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Bei der Mama bleiben – die Vorteile der kuhgebundenen Kälberaufzucht

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Biolandwirt Stefan Schreyer erklärt  sein System der kuhgebundenen Kälberaufzucht
Ortstermin Kuhstall: Biolandwirt Stefan Schreyer erklärt den Teilnehmern sein System der kuhgebundenen Kälberaufzucht. © Anne Roth

Ostallgäu – Warum Biomilch und Biofleisch zusammengehören, war Thema beim Praxisdialog zur kuhgebundenen Kälberaufzucht der Öko-Modellregion Ostallgäu. Rund 30 Landwirtinnen und Landwirte informierten sich bei der Veranstaltung, wie sie künftig ihre Kälber selbst aufziehen können, statt sie an Mastbetriebe weiterzugeben. 

Kalb säuft am Euter
So soll es sein: Das Kalb bekommt seine Milch vom Euter. © Florian Timmermann

Gerade bei uns im Ostallgäu mit überwiegend Grünland und Milchviehwirtschaft kommt dem Thema kuhgebundene Kälberaufzucht eine große Bedeutung zu“, unterstützt Land­rätin Maria Rita Zinnecker die Initiative der Öko-Modellregion. Die Teilnehmenden beklagten bei der Veranstaltung, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wüssten, dass bei der Milchproduktion immer auch Fleisch anfällt. Denn ohne Kalb gibt die Kuh keine Milch. Die gängige landwirtschaftliche Praxis besteht darin, die Kälber in den ersten Tagen von den Müttern zu trennen und zu tränken. Kälber, die nicht zur eigenen Nachzucht gebraucht werden, kommen nach wenigen Wochen oft in spezialisierte konventionelle Mastbetriebe. Damit verlassen männliche Kälber an diesem Punkt den Bio-Kreislauf, da sie keine Milch geben.

„Erfreulicherweise ist die Nachfrage nach Milchprodukten aus der Öko-Landwirtschaft in den vergangenen Jahren stark gestiegen“, sagt Referent Ulrich Mück, Agraringenieur und Demeter-Berater. „Gleichzeitig ist jedoch die ohnehin geringe Nachfrage nach Rindfleisch kaum gestiegen.“ Um das anfallende Fleisch aus artgerechter Haltung zu verbrauchen, sei es nötig, pro Liter (Bio-)Milch auch rund 30 Gramm Biorindfleisch zu verzehren.

Das Interesse steigt

Laut Mück wollen immer mehr Milchviehhalter aus dem Biobereich ihre Tiere nicht in den Viehhandel abgeben und hinterfragen die herkömmliche Kälbermast. Sie wollen ihre Kälber selbst auf dem Betrieb großziehen und später als Biofleisch vermarkten. Das Hauptmotiv, das die Landwirte antreibe, sei das Tierwohl. Jedoch stelle die artgerechte Aufzucht der Kälber die Betriebe oft vor wirtschaftliche Herausforderungen: Da das Kalb direkt an der Amme oder der Kuh säuft, kann weniger Milch gemolken werden und der Landwirt weniger Milch an die Molkerei liefern.

Um eine Austauschmöglichkeit für interessierte Landwirte zu schaffen, veranstaltete die Öko-Modellregion Ostallgäu zusammen mit der Schweisfurth Stifung einen Praxisdialog zum Thema kuhgebundene Kälberaufzucht. Saro Gerd Ratter, Projektmanager Tierwohl der Stiftung, informierte die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte, wie Bio-Milchkälber kuhgebunden aufgezogen werden können. Er stellte klar heraus, dass jeder Betrieb unterschiedlich aufgebaut sei: „Es gibt nicht ein einheitliches System. Die Aufzucht der Kälber ist auf jedem Betrieb individuell.“

Wie so eine Aufzucht in der Praxis funktioniert, zeigte das Ehepaar Schreyer bei der Vor-Ort-Besichtigung ihres Biolandhofs in Stötten. Während des Praxisdialogs fand ein Austausch zwischen den Praktikern statt. Am Ende waren sich alle einig, dass das Interesse der Landwirte an der kuhgebundenen Kälberaufzucht sehr hoch sei. Jedoch müssten noch mehr Akteure eingebunden werden, um dieses Aufzuchtsystem großflächig zu etablieren. Zu einem müsste beim Verbraucher das Bewusstsein für die Bedeutung des regionalen (Bio-)Rindfleischs geweckt werden und zum anderen müsste das Aufzuchtsystem der kuhgebundenen Aufzucht von mehr Molkereien auch finanziell honoriert werden.

Weitere Informationen zum Thema unter www.oekomodellregionen.bayern/ostallgaeu und bei Lisa Mader unter Telefon 08342- 911-453.

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