Trotzdem brannte vielen Anwesenden insbesondere das Thema Schutzzone und die damit möglicherweise verbundenen Einschränkungen unter den Nägeln. So wollte Gemeinderätin Dietlinde Nitzdorf konkret wissen, ob sie künftig in der Pufferzone noch einen Aussiedlerhof bauen dürfe. Auch weitere Fragen gingen in diese Richtung.
Die Fachleute versuchten die Befürchtungen zu zerstreuen. Es entstehe durch die Pufferzone „kein neuer rechtlicher Status“, betonte Dr. Alexander Wiesneth von der Schlösserverwaltung mehrfach und verwies darauf, dass das Schloss bereits seit Jahren unter Denkmalschutz stehe. „Eine Pufferzone ist keine Verschärfung des Denkmalrechts!“
Es gehe nicht darum, eine Käseglocke über das Schloss zu stülpen oder die Ortsentwicklung auszubremsen, erklärte er. Wichtig sei lediglich, dass die Sichtachsen auf das Schloss unbeeinträchtigt bleiben. Die Pufferzone sei vielmehr eine formale Voraussetzung für den Antrag. Bedeutet für Nitzdorf: Entspreche ihr Antrag dem Baurecht, dürfe sie ihren Hof bauen.
Keine Verschärfung
Ministerialrat Dr. Andreas Baur und Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil betonten im Laufe des Abends gleichfalls mehrfach, dass die Pufferzone keine rechtlichen Verschärfungen zur Folge haben werde und verwiesen immer wieder auf das Beispiel Regensburger Altstadt. Dort würden pro Jahr um die 900 Genehmigungsverfahren bearbeitet werden. Nur äußerst selten müsste dabei einmal die UNESCO eingeschaltet werden. „Es wird sich rechtlich nichts ändern“, erklärte Baur.
Ein weiteres Thema, das vielen Schwangauern Sorgen bereitet, sind die Folgen, die ein Weltkulturerbe auf den Tourismus und die ohnehin schon arg strapazierte Infrastruktur im Ort haben könnte. Sie befürchten, dass der Titel noch mehr Touristen in den Ort lockt. „Das hätte der König so sicherlich nicht gewollt“, sagte etwa Peter Nasemann.
Auch Klaus Mielich, Dr. Michael Krehl oder Gemeinderätin Gisela Lederer sprachen das Thema Tourismus und Infrastruktur an. Sie sahen den Freistaat in der Pflicht, für Straßen und zusätzliche Parkplätze Geld in die Hand zu nehmen.
Blick nach Steingaden
Ministerialrat Hermann Auer betonte, dass weder die Schlösserverwaltung noch die UNESCO noch mehr Besucher auf dem Schloss haben wollen. Im Gegenteil: Ziel sei, die Besuchermassen zu regulieren und zu kanalisieren – Stichwort „nachhaltiger Tourismus“. Die an die 1,4 Millionen Besucher, die vor der Corona-Krise Neuschwanstein jährlich besuchten, seien für das Gebäude dauerhaft nicht verkraftbar. „Es ist vor allem das Schloss, das leidet“, sagte Auer mit Blick auf die seit Jahren laufenden aufwändige Restaurierungen. Deswegen werde schon jetzt der Zugang gedrosselt.
Offenbar mit Erfolg: im vergangenen Jahr besuchten ihm zufolge „nur“ noch rund 700.000 Menschen das Märchenschloss. Ministerialrätin a.D. Dr. Brigitta Ringbeck ergänzte, dass ein nachhaltiger Tourismus ganz oben auf der Anforderungsliste der UNESCO stehe.
Allerdings sei die Lösung der Infrastrukturprobleme im Ort eine langfristige Aufgabe, die nur gemeinsam mit den Schwangauern zu lösen sei. „Wir werden nicht gegen den Willen von Grundeigentümern vorgehen können“, betonte Prof. Pfeil mit Blick auf Flächen für Parkplätze. „Es hängt an verschiedenen einzelnen Personen.“
Sollten wegen der Vorgaben der UNESCO und der Schlösserverwaltung künftig weniger Besucher nach Schwangau kommen, müsse der Freistaat dafür Ausgleichszahlungen leisten, forderte hingegen Dr. Hans Ketterl. „Auf die Schlossbesucher können wir nicht verzichten“, mahnte er.
Für eine Bewerbung sprach sich auch Peter Nieder aus, der auf die Wieskirch im nahe gelegenen Steingaden verwies. „Da gibt es wohl keine negativen Erfahrungen, sonst hätten wir das wohl schon mitbekommen“, sagte er und empfahl Bürgermeister Stefan Rinke (CSU), doch mal bei seinem Steingadener Amtskollegen anzurufen.