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SPD-Stadtratsfraktion distanziert sich von Meichelböcks Haltung zum Ukrainekrieg

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Von: Felix Gattinger

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Paul Meichelböck am Rednerpult, DGB
Durch kontroverse Haltung in der Kritik: Paul Meichelböck kritisierte die „einseitige“ Berichterstattung über den Ukrainekrieg und forderte diplomatische Verhandlungen. © Wischhöfer

Kaufbeuren – Wegen seiner kritischen Äußerungen zu Waffenlieferungen und zur einseitigen Berichterstattung im Ukrainekrieg ist Paul Meichelböck (DIE LINKE) bei etlichen seiner Stadtratskollegen in die Kritik geraten. Nun hat die Stadtratsfraktion der SPD Konsequenzen gezogen und will sich von Meichelböck nicht mehr in den Ausschüssen vertreten lassen. 

Als „symbolische Zusammenarbeit“ hatte sich die Regelung verstanden, gemäß der sich einige Stadträte der SPD in der Vergangenheit in diversen Ausschüssen von Christoph Gänsheimer vertreten hatte lassen, der für DIE LINKE im Stadtrat saß. Man verfolge besonders sozialpolitisch ähnliche Ziele, arbeite aber auch in anderen Themenbereichen gut zusammen, hieß es damals schon als Begründung. Zusätzlich wolle man durch diesen Schritt auch auf Distanz zur AfD gehen. Als Gänsheimer vor einigen Monaten seine Arbeit im Stadtrat niederlegte, führte man offenbar aus den gleichen Gründen mit seinem Nachfolger Paul Meichelböck diese Tradition fort.

Vergangenen Dienstag endete diese Zusammenarbeit, als SPD-Fraktionsmitglied Martín Valdés-Stauber in einer wortreichen Rede politischen Gründe anführte, aufgrund derer er selbst, seine Fraktion aber auch viele andere Mitglieder im Stadtrat eine weitere Zusammenarbeit bei der vertretung in den Ausschüssen für nicht mehr angemessen hielten.

In deutlichen Worten und sichtlich emotional involviert kritisierte er die politische Haltung zum Krieg in der Ukraine, die Meichelböck in der jüngsten Vergangenheit mehrfach an die Öffentlichkeit getragen hatte. Dort habe er sich wiederholt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen und – schlimmer noch – den Ukrainekrieg als ursprünglichen Bürgerkrieg „verniedlicht“. Es habe nie einen Ukrainischen Bürgerkrieg gegeben, so Valdés-Stauber. Der Konflikt sei von Anfang an ein Angriffskrieg gewesen, bei dem die Gewalt einseitig vom System Putin ausgehe. Jede Form der Verharmlosung des Krieges lehne die Kauf­beurer SPD ab.

Symbol in drei Richtungen

Auf Anfrage des Kreisboten im Nachgang der Sitzung, was die Deutung des Krieges auf der Krim und in der Ukraine denn eigentlich mit der konkreten Arbeit in den kommunalen Ausschüssen der Stadt zu tun habe, erklärte Valdés-Stauber, die wiederholten Äußerungen Meichelböcks hätten ihn und viele andere Ratsmitglieder in kontroverse und teils ungemütliche Situationen gebracht.

Die Aufkündigung der gegenseitigen Vertretung in den Ausschüssen sei ein Symbol in drei Richtungen, erklärte Valdés-Stauber: einmal natürlich an Paul Meichelböck, um zu zeigen, dass er eine Grenze überschritten hat, „dann für unser Selbstverständnis als Stadtrat, das auf der Frage fußt ‚wie wollen wir arbeiten, wer wollen wir sein?‘ Auch wenn wir nicht über Waffenlieferungen entscheiden, beeinflusst uns das in unserer kommunalen Arbeit. – Aber auch als Signal an die Öffentlichkeit will die SPD Fraktion den Schritt verstanden wissen: „Wenn Paul Meichelböck diese Dinge nur im Café gesagt hätte“, so Valdés-Stauber, „wäre das im Privaten geblieben, aber er hat das in den öffentlichen Raum getragen, und daher müssen wir auch im öffentlichen Raum auch darauf reagieren. Das ist auch ein Zeichen an die Bürger der Stadt, dass wir als Fraktion solche Positionen nicht teilen und auch nicht tolerieren.“

„Wir respektieren uns nach wie vor“, versichert Valdés-Stauber abschließend, „Paul und ich kennen uns seit 20 Jahren und haben uns in ganz verschiedenen Kontexten erlebt und miteinander gearbeitet. Natürlich werden wir weiterhin miteinander reden.“

Dem Antrag der SPD folgend, stimmten die Stadtratsmitglieder der neuen Regelung der Vertretung in den Ausschüssen zu – mit einer Gegenstimme, der von Paul Meichelböck. Dieser hatte in seiner Stellungnahme die Abgrenzung der Fraktion als seltsam bezeichnet – gerade vor dem Hintergrund, dass schon Willy Brandt, prägende Figur für die SPD, den Krieg als irrational bezeichnet habe. Um den Krieg zu beenden, seien diplomatische Verhandlungen unverzichtbar. Er selbst könne mit der Entscheidung leben.

Befremdlich sei für ihn nur, dass sich die SPD neuerdings von Pazifisten abgrenze. Den Vorwurf der Verniedlichung weist Meichelböck im Gespräch mit dem Kreisboten zurück. Nie habe er sich auf die Seite von Putin gestellt, oder das Ganze als Kleinkrieg hingestellt. Zu kritisieren sei aber die einseitige Berichterstattung in Deutschland. Das habe er auch beim DGB Neujahrsempfang so gesagt, betont Meichelböck und erwähnt, dass er selber auch einmal bei der Truppe gedient habe. Das sei damals aber ein andere Bundeswehr gewesen, der es um Landesverteidigung ging, maximal um Blauhelmeinsätze.“

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