Bosse betonte, alle Stadträte seien „beseelt von Veränderungen für die Altstadt“, jedoch stelle das „Was“ und „Wie“ eine Herausforderung dar. Dies gelte auch für das heftig diskutierte Teilelement Verkehr: „Welcher Verkehrsfluss und wie viele Parkflächen?“ Bosse hoffte, im Dialog mit der gesamten Bürgerschaft Lösungen zu finden, bevor der Stadtrat im Herbst seine Entscheidung für mögliche Maßnahmen fällen wolle. Baureferent Carl stellte die schon bekannten Untersuchungsergebnisse externer Fachbüros bezüglich Verkehrsfrequenz und Parken sowie die aus 49 Vorschlägen priorisierten zwölf Maßnahmen für die Fortschreibung der Rahmenplanung Innenstadt vor. Darunter auch die vom Stadtrat erarbeiteten vier Varianten einer möglichen Anpassung zur Verkehrssituation.
Dikkaya erläuterte die Bestrebungen bezüglich des bestehenden Leerstandes von Ladenlokalen, der seit 2018 zwischen 28 und 38 Objekten schwankt und aktuell 34 beträgt.
Negativen Äußerungen erteilte sie eine Absage: „Kaufbeuren stirbt nicht, sondern lebt und es passieren hier Dinge!“ Als Ansprechpartner suche sie permanent den Kontakt, insbesondere bei neuem Leerstand, wobei grundsätzlich alle Gespräche unter höchster Vertraulichkeit stattfänden. Das Bestreben um neue Filialisten gestalte sich jedoch außerordentlich schwierig.
In den Beiträgen der Besucher spiegelten sich eine Reihe von Hinweisen, aber auch von gegensätzlichen Bedürfnissen wider. Guido Zeller berichtete von einer eigenen Umfrage unter 32 Geschäften der Innenstadt und 2.500 Kunden. 60 Prozent davon seien aus Kaufbeuren und 40 Prozent aus dem Umland gekommen. Von den 70 Prozent Besuchern mit Auto hätten 75 Prozent auf Freiflächen und 25 Prozent in Parkhäusern geparkt. Die angestrebte Reduzierung der Parkflächen von über 40 Prozent gegenüber dem jetzigen Stand bedeute einen massiven Eingriff und sei „gefährdend für bestehende Geschäfte“. Auf der anderen Seite gibt es Gastronomen, die ihre bestehenden Freiflächen gerne erweitern möchten. Der OB betonte, dass dem Stadtrat diese Dinge bekannt seien und er selbst sich „moderate Veränderungen“ wünschen würde.
Anwohner am Alleeweg klagten über zunehmende Vermüllung ebenso wie nicht abtransportierte Gelbe Säcke. Eine Anwohnerin klagte über den Lärm bei Veranstaltungen in der Innenstadt bis spät in die Nacht. Sie vermisse zudem Fachgeschäfte, für die man jetzt in Nachbarstädte fahren müsse. Eine andere Besucherin sprach von einer ausgeprägten „Poserszene“, die sich ständig geräuschvoll durch die Innenstadt bewege. Der OB machte deutlich, dass man sich bemühe, die Zahl der Mitarbeiter im Bauhof jedoch von früher 140 auf aktuell nur noch 80 gesunken sei. Er wies auch auf den Konflikt zwischen Gastronomie und Wohnen hin.
Ein Besucher schlug vor, die Tourismusangebote zu verstärken. Ulf Jäkel stellte dabei klar: „Kaufbeuren ist im Vergleich mit anderen Städten keine Tourismushochburg.“ Mit einem Angebot von mehr als 450 Betten könne man mit den Nachbarstädten wie Memmingen (1.000), Kempten (1.700) oder Füssen (5.700) nicht mithalten „Aber“, so Jäkel „für uns ist der Tagestourismus ein ganz wichtiger Faktor.“ Da sei die Stadt „ganz oben“, beispielsweise mit Wander-, Rad- und Pilgerweg. Die touristische Wertschöpfung liege laut Berechnung von Experten jährlich bei über zehn Millionen Euro.
Tourismusmanager Jäkel wies auch darauf hin, dass 2019 an 125 Tagen im öffentlichen Raum Märkte und Kulturveranstaltungen stattgefunden hätten. Aus rund 500 Stadtführungen mit 7.000 Teilnehmern hätte es überaus positive Signale der Besucher gegeben. „Die meisten verlassen die Stadt mit einem guten Eindruck“, so Jäkel. „Es gibt nicht nur das Verkehrsthema, es gibt tausend Themen“, resümierte die Stadtspitze am Ende. Alle Themen seien wichtig. Wohnen sei die Zukunft, kollidiere aber mit der Gastronomie: „Letztlich gilt es, Kompromisse zu finden, die uns weiterbringen.“