Vergangenheit plötzlich aktuell

Kaufbeuren-Neugablonz – Bei der traditionellen Veranstaltung des CSU-Ortsverbandes Kaufbeuren zum bundesweiten Gedenktag „Tag der Heimat“ wurde der Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation gedacht. Gleichzeitig wurde aber eine differenzierte Betrachtung im Vergleich zur aktuellen Einwanderungswelle nach Deutschland und Europa angemahnt.
Die aktuelle Zuwanderungs- und Flüchtlingsproblematik zieht immer größere Kreise und so ist auch der geplante Besuch des Bayrischen Staatsministers Dr. Marcel Huber, MdL (CSU), im Isergebirgs-Museum und die Teilnahme am „Tag der Heimat“ im Gablonzer Haus in Neugablonz den dringlichen Krisensitzungen in München zum Opfer gefallen.
Einen Bogen von 14 Millionen deutschen Vertrieben vor 70 Jahren zu 60 Millionen Flüchtlingen weltweit heute, spannte Ulf Jäckel, stellvertretender Ortsvorsitzender der CSU in Kaufbeuren. Neugablonz war damals bei der Aufnahme von Vertriebenen besonders betroffen, zeige heute aber auch, wie erfolgreiche Integration aussehen könne.
„Neugablonz ist die größte geschlossene Vertriebenensiedlung Europas“, ergänzte Oberbürgermeister Stefan Bosse. Die aktuelle Flüchtlingswelle könne nur eine europäische Lösung haben. Er zitierte eine jüngste Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der meinte, Angela Merkel habe schon Recht, wenn sie sage, „wir schaffen das”. Er wolle aber ergänzt wissen, dass man jetzt richtig handeln müsse.
Mit Stolz auf die erfolgreiche Integration und Aufbauarbeit der Vertriebenen in Neugablonz kündigte er jetzt schon für das nächstes Jahr die Feiern zu „70 Jahre Neugablonz“ mit einer Reihe von Veranstaltungen an.
Staatssekretär Franz Josef Pschierer hat durch seinen Vater selbst einen Vertriebenenhintergrund. Die Flüchtlinge von heute dürften nicht mit den Vertriebenen von damals gleich gesetzt werden, so Pschierer. Als eindeutig nationale Aufgabe erwarte er auch entsprechende Bundesunterstützung für die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung, wie zum Beispiel für Kaufbeuren.
Pschierer legte Wert auf die Feststellung: Den deutschen Vertriebenen sei 1945/46 Unrecht geschehen. Sie hätten dennoch kurze Zeit darauf die Hand zur Versöhnung gereicht, indem sie im August 1950 in Stuttgart in ihrer Charta der Vertriebenen ihren Verzicht auf Rache und Vergeltung für die Vertreibung erklärten. Er bestätigte nochmals die hohe Integrationsleistung der Vertriebenen in Wirtschaft, Kultur und Musik in Neugablonz und überbrachte dafür auch die Grüße und Anerkennung der Bayerischen Staatsregierung.
Mit der Realisierung des Sudetendeutschen Museums in München soll ein Verbund mit dem Isergebirgs-Museum in Neugablonz und Egerlandmuseum in Marktredwitz gebildet werden, erläuterte der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bernd Posselt. Er erinnerte an die „wilde“ Vertreibung 1945, die dann 1946 gipfelte in der „humanen“ Vertreibung nach dem Potsdamer Abkommen. Zum Ende beschwor Bernd Posselt nochmals den zukunftsweisenden Sinn des Tages der Heimat: „Vertreibung, nie wieder“.
Mit mahnenden Worten und an die Adresse der anwesenden Politiker gerichtet, stellte der CSU-Fraktionsvorsitzende im Kaufbeurer Stadtrat Dr. Thomas Jahn auch im Namen der CSU-Basis zusammenfassend klar, dass man bei allem Verständnis für die Nöte der momentan ankommenden Flüchtlinge nicht die zunehmenden Sorgen der einheimischen Bürger um „unsere Heimat“ und Identität vernachlässigen dürfe.
Mit dem Isergebirgslied, der Bayern- und der Nationalhymne, gespielt von der Musikvereinigung Neugablonz, endete die Veranstaltung.
von Wolfgang Krusche