Enzensberger probierte vieles aus: Bis 1957 arbeitete er als Hörfunkredakteur beim SDR in Stuttgart für Alfred Andersch, der ihn als „zornigen jungen Mann der Literatur“ bezeichnete. Er mischte im Literaturclub „Gruppe 47“ mit, bei den rebellischen 1968ern sowie in der damaligen Außerparlamentarischen Opposition (APO). Sein 1965 gegründetes Kulturmagazin „Kursbuch“ war eine Art Pflichtlektüre in der linken Szene. Er war Verlagslektor bei Suhrkamp in Frankfurt, der später viele seiner Werke verlegte, verbrachte einige Zeit im sozialistischen Kuba, lebte in Norwegen, Italien, Mexiko, den USA und West-Berlin. 1979 kam er schließlich nach München.
Der vielseitige Schriftsteller schrieb sowohl unter seinem eigenen Namen als auch etlichen Pseudonymen Romane, Essays, Anekdoten, Erinnerungen sowie Lyrik und Dramen, Kinder- und Jugendbücher. Die Zahl der von ihm errungenen namhaften Literaturpreise ist Legion. 1963 – mit nur 33 Jahren – erhielt er den Georg-Büchner-Preis. Im Jahr 2.000 wurde in Landsberg am Lech sein als Denkspiel gedachter Poesieautomat der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser befindet sich heute im Deutschen Literaturarchiv Marbach. 2019 erschien Enzensbergers letztes Buch „Fallobst“, worin er sich – nach wie vor kritisch – mit aktuellen Themen wie zum Beispiel Migration auseinandersetzt.
Zwar pflegte der Weltbürger Enzensberger wenig Beziehungen zu seiner Geburtsstadt Kaufbeuren, allenfalls besuchte er hin und wieder seine bis zu ihrem Tode 2008 hier lebende Mutter. Dennoch schrieb OB Stefan Bosse in einem Nachruf auf Facebook „In stiller Trauer nimmt Kaufbeuren Abschied von einem großen Sohn unserer Stadt“.