen die ständige Aufsicht und somit eine Ordnungswidrigkeit vor. Die Geräte dürfen also nicht in einer Nische stehen; auch eine Videokamera reicht nicht aus.

• Ein Wettspielautomat außerhalb einer genehmigten Wettvermittlungsstelle begründet den Anfangsverdacht einer Straftat nach § 284 StGB.

• Es gilt eine strikte Trennung zwischen Gaststätte und Wettbüro. Eine Wettvermittlungsstelle darf keinen Alkohol ausschenken.

Glücksspiel birgt fatale Risiken

Doch bereits nach wenigen Minuten wurde mir im Rahmen des polizeilichen Briefings und dank der fundierten Einführung in die Thematik bewusst, dass Glücksspiel weit unterschätzte Folgen haben kann und seitens der Spieler vor allem oft eines ist: eine Sucht.

Die Veranstalter illegalen Glücksspiels hingegen streichen meistens nicht unerhebliche Summen ein und erzielen hohe Gewinnabschöpfungen, sondern machen – und hier liegt das moralische Vergehen – ein lukratives Geschäft aus der Not anderer. Deshalb werden, so Stabik weiter, Veranstalter von illegalem Glücksspiel auch härter bestraft als bloße Teilnehmer.

Die Gesellschaft habe zwar einen natürlichen Spieltrieb, so Stabik, doch der Staat wolle einen Rahmen schaffen, um Missbrauch und das Abrutschen in eine Sucht zu verhindern. Viele Spielsüchtige spielen oft um erhebliche Summen, verschulden sich nicht selten und begehen im schlimmsten Fall im Rahmen der Beschaffungskriminalität oft andere Straftaten, um ihre Sucht zu bedienen.

Festgestellte Straftaten

Im Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West verhielt sich die Anzahl an festgestellten Staftaten der letzten Jahre wie folgt:

• 2018: 62

• 2019: 5

• 2020 2

• 2021: 25

• 2022: (etwa wie 2021)

Bei den Zahlen handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs; die Dunkelziffer ist weitaus höher.

Die Hintergründe zum illegalen Glücksspiel

Bereits seit Juni letzten Jahres ist die Gaststätte aktenkundig. Damals ging es um einen illegalen Sportwetten-Automat, für den keine Genehmigung vorlag. Der Automat wurde daraufhin entfernt. Im Spätsommer dann folgte ein Hinweis auf illegale Pokerrunden.

Der Betreiber stellte dafür angeblich die Räumlichkeiten seines Lokals regelmäßig zur Verfügung. In diesem Zusammenhang leiteten die Beamten auch Ermittlungen gegen derzeit drei Männer im Alter zwischen 25 und 48 Jahren ein, die an den verbotenen Spielrunden teilgenommen haben sollen. Hintergründe zu dem weiteren Verfahren oder zur organisierten Kriminalität werden geprüft. Auf Anregung der Kripo beantragte die sachleitende Staatsanwaltschaft Memmingen beim zuständigen Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Memmingen Durchsuchungsbeschlüsse – für die Gastro und zwei Wohnungen.

Der Einsatz von Geld sei bei illegalen Pokerrunden nur schwer nachzuweisen, so Stabik, denn anders als in amerikanischen Western liegen neben Whiskeygläsern und Aschenbechern mit Zigarren nicht stapelweise Geldbündel auf dem Tisch.

Glücksspiel-Razzia: Auf zum Einsatzort

Nachdem wir nun konkrete Informationen zum Einsatzort erhielten, fuhren wir im Konvoi hinter Stabik und Schreck, die im Zivilfahrzeug unterwegs waren, hinterher.

Während wir Medienvertreter im Hintergrund blieben, umstellte ein beauftragtes Unterstützungskommando (USK) aus Nürnberg das Gebäude und stürmte es blitzartig. Das Ziel: Das Szenarium in der Gaststätte sollte „eingefroren“, alles auf den Tischen bleiben und niemand das Gebäude verlassen können.

Die Tatverdächtigen saßen mit erhobenen Händen an den Spieltischen, während die Beamten ihre Identitäten aufnahmen, die Taschen leerten und alles dokumentierten.

Dieses Fazit zieht die Polizei von der Razzia in Bad Wörishofen

Pressesprecher Stabik kam immer wieder nach draußen, um uns den neuesten Stand der Ermittlungen mitzuteilen und unsere Fragen zu beantworten. Sein vorläufiges Fazit: „Das war ein Volltreffer!“ Außerdem wurden zwei Spielautomaten gesichtet, die nicht vom Tresen aus einsehbar waren, was auch eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Besonders interessant für die Polizei ist die Gewinnabschöpfung, also der große Reibach, den Betreiber mit Automaten machen. Das kann schon mal im sechsstelligen Bereich sein, so Stabik.

Die 13 Tatverdächtigen im Alter von 22 bis 70 Jahren erwartet nun Strafverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel.

Zudem stellten die Beamten bei mehreren Tatverdächtigen Bargeld sicher, das sich insgesamt auf einen niedrigen fünfstelligen Betrag summiert.

Die abschließenden Ermittlungen werden weiter durch das Kommissariat 2 der Kriminalpolizeiinspektion Memmingen geführt.

ms

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