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Tausende Besucher bei der Einweihung der Ortsumfahrung von Bertoldshofen – Endgültige Freigabe in wenigen Wochen

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Von: Michael Dürr

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Massenfoto Tunneleröffnung bei Bertoldshofen 2022
Großer Andrang am Nordportal des Tunnels, der vergangenen Samstag mit viel Prominenz eingeweiht wurde. © Michael Duerr

Marktoberdorf/Bertoldshofen – (Beachten Sie unsere Fotostrecke am Ende des Berichts).

MdB Stephan Stracke (v. li.), Landrätin Maria Rita Zinnecker,  Bauminister Christian Bernreiter und Marktoberdorfs Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell.
MdB Stephan Stracke (v. li.), Landrätin Maria Rita Zinnecker, Bauminister Christian Bernreiter und Marktoberdorfs Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell. © Michael Duerr

Er sei „überwältigt von der Begeisterung und dem großartigen Besuch“, hatte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter gesagt, der örtliche Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke schlicht von einem „Tag der Freude“ gesprochen. Beide CSU-Politiker hatten damit die Einweihung des Tunnels Bertoldshofen als Herzstück der dortigen Ortsumfahrung gemeint, und beide trafen damit voll ins Schwarze: Es waren in der Tat Tausende von Besuchern, die sich am Samstag in und um das gut 50 Millionen Euro teure, knapp 600 Meter lange Bauwerk drängten.

Auch wenn die ersten vier Autos noch am gleichen Tag durch die Röhre knatterten, soll die endgültige Verkehrsfreigabe erst „kurz vor Weihnachten“ erfolgen. Psst, bitte nicht weitersagen: Der Kreisbote kennt schon den angepeilten genauen Tag. Dazu später mehr.

Geparkte Autoschlangen, wo man hinsah, Kennzeichen bis aus Nordschwaben und Niederbayern. Wer erst später am Tag kam, durfte erstmal etwas für seine Gesundheit tun, ehe er am Objekt der Begierde ankam. Fußwege bis zu einem Kilometer waren da schon drin. Egal, wann hat man schon mal Gelegenheit, einen derartigen Tunnel hautnah zu besichtigen? Das Dachte sich auch Silvia Friedl (41) aus Marktoberdorf, die mit ihren kecken Söhnen Fabian (6) und Vincent (4) gekommen war. Die in und vor dem Tunnel ausgestellten Maschinen wollten sie erkunden, berichteten sie dem Kreisbote, außerdem wollten sie natürlich mit ihren Freunden spielen, die ebenfalls vor Ort waren. Sie hoffe doch, sagte derweil die Mama dem Kreisbote, dass der Tunnel in Bertoldshofen „auch eine Verkehrsentlastung für die Kernstadt“ nach sich ziehe.

„So etwas sieht man nur ein Mal im Leben“, freuten sich Monika und Manfred Ried, die aus Eggenthal gekommen waren. Deshalb lohne es sich, die Konstruktion des Bauwerks und den Rettungstunnel an Ort und Stelle zu erkunden. Zahlreiche Schautafeln und eine Video-Installation im Tunnelinnern halfen dabei erheblich. Die beiden 63-Jährigen besuchen des Öfteren seinen Schwager in Peiting, auf dem Weg dorthin wollten sie in Zukunft natürlich den neuen Tunnel nutzen.

Gerne genutzt hätte auch Stadtrat und Radlfan Martin Barth den neuen Tunnel. Indes: Radfahrer werden nach Auskunft des Staatlichen Bauamts in Kempten ebenso ausgeschlossen bleiben wie Fußgänger. 

Wie lange in Bertoldshofen schon vor einer Ortsumfahrung gesprochen wird, wusste Viola Stadler zu erzählen. Sie sei vor rund 40 Jahren aus Oberbeuren hergezogen, sagte sie dem Kreisbote, bereits damals sei „von einer geplanten Umgehungsstraße gesprochen worden“. Sie könne von ihrem Esstisch aus den vielen Verkehr sehen, der sich bis heute durch den Ort quäle, insofern bringe der Tunnel schon eine deutliche Entlastung. „Die optimale Lösung ist es aber nicht“, gab sie zu bedenken, „mit einer anderen Routenführung hätten noch mehr Ortschaften vom Verkehr entlastet werden können.“

In Begleitung von Viola Stadler war übrigens Erna Brugger, die mit ihren 95 Lebensjahren wohl zu den ältesten Besuchern im neuen Tunnel zählte. Die rüstige Seniorin, die in der Nähe der örtlichen Bäckerei wohnt, ist laut Stadler noch täglich mit ihrem Gehwagen unterwegs und läuft dabei auch stets über die neue Brücke vor dem Nordportal des Tunnels.

Apropos Bäckerei: Deren Inhaberin sieht die Umfahrung ihres Ortes naturgemäß mit gemischten Gefühlen. „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust“, bekannte Erika Heiland gegenüber dem Kreisbote, „denn eins ist doch klar: Das Geschäft bei uns wird weniger.“ Da in Zukunft die dicken, stinkenden Lastwagen nicht mehr quer durch Bertoldshofen donnern dürfen, können sich deren Fahrer auch nicht mehr mit einer Brotzeit aus der örtlichen Bäckerei versorgen. Auf der anderen Seite litten die Bewohner und auch sie selbst unter dem unaufhörlich steigenden Verkehr, der sich Tag und Nacht auf den engen Straßen durch den Ort drängle.Ein Lied von Lärm und Gestank können Jenny Rauch (30) und Florian Moll (27) singen, die beide in der Blaskapelle Bertoldshofen mitspielen. Bis vor kurzem haben sie noch direkt an der viel befahrenen Durchgangsstraße gewohnt hat, sind über die Jahrzehnte mit der Verkehrslawine aufgewacht und mit ihr ins Bett gegangen. Nun freute sich Blasmusiker Florian Moll diebisch: „In Zukunft bin ich der einzige, der in Bertoldshofen Lärm macht.“ Vergangenen Samstag wurde mit einem Tag des offenen Tunnels die Ortsumfahrung von Bertolds­hofen eingeweiht.

Jenny Rauch und Florian Moll waren natürlich unter den Musikanten, als die Blaskapelle Bertoldshofen zur Einleitung des offiziellen Teils der Tunneleinweihung mit klingendem Spiel durch die Röhre marschierte. „Kein schöner Land“ intonierten sie dabei unter anderem; ein altes, stimmungsvolles Volkslied, das nach Meinung von Dirigentin Franziska Oroudji recht gut zum Anlass ihres Auftritts passte. Den getragenen und besinnlichen Teil des Nachmittags übernahm dann Markt­oberdorfs Stadtpfarrer Oliver Rid zusammen mit seiner evangelischen Kollegin Stefanie Mangold. Beide bauten symbolisch einen Tunnel aus Legosteinen, sprachen davon, wie wichtig Gottes Segen nicht nur für den Bau, sondern auch für einen unfallfreien Betrieb der Röhre sei. Mit Gebeten weihten die beiden Geistlichen schließlich den neuen Tunnel, wobei Stadtpfarrer Rid sichtlichen Spaß daran hatte, das Weihwasser in alle Richtung zu verteilen.

Michael Neupert übernahm die Begrüßung der (Ehren-) Gäste und sprach davon, dass „die Bewohner von Bertoldshofen jetzt tatsächlich Licht am Ende des Tunnels sehen“. Der Bereichsleiter Straßenbau beim Staatlichen Bauamt Kempten dankte ausdrücklich und unter dem Beifall der Zuschauer den Grundstückseigentümern, die die Flächen für den Tunnelbau abgetreten hätten. Man sei im Übrigen „froh gewesen“, dass man sich bei der Realisierung des Projekts „auf erfahrene Firmen stützen konnte“.

Unfallfreier Verlauf

Die Mineure hätten gefragt, wo denn hier der Berg sei, sprach auch Landrätin Maria Rita Zinnecker die Erfahrung der beauftragten Firmen an, gab dann selbst die Antwort: „Das haben sie dann schon gemerkt.“ Damit erinnerte sie an die Schwierigkeiten beim Bohren des Tunnels, die zu der rund einjährigen Verzögerung der Fertigstellung beigetragen hätten. Auf ihr Ehrenamt als Tunnelpatin während der Bauphase sei sie stolz gewesen, jetzt überwiege die Freude, dass die Arbeiten „Gott sei Dank unfallfrei“ über die Bühne gegangen seien. Zinnecker dankte allen am Bau Beteiligten und versprach: „Jetzt wackeln die Schränke in Bertolds­hofen wegen des Verkehrs bald nicht mehr.“

„Es lohnt sich, dass wir hier in Betongold investieren“, bekräftigte der örtliche Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke, „auf dass es auf den Straßen sicherer und im Ort ruhiger wird.“ Wenn man „den großen Zulauf heute sieht, weiß man, dass es richtig ist“. Stracke weiter: „Genießen Sie den Tag, es ist ein Tag der Freude.“

„Für die Menschen in der Region wird das eine echte Erleichterung“, versicherte auch Hauptredner Christian Bernreiter, „denn mit der Umfahrung entlasten wir die Ortszentren von Marktoberdorf und Bertoldshofen vom Durchgangsverkehr und erhöhen die Verkehrssicherheit.“ Der bayerische Verkehrsminister (CSU) machte außerdem klar, dass das Thema Straßenbau im Allgäu mit der Verwirklichung des insgesamt 74 Millionen Euro teuren Projekts keinesfalls abgeschlossen ist. Vielmehr seien die Planungen für den Ausbau der B12 voll am Laufen. Der ausdrückliche Dank des Ministers galt insbesondere dem Bundestags­abgeordneten Stracke, der in Berlin jahrelang für die Ortsumfahrung von Bertoldshofen getrommelt habe. Bernreiter: „Lieber Stephan, wir nehmen das Geld gerne an.“

Ins gleiche Horn stieß schließlich Marktoberdorfs Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell. Stracke und die örtliche Landtagsabgeordnete Angelika Schorer (CSU) hätten „das Projekt ganz, ganz stark und maßgeblich unterstützt“, weshalb ihnen großer Dank gebühre. Auch im Namen des gesamten Stadtrats dankte Hell allen am Bau Beteiligten, insbesondere den Mitarbeitern des staatlichen Bauamts, die „sehr gute Arbeit geleistet“ hätten. Zu danken sei des Weiteren den Grundstückseigentümern, die Flächen abgetreten hätten, denen die Stadt aber auch Ausgleichsflächen habe anbieten können.

Obwohl die endgültige Verkehrsfreigabe trotz symbolischer Geste mit dem Durchschneiden eines Bandes durch die Prominenten noch auf sich warten lässt, rollten am Ende doch noch Autos durch die neue Röhre: Vier Oldtimer, die von Bertoldshofenern gehegt und gepflegt werden. Vorneweg ein cremefarbenes Alfa Romeo-Cabrio, gefolgt von einem Mercedes 200 Heckflosse, einem frühen Ford Escort und einem schwarzen Citroen.

Tunnelparty mit zwei DJs

Der Abend gehörte schließlich 2.000 vornehmlich jungen Leuten, die es ab 19 Uhr unter Federführung von Zentralrock bei einer Tunnelparty krachen ließen. Zwei DJs und eine 40 Meter lange Tunnelbar nebst Lightshow sorgten für Stimmung in der Röhre. Draußen gab es dazu ein prächtiges Feuerwerk.

Für alle, die gespannt sind, ab wann sie mit ihrem Auto durch den neuen Tunnel fahren dürfen, hier sei es verraten: Wie der Kreisbote erfahren hat, soll es am Mittwoch, 14. Dezember, so weit sein.

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