Der anschließende Antrag von sieben Stadträten auf Errichtung einer unechten Fahrradstraße – mit zugelassenen Kraftfahrzeugen bei Tempo 30 – vom Kreisverkehr am Bahnhof über die Angerstraße, entlang der Münchener Straße bis zum Kreisverkehr an der Landsberger Straße wurde jedoch abgelehnt. Die Verwaltung listete auf drei Seiten der Sitzungsvorlage die Gründe dafür auf. Unter anderem wäre entgegen der Ausführungen im Antrag ein Rückbau der betroffenen Straßen nötig. Die Münchener Straße gehöre laut Pöschl zum örtlichen Vorfahrtsstraßennetz und erschließe als solche den Buchloer Süden als Wohn- und Geschäftsgebiet. Sie sei dazu da, dass der Verkehr aus den Wohngebieten schnell abfließt und diene im Bedarfsfall als Ausweichstrecke der Bahnhofstraße. Daher sei sie für eine unechte Fahrradstraße, deren Begrifflichkeit in der Straßenverkehrsordnung gar nicht vorkomme, „völlig ungeeignet“. Würde die Münchener Straße umgewidmet, gelte auf ihr keine automatische Vorfahrt mehr, sondern rechts vor links, erklärte der Bürgermeister. „Wenn wir so eine weitreichende Änderung vornehmen, müssen wir weiter denken und auch die Folgen einbeziehen, die sie auf andere Straßen hätte.“ Er gab außerdem zu bedenken, dass ein regelrechtes Chaos entstünde, wenn mehrere tausend Schüler täglich mit dem Fahrrad statt Bussen zum Unterricht kämen. Darüber hinaus habe man nicht nur Verantwortung für die Fahrradfahrer. „Die Pkws lösen sich nicht in Luft auf, sondern wollen weiterhin zum Alpina-Ring fahren.“
Die Sicht der Verwaltung hielt Herbert Wintersohl (UBI) für „sehr einseitig und tendenziös“, weshalb er sich von der Art der Argumentation enttäuscht zeigte. Diese Wertung stelle die Sache „sehr negativ dar“, echauffierte er sich. Auf dem Begriff „unechte Fahrradstraße“ müsse auch nicht „rumgeritten“ werden, da er de facto rechtsgebräuchlich sei. In einigen anderen Kommunen in Deutschland gehörten unechte Fahrradstraßen zum Stadtbild. Unterstützung bekam Wintersohl von Fraktionskollege Grieb, der auf Vorfahrtsstraßen im benachbarten Bad Wörishofen trotz der Bezeichnung Fahrradstraße hinwies. Ihm ginge es vor allem um Tempo 30 – auch, um das bisherige Stückwerk in der Münchener Straße abzubauen, wo bisher teilweise mit 50 und in den Bereichen der Schulen mit 30 Kilometern pro Stunde gefahren werden darf. Die Sicherheit der schwachen Verkehrsteilnehmer gelte es zu erhöhen. Darüber hinaus litten die Anwohner unter dem Lärm, den der Verkehr bei der „relativ hohen Geschwindigkeit“ verursache. Grieb schlug vor, bis Juli 2023 einen Pilotversuch zu wagen und anschließend auf Vorteile zu prüfen, wofür er Unterstützung von Fraktionskollegin Michaela Schilling erhielt. „Ich verstehe, dass Sie kämpfen“, entgegnete Pöschl. Er schätze diesen ernstgemeinten Antrag, weil die Sicherheit der Radfahrer wichtig sei, doch die Münchener Straße sei schlichtweg nicht für dieses Ansinnen geeignet, wiederholte er.
Den Grünen gehe es um Lösungen, betonte Klein. Auch andere seien denkbar, etwa Radstreifen. Franz Lang (Freie Wähler) erachtete Schutzstreifen ebenfalls als sinnvoll. „Ich kann alle Positionen verstehen“, sagte Thomas Reiter (FDP), „habe aber arge Zweifel daran, dass durch eine unechte Fahrradstraße mehr Sicherheit erreicht wird“. Auch er sei ein „Fan von Schutzstreifen“, da diese sichtbar seien. Schilling und Grieb entgegneten, dass die Angerstraße nicht breit genug dafür sei und hielten zumindest an der Forderung nach Tempo 30 fest, wenn es schon nicht zu einer unechten Fahrradstraße kommen sollte. Damit griffen sie auch einen Antrag von Anwohnern aus dem April 2020 auf.
Für eine konzeptionelle Herangehensweise und gegen „puren Aktionismus“ plädierte Stadtrat Leinsle, weshalb er den Antrag ablehne. Auch in den Augen Bernd Gramlichs (SPD) ging der Antrag zu weit. Er fände Tempo 30 in ausgewählten Bereichen gut.
17 der 24 anwesenden Stadträte positionierten sich am Ende bei der Abstimmung gegen die Umwidmung und folgten damit der Meinung der Verwaltung. Der Kompromissantrag Griebs hinsichtlich eines Pilotversuchs war damit hinfällig.