Der Weg bis zur Durchführung dieser Veranstaltung sei für Schuwje nicht einfach gewesen. „Es wurde versucht, diese Auto-Demo zu untersagen, uns aufzuhalten.“ Schon am vergangenen Freitag teilte die Stadt Kaufbeuren in einer Pressemitteilung dazu mit, dass diese Veranstaltung nur mit umfangreichen Auflagen genehmigt werden würde. Eine Untersagung sei rechtlich nicht zu begründen. Oberbürgermeister Stefan Bosse führte mehrere Gespräche mit den veranstaltenden Personen. Das Stadtoberhaupt war im Vorfeld enttäuscht, „dass seine Appelle nicht Gehör fanden“ und zeigte sich überzeugt, dass die Demonstranten ihrem Anliegen, eine Diskriminierung russischstämmiger Menschen zu verhindern, einen Bärendienst erwiesen.
Die Organisatoren haben den Teilnehmern des Autokorsos verbindliche Sicherheitsunterweisungen genannt. „Es soll alles friedlich ablaufen“, sagte Sprecherin Sabina Rokotel gegenüber dem Kreisbote. Viele Teilnehmer machten Bilder und Videos. Alle wollten ein Zeichen setzen. „Viele Russlanddeutsche fühlen sich durch die negative Berichterstattung nicht verstanden. Sie stehen hinter ihrem Land, verurteilen aber die Taten Putins auf das Schärfste“, sagte eine Neugablonzerin.
Abseits beobachtete eine kleine Gruppe die Menschenansammlung auf dem Tänzelfestplatz. Sie hielten eine ukrainische Flagge sowie ein Bild hoch, auf dem eine Friedenstaube zu sehen war. Fassungslos schaute Nata aus Buchloe drein. Seit 13 Jahren wohnt die gebürtige Ukrainerin schon in Deutschland. „Ich habe noch nie Diskriminierung gesehen und erlebt. Sie (die Teilnehmer, Anm. d. Red.) sehen doch, dass Putin ein Mörder ist. Uns tut das einfach weh. Wir wollen doch nur Frieden.“ Ihr kommen beim Erzählen die Tränen. Ihre Familie und Verwandte wohnen noch in der Ukraine. Täglich erreichen sie Nachrichten und Informationen aus dem Kriegsgebiet. Die dramatischen und erschütternden Bilder zerreißen sie. Olga ergreift das Wort. Sie kritisiert das zur Schaustellen der russischen Flaggen. „Warum nehmen sie keine weißen Flaggen, die für Frieden stehen?“
In Richtung der Teilnehmer sagt sie: „Sie sind verblendet und glauben der russischen Propaganda. Was sie jetzt tun, führt zur Diskriminierung. Die Menschen werden das missverstehen. Ich empfinde nur noch Scham. Das ist eine Heuchelei.“ Christine aus Kaufbeuren hat russische Wurzeln. Was sie hier sehe, sei schockierend. „Es ist peinlich, was hier gerade passiert. Es ist wichtig, dass wir als Minderheit trotzdem hier sind, um die Ukraine zu unterstützen. Mir fehlen die Worte. Ich unterstütze das nicht.“
Ohne Zwischenfälle verlief die Veranstaltung „Auto-Demo gegen Diskriminierung“. Laut Information der Polizei fanden sich rund 275 Fahrzeuge und etwa 600 Versammlungsteilnehmer in Kaufbeuren ein. Der Autokorso war nur mit 120 Fahrzeugen je zehn Autos pro Block genehmigt worden. Die Fahrt führte sie von Kaufbeuren nach Aitrang, Unterthingau über Börwang nach Kempten. Eine größere Anzahl von Teilnehmern sei laut Polizeibericht nicht genehmigt worden. In Kempten selbst fand eine Gegenversammlung mit 55 Personen statt. Rund 100 Polizeibeamtinnen und -beamte waren im Einsatz. Selbst ein Hubschrauber war zu sehen.