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Skurille Begegnungen und das Blaulichtsyndrom

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Von: Riccarda Gschwend

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In seiner 42-jährigen Dienstzeit hat der ehemalige Polizist Andreas Klein viel erlebt. In seinem Buch „Blauchlichtsyndrom“ berichtet er von besonders spannenden, gefährlichen oder auch lustigen Einsätzen.
In seiner 42-jährigen Dienstzeit hat der ehemalige Polizist Andreas Beck viel erlebt. In seinem Buch „Blauchlichtsyndrom“ berichtet er von besonders spannenden, gefährlichen oder auch lustigen Einsätzen. © Gschwend

Wenn ein pensionierter Polizeihauptkommissar aus dem Nähkästchen plaudert, dann hat das durchaus das Potential, unterhaltsam zu werden.

Pfronten – Wenn ein pensionierter Polizeihauptkommissar aus dem Nähkästchen plaudert, dann hat das durchaus das Potential, unterhaltsam zu werden. Und so saßen denn auch die Besucher der Pfrontener „Schmökerrunde“ dicht an dicht, um jenem Kommissar Andreas Beck gespannt zuzuhören. Beck stellte in der Buchhandlung Ortner in Pfronten sein Buch „Blaulichtsyndrom“ vor, in dem er von seinen skurrilsten und auch gefährlichsten Einsätzen erzählt und in dem er den Leser hinter die Kulissen des Polizeialltags blicken lässt – natürlich ohne Dienstgeheimnisse zu verraten, wie er augenzwinkernd klarstellte.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Begriff „Blaulichtsyndrom“ ist keineswegs ein Fachterminus aus der Psychologie, sondern eine Erfindung des Autors. Er beschreibt laut Andreas Beck eine „übertrieben schnelle Fahrweise“ mit Blaulicht und Martinshorn. Offenbar betrifft dieses Phänomen des Öfteren insbesondere junge Polizisten. In einer Episode im Buch führt besagtes Syndrom dazu, dass ein junger Kollege „vom Jagdfieber gepackt wurde“ und eine wilde Fahrt beginnt, bei der der Adrenalinspiegel des Autors, der auf dem Beifahrersitz sitzt, steil ansteigt. Übrigens verriet Beck in der Lesung von keiner seiner Geschichten das Ende. Er las immer nur bis zu einer gelb markierten Stelle, was im Laufe des Abends zum „Running Gag“ wurde und für Lacher im Publikum sorgte.

Keiner will in den Polizeigewahrsam

Unterhaltsam waren nicht nur die vorgetragenen Szenen aus dem Buch, sondern auch das, was Andreas Beck, der aus Stuttgart stammt und seit gut zwei Jahren am Hopfensee lebt, drum herum erzählte. So erfuhren die Zuhörer zum Beispiel sehr anschaulich, warum die Arbeit im Polizeigewahrsam alles andere als beliebt bei Beamten ist. „Da will keiner hin“, meinte Klein und untermauerte seine Behauptung mit der Beschreibung des Geruchs, der in und rund um die Ausnüchterungszellen herrscht.

Er selbst arbeitete während seiner 42-jährigen Dienstzeit in den Bereichen Streifendienst, Polizeischule und Verkehrserziehung. Letzteres sei vor allem an einem Einsatzort etwas befremdlich gewesen: In Stuttgart-Stammheim sollten er und seine Kollegen Verkehrserziehung mit jugendlichen Intensivtätern machen. Ob diese sich angesichts ihrer kriminellen Karriere besonders für das korrekte Verhalten im Straßenverkehr interessierten, bleibt fraglich.

Eine Art Tagebuch

Entstanden ist das Buch, indem Beck schon früh in seinem Berufsleben anfing, eine Art Tagebuch zu schreiben. Den Karton mit den getippten Erlebnissen nahm er mit von Dienststelle zu Dienststelle. „Der ist immer auf den nächsten Schrank gewandert“, erinnert sich Klein. Ursprünglich habe er sich beim Schreiben auf die Spannung konzentriert, aber dann kamen mehr und mehr Geschichten zum Schmunzeln dazu.

Denn skurrile Situationen gibt es genug im Alltag eines Polizisten. „Wir sind nah dran an den Menschen“, erklärt Beck. Besonders nah kam er mit seinem Kollegen bei einem Erlebnis, das im Buch den Titel „Ramona“ trägt. So viel sei verraten: In einem beschaulichen Stadtteil von Stuttgart kam es am helllichten Tag zu einer sehr unerwarteten Begegnung mit einer unbekleideten Frau. Andreas Klein muss heute noch lachen, wenn er an die Reaktion seines Kollegen denkt: „Werner war zur Salzsäule erstarrt.“

Keine leichte Aufgabe

Aber auch die weniger lustigen Seiten des Berufs sind Thema des autobiographischen Buches. Zum Beispiel wenn es um das Eindringen in eine Messie-Wohnung geht, wo es „die primäre Aufgabe der Polizei ist, zuerst reinzugehen“, also noch vor Feuerwehr und Rettungsdienst. Keine leichte Aufgabe – und auch keine besonders appetitliche, wie Andreas Klein detailreich schildert.

Für die Anwesenden war es ein kurzweiliger Abend mit interessanten Einblicken in den Berufsalltag eines Polizeibeamten. Auf die Frage einer Zuhörerin, ob man in diesem Beruf positiv bleiben könne bei all dem Negativen, mit dem man konfrontiert wird, meinte Klein: „Ja, ich habe mir meine positive Lebenseinstellung bewahrt.“ Doch auch wenn er sein Leben als Pensionär und neuerdings Buchautor genießen kann und sich als Wahl-Ostallgäuer an der schönen Natur erfreut, eines räumt er ein: „Es gibt schon auch Situationen, die kann man nie ganz abschließen. Die sind im Gedächtnis, als wenn es letzte Woche gewesen wäre.“

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