Kaufbeurer Bürgerinnen diskutieren über Stadtentwicklung

Kaufbeuren – Vom Gelbe Säcke-Chaos bis zu grellen Laternen und lauten Laubbläsern: Bei den Bürgerinnen Kaufbeurens gerieten im Rahmen der Bürgerinnenversammlung im Haus St. Martin verschiedene größere und kleinere Missstände in die Kritik. Die Frauen bemängelten unter anderem die Radwege, das Wohnungsangebot und unansehnliche Müllinseln.
Was die Forderung nach mehr sozialem Wohnungsbau betrifft, wies Oberbürgermeister Stefan Bosse darauf hin, dass soziale Wohnbauprojekte allen offenstehen und dadurch auch Menschen aus dem Umkreis anziehen würden. Die zehn Prozent-Regelung sehe außerdem vor, dass bei größeren Bauvorhaben ohnehin zehn Prozent geförderte Wohnungen entstehen müssen. Für ältere Menschen entstehen etwa im derzeitigen Wohnbauprojekt in der Augsburger Straße 44 Wohneinheiten. Auf leerstehende Gebäude in privater Hand habe die Stadt aber keinen Einfluss; auch die beiden gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften vermieten ihre Wohnungen „komplett autark“. Der OB räumte ein, dass es im Segment günstiger Wohnungen momentan einen Engpass gebe, der sich aber „bald auflösen wird“. Circa 350 Vormerkungen für Einfamilienhäuser gebe es zurzeit in Kaufbeuren. Ein Punktesystem regele die Vergabe der Wohnungen; Kinderanzahl, Arbeitsplatz und Wohnort spielen dabei eine Rolle – Einheimische dürfen allerdings nicht bevorzugt werden, so sieht es laut Bosse das Antidiskriminierungsgesetz der EU vor.
Der Höhenunterschied
Auch beim Thema Radwege sahen die Bürgerinnen dringenden Handlungsbedarf. Eine Gefahr sahen Radfahrerinnen etwa durch die Erhöhungen zwischen Fuß- und Radweg an mehreren Stellen, wie zum Beispiel am Hotel Hasen, in der Gutenbergstraße oder der Neugablonzer Straße. Der OB versprach, den Hinweisen nachzugehen, gab aber auch zu verstehen, dass ihn täglich fünf Verkehrsanfragen erreichen, „und wir gehen jeder einzelnen davon nach“. Trotzdem sei das Verkehrssystem komplex und Veränderungen nicht so einfach umzusetzen wie manche denken. Abhilfe verspreche das neue Radwege-Konzept für Kaufbeuren, das im Herbst unter Beteiligung der Bürger erarbeitet wird.
Ein Müllproblem
Nicht minder erhitzten sich die Gemüter an der Müll-Problematik: Viele Frauen stießen sich an überfüllten Wertstoffinseln, beispielsweise in der Espachstraße oder im Haken. Bosse konnte den Ärger nachvollziehen. Es bestehe die Möglichkeit, bei besonders unansehnlichen Stellen eine Sonderleerung zu beantragen. Für Gesprächsstoff sorgten auch Gelbe Säcke, die sich vielerorts anhäufen und bei Wind überall wild verstreuen. Probleme gebe es zudem mit der richtigen Mülltrennung. Gelbe Säcke, pflichtete Bosse bei, seien „nicht der Weisheit letzter Schluss“. Ob gelbe Tonnen hier Abhilfe schaffen können, gelte es zu überprüfen, der OB bezweifelte aber, dass sich das Problem auf diese Weise lösen lässt. Am besten sei es, Plastikmüll gänzlich zu vermeiden – diesen Gedanken bekräftigten die Bürgerinnen durch Applaus.
Zurück zum Rechen?
Nicht im Sinne der Umwelt und der Artenvielfalt sei außerdem der Laubbläser, denn das Gerät sei nicht nur laut, sondern bedrohe den Lebensraum von Kleinlebewesen. Stattdessen solle der städtische Bauhof auf Rechen zurückgreifen, so die Forderung einiger Bürgerinnen. Bosse sei selbst kein Freund von Laubbläsern, allerdings erlaube der Personalmangel den zusätzlichen Aufwand nicht, und eine Aufstockung des Personals sei nicht im Budget.
Mehr Frauen im Stadtrat
Bemängelt wurde von mancher Seite außerdem der geringe Anteil von Stadträtinnen, der in Kaufbeuren etwa ein Drittel beträgt. Die Bürgerinnen wünschten sich mehr Frauen in der Politik, die ihre Sichtweise einbringen. Hier sei der Wähler in entscheidender Weise gefragt, den verschiedenen Möglichkeiten offen und unvoreingenommen zu begegnen, denn laut SPD-Stadträtin Catrin Riedl habe der Wähler „im Kopf oft eine politische Heimat“ und fahre dann zum Beispiel die konservative Schiene. Im Hinblick auf den Frauenanteil ermutigte Bosse dazu, die nächsten Kommunalwahlen zu nutzen, um eine Veränderung zu bewirken.
von Mahi Kola