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Für schuldig befunden

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Das Amtsgericht in Kaufbeuren verhandelte jüngst den zähen und emotionalen Fall um sexuellen Missbrauch. © Kola

Kaufbeuren – Am Ende eines längeren Prozesses wurde nun ein Kaufbeurer, der als Jugendbetreuer in einer christlichen Gemeinde tätig war, am Kaufbeurer Amtsgericht des sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte den 25-Jährigen zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldauflage von 600 Euro.

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, im Rahmen eines Versteckspiels im Dunkeln, das im November letzten Jahres als Aktivität in der Jugendbetreuung stattfand, das Opfer umarmt und „beischlafähnliche Bewegungen“ vollführt zu haben, wobei das Mädchen seine Geschlechtsteile gespürt haben soll.

Der Angeklagte wies die Anschuldigungen unter sichtlicher Anspannung zurück; es sei „nie zu solch einem Vorfall gekommen“. Das Spiel, bei dem man den anderen durch Umarmung zum „Zombie“ machen kann, war laut Angaben des Angeklagten lediglich als Gruppenaktivität für die Jugendlichen gedacht, die ausgelassen daran teilnahmen.

Mehrere Vorfälle und Indizien, die im Laufe der Verhandlung aufkamen, wiesen aber auf ein gesteigertes Interesse des Angeklagten an der 13-Jährigen und ihren Schwestern – ebenfalls Mitglieder der Gemeinde – hin. So sei es von Seiten des Angeklagten zu „verbalen Unpässlichkeiten“ den Mädchen gegenüber gekommen; er habe bisweilen mit ihnen geflirtet, ihnen Komplimente gemacht. Dem Opfer gegenüber habe er den Wunsch geäußert, in ihre Familie einzuheiraten. Der Angeklagte habe seiner eigenen Aussage nach „nur Späße gemacht, nicht weiter darüber nachgedacht“. Auch, dass er dem Opfer, so konfrontierte ihn die Richterin, ein Bild mit einem Pärchen und verstecktem Herz geschickt habe, sei ihm zufolge „keine besondere Bedeutung“ beizumessen.

Nervosität und Überforderung waren dem Angeklagten ins Gesicht geschrieben, als die Staatsanwältin im Saal eine E-Mail vorbrachte, die der Jugendbetreuer dem Vater des Opfers im Januar dieses Jahres geschrieben hatte. Aus dem Text ging hervor, wie verzweifelt der Angeklagte ob den belastenden Vorwürfen, die gegen ihn laut wurden, war – und dass er von seinen Töchtern träume.

Der Vater des Opfers habe Veränderungen bei seiner Tochter wahrgenommen, lange Zeit aber hielt sie sich verschlossen, so der Vater, und wollte über das Geschehene nicht reden. Ohnehin sei es für seine Tochter, die zuvor bei seiner Exfrau in einem gewalttätigen Haushalt gelebt habe, nicht leicht gewesen. Die Verteidigung warf den Gedanken ein, dass es aufgrund der vorherigen schlechten Erfahrungen bei dem Vorwurf des Mädchens zu einer Vermischung der Tatsachen gekommen sein könnte. Den Beobachtungen des Vaters zufolge zeigte seine Tochter aber ein authentisches Verhalten, das dieser Annahme zuwiderlaufe.

Groß war die Angst des Mädchens vor der Aussage, wie auch die psychologische Begleitung bestätigen konnte. Im Sinne des Opfers fand dessen Aussage – an einem zweiten Verhandlungstag über einen Monat nach dem ersten, – und das Plädoyer sodann unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

In der Urteilsverkündung wurde schließlich klar, dass das Opfer mit seiner Schilderung das Gericht von seiner Glaubwürdigkeit überzeugen konnte: Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen und zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Gericht habe „keinen Zweifel, dass es so passiert ist“. Zur Urteilsbegründung sagte die Richterin, dass das Mädchen in ihren Aussagen konstant gewesen sei, „nichts erfunden oder drumherum erzählt“ habe. Ein Eintrag in ihrem Tagebuch zur Verarbeitung des Vorfalls enthielte zudem, so die Richterin, ihre „belastenden emotionalen Gedanken“. Während der Aussage habe sie unter „unglaublicher Anspannung“ gestanden, ließ sich nur schwer und unter zahlreichen Tränen Worte entlocken; die „Wut in ihren Augen“ sei deutlich erkennbar gewesen. Die Tat des Angeklagten bewege sich von der Intensität „im unteren Bereich“, und so äußerte die Richterin abschließend Zweifel, ob dieser „gefährdet oder einfach nur extrem unbeholfen“ sei.

von Mahi Kola

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