Grässliche Gestalten bringen Licht
Fürstenfeldbruck – Haarige Gestalten mit grässlich verzerrten Fratzen tanzen um ein Feuer und machen mit Kuhglocken und Schellen einen Höllenlärm: Ein wenig unheimlich waren die Perchten beim Fürstenfeldbrucker Christkindlmarkt schon. Doch das muss so sein. Schließlich sollen die Sagengestalten böse Geister austreiben.












„Bis ins Jahr 1582 lebten die Menschen nach dem julianischen Kalender, also nach dem Mondkalender“, erklärt Klaus Trnka, Obemann der Amperperchten, die das Brauchtum in Bruck und im Umland hochhalten. Das Mondjahr hat jedoch elf Tage und zwölf Nächte weniger, als das Sonnenjahr, nach dem unsere heutigen Kalender funktionieren. „Diese zwölf Nächte waren in der früheren Zeit die sogenannten Rauhnächte“, sagt Trnka. Eine Zeit voller Magie, eine geheimnisvolle Zeit sei dies gewesen.
Perchten wecken die Natur
Die Leute hatten Angst, dass Geister umhergingen.“ Doch die Menschen wussten sich zu helfen: Sie schnitzten sich scheußliche Masken, schlüpften in Felle und zogen von Hof zu Hof, um mit Fackeln Licht zu bringen und die bösen Geister zu vertreiben. Das waren die Perchten, benannt nach der Göttin Perchta („die Prächtige“). Die dämonischen und mystischen Gestalten sollen nicht etwa den Winter vertreiben, wie oft angenommen wird. „Durch das Tanzen, Stampfen und Lärmen wollen sie die Kräfte der Natur für das neue Wachstum wecken“, erklärt Trnka.
50 Kilo-Kostüm
Gerade für Kinder ist das Perchtentreiben oft unheimlich. Und auch so mancher Erwachsener wird von den Dämonen aus der Zuschauerschar gezerrt und muss beim Treiben mitmachen. Umso erstaunter reagierte so mancher Nachwuchs auf dem Brucker Christkindlmarkt, als die Dämonen nach ihrem Tanz ums Feuer ihre Masken abnahmen und ganz normale Menschen zum Vorschein kamen. Einer davon ist Marco aus Germering. „Ich habe das Perchtentreiben einmal auf dem Germeringer Christkindlmarkt gesehen“, erzählt er. Sein Interesse war geweckt, zumal er es bedauert, dass das Brauchtum vielerorts ausstirbt. Weil er das nicht möchte, hat Marco sich bei den Amperperchten vorgestellt. „Ich wurde sehr herzlich aufgenommen“, erzählt er. Seitdem ist der Germeringer mit dabei, wenn der Brucker Verein durch die Lande zieht, um böse Geister zu vertreiben. Aber leicht ist das Leben als Percht nicht, wie Marco berichtet. „40 bis 50 Kilo wiegt so eine Bekleidung“, erzählt er den Kindern, die fasziniert die Fratzen-Maske begutachten. „Da ist es bestimmt heiß drunter“, sagt ein Mädchen. Marco nickt zustimmend: „Oh ja.“
Teure Anschaffung
Die Masken und Kostüme lassen die Amperperchten nach Maß herstellen. Vor allem die Masken mit ihren zahlreichen Hörnern gehen dabei ins Geld. „700 bis 800 Euro muss man für eine einfache Maske schon rechnen“, sagt Trnka. Für größere werden auch mal bis zu 1.200 Euro fällig. „Mit der Fellverkleidung und den Glocken kostet ein komplettes Kostüm bis zu 2.000 Euro“, sagt der Amperperchten-Obmann. Jedes Mitglied bezahlt sein Kostüm selbst.
Gern gesehene Dämonen
Doch für Marco und die anderen ist es das Wert. Denn schon im Mittelalter waren die Perchten aufgrund ihrer Bedeutung und trotz ihrer hässlichen Fratzen auf den Höfen gern gesehen. Und auch wenn die Gestalten auf den Christkindlmärkten dem einen oder anderen Kind heute erst etwas unheimlich sind: Spätestens wenn die Masken fallen, ist das Interesse groß. Auch in Bruck müssen die Perchten für zahlreiche Erinnerungsfotos herhalten und den Menschen viele Fragen beantworten.
Andreas Daschner