Volkstrauertag im Zeichen des Ukrainekrieges

Kaufbeuren – Die diesjährige Rahmenveranstaltung zum Volkstrauertag der Stadt Kaufbeuren fand am Friedhof in Neugablonz statt. Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse, Oberst Martin Langer und die ökumenische Vertretung der christlichen Kaufbeurer Kirchen gingen insbesondere auf die aktuelle politische Situation ein: den Krieg in Europa. Die Veranstaltung mit Ehrenzug der Bundeswehr, der Stadtkapelle Kaufbeuren sowie Fahnenabordnungen und Organisationen mit Kranzträgern hätte jedoch gerade in diesem Jahr eine stärkere Beteiligung aus der Bevölkerung verdient gehabt.
Das Gedenken zum Volkstrauertag stand in diesem Jahr unter völlig anderen Zeichen als alle Gedenktage seit 1952: In Europa ist wiederum ein Krieg entbrannt, der unendliches Leid für viele Menschen bringt. Mit Bezug darauf sagte die Stadtspitze: „Dieses entsetzliche Geschehen überstrahlt alle Vergleiche, es ersetzt alle Bezugnahmen auf eine längst überwunden geglaubte Vergangenheit.“

„Nie wieder“
Gerade wir Deutschen seien uns sicher gewesen, dass das „Nie wieder“ eine überdauernde Errungenschaft der Zivilisation, zumindest in Europa, sei. Er habe in den vergangenen Monaten das beklemmende Gefühl gehabt, dass sich mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg die Geschichte wiederhole. „Und doch ist vieles anders“, sagte Bosse, „die westliche Gemeinschaft ist stark, und auch innerhalb der Vereinten Nationen gibt es eine große Solidarität gegen diesen Krieg.“ So stünde die Gemeinschaft voller Überzeugung und in Solidarität, damit nicht nur an der Seite der Ukraine, sondern auch gegen ein System voller propagandistischer Lügen, voller Menschenverachtung und Aggression.
Oberst Martin Langer sagte in seiner Ansprache: „100 Jahre nach der ersten Gedenkstunde im Reichstag sind wir einem Krieg näher als je zuvor.“ Es sei nicht vorstellbar gewesen, dass Russland die Ukraine angreifen könne, wobei eigentlich schon seit 2014 Krieg in Europa herrsche. „Damit sind alle Regeln der Nachkriegsordnung gebrochen worden“, so Langer. Er skizzierte Bilder von fliehenden und Zuflucht suchenden Menschen. Das alles finde mitten in Europa statt: Von Berlin zur ukrainischen Grenze sei es genauso weit wie von Berlin nach Brüssel. 77 Jahre nach Kriegsende müsse man feststellen, dass es um die Menschlichkeit heute leider nicht viel besser bestellt sei, als in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Frieden sei keine Selbstverständlichkeit, daher laute die Botschaft: „Gemeinsam für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit.“
Die Geistlichkeit, vertreten durch Pfarrerin Ulrike Butz (Evangelische Christuskirche), Pfarrer Thomas Hagen (Katholische Gemeinde Herz Jesu) und Holger Laske (Katholische Gemeinde der Alt-Katholiken), spendete den ökumenischen kirchlichen Segen. Butz hatte ihre Botschaft unter das Motto „Überwinden des Bösen mit dem Guten“ gestellt.
Kranzniederlegungen erfolgten durch das Technische Ausbildungszentrum der Luftwaffe Abteilung Süd, die Soldatenkameradschaft Kaufbeuren, den Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge, den Sozialverband VdK, die Standortkameradschaft im Deutschen Bundeswehrverband, den Heimatkreis Neugablonz und durch die Polizei für die Stadt Kaufbeuren.