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Erinnerungen an den Widerstand: Neue „Stolpersteine“ in Kaufbeuren ab Dienstag

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Gunter Demnig, hier bei der Verlegung eines Stolpersteins in Kaufbeuren im September 2020.
Gunter Demnig, hier bei der Verlegung eines Stolpersteins in Kaufbeuren im September 2020. © Archiv: Zasche

Kaufbeuren – Am Dienstag, 21. März, werden ab 9 Uhr weitere „Stolpersteine“ für Kaufbeurer Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Fünf Männer und eine Frau, die während der NS-Zeit im kommunistischen Widerstand organisiert waren, werden gewürdigt. Die Verlegung findet an fünf Orten in der Innenstadt statt und wird von Künstler Gunter Demnig, dem Gründer des Erinnerungsprojekts, durchgeführt. An jedem Verlegungsort wird die Biographie der Opfer vorgestellt.

Zwischen 1933 und 1936 hatten sich in Schwaben kommunistische Widerstandszellen gegen das NS-Regime gebildet. In Kaufbeuren fand sich für die im Untergrund agierende KPD eine Gruppe von überzeugten und risikobereiten Kämpfern zusammen. Diese arbeitete daran, Mitstreiter zu gewinnen und knüpfte Kontakte in umliegende Städten wie Peißenberg, Schongau, Memmingen, Mindelheim und Obergünzburg. Die Mitglieder der Gruppe tauschten illegale Schriften und sammelten Gelder zur Unterstützung von inhaftierten Genossen oder ihren Ehefrauen und Familien. Wegen ihrer Verbindungen zur illegalen Leitung der KPD in München flog das gesamte südbayerische Netzwerk im Sommer 1936 auf.

Da die Parteiführung der KPD in München von einem Spitzel der Gestapo unterwandert war, konnten die Mitglieder des kommunistischen Widerstands in einer groß angelegten Verhaftungswelle gestellt werden. Bis Sommer 1936 wurden in Kaufbeuren 17 Personen des kommunistischen Widerstands verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Die sechs Vertreter der illegalen KPD, die am 21. März 2023 einen Stolperstein erhalten, zählen zum Kopf der Kaufbeurer Widerstandszelle. Zwei Mitglieder der Gruppe, Johann Schmid und Johann Schaudig kamen in der Haft ums Leben, die übrigen Widerstandskämpfer mussten jahrelange Haftstrafen verbüßen.

Das Projekt „Stolpersteine“ wird seit 2000 durch Künstler Gunter Demnig und dessen „Stiftung – Spuren – Gunter Demnig“ europaweit durchgeführt. Demnig erinnert an verschiedene Opfergruppen der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort oder Arbeitsort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt.

Seit 2020 gibt es Stolpersteine in Kaufbeuren für lokale Opfer der NS-Zeit (der Kreisbote berichtete mehrfach). Als digitale Erweiterung der Stolpersteine wird das Stadtmuseum gemeinsam mit dem Förderprogramm „Demokratie Leben!“ im Juni 2023 die App „Kaufbeurer Stolpersteine – Ein Rundgang gegen das Vergessen“ vorstellen. Außerdem seien noch weitere Verlegungen angestrebt, berichtet ­Petra Weber, Leiterin des Stadtmuseums. Interessierte Angehörige oder Lehrer, die an einer Projektarbeit interessiert sind, können sich beim Stadtmuseum melden.

Stolpersteinverlegung am 21. März: Programm im Überblick

9 – 9.30 Uhr: Müllergäßchen 3: Stolperstein Johann Schaudig (1905–1943), Mitglied des kommunistischen Widerstands in Kaufbeuren, Tod im KZ-Außenlager Bad Tölz.

ca. 9.45 – 10.05 Uhr, Kaiser-Max-Straße 38: Stolperstein Stefan Leo Lutz (1904–1988), Mitglied des kommunistischen Widerstands in Kaufbeuren, 9 Jahre Haft in München Stadelheim, Zuchthaus Kaisheim, KZ Dachau.

• ca. 10.15 – 10.35 Uhr, Baumgarten 18: Stolperstein Michael Rauch (1894–1984), Mitglied des kommunistischen Widerstands, 10,5 Jahre Haft in München-Stadelheim, Zuchthaus Kaisheim, KZ Dachau.

ca. 10.45 – 11.05 Uhr, Forettle 7: Stolperstein Klemens Sailer (1903–1972), Mitglied des kommunistischen Widerstands in Kaufbeuren, 7 Jahre Haft in München-Stadelheim Zuchthaus Amberg, Einzug als Strafsoldat im Bewährungsbatallion

• ca. 11.15 – 11.35 Uhr, Johannes-Haag-Straße 6: Stolperstein Johann Schmid (1907–1942), Mitglied des kommunistischen Widerstands in Kaufbeuren, Tod im KZ Flossenbürg.

Stolperstein Karolina Schmid, später verheiratet Trimmel (1911–1990), Mitglied des kommunistischen Widerstands in Kaufbeuren, 1936–1939 Haft Gefängnis München Stadelheim, im KZ Lichtenburg und im KZ Moringen.

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