"Wir setzen auf Dialog"

Kaufbeuren – Einen Ort der Begegnung, Beratung und kleine Brotzeiten, aber auch die Möglichkeit zur kurzzeitigen Übernachtung, das bietet die Wärmestube an.
Seit über 20 Jahren ist der gemeinnützige Verein SKM (Sozialdienst katholischer Männer) am Unteren Berg für Menschen da, die in der Kaufbeurer Innenstadt für ein paar Stunden oder auch Nächte ein warmes Plätzchen suchen. Weil das Haus in die Jahre gekommen ist und eine Sanierung keinen Sinn mehr macht, sucht der Betreiber SKM allerdings selbst schon lange nach einer neuen Bleibe für sein Angebot mit Wärmestube und Übernachtungsplätzen.
Fündig geworden ist man 120 Meter weiter im Müllergässchen, wo die Stadt dem SKM ein Haus auf Erbpachtbasis überlassen möchte. Rund eine Million Euro aus Fördergeldern und Eigenmitteln würde der SKM hier investieren, um das historische, aber ebenfalls sanierungsbedürftige Altstadtgebäude auf Vordermann zu bringen. Trotzdem löst das Projekt bei den Anwohnern Besorgnis und auch Widerstand aus.
Rund 500 Jahre haben ihre Spuren hinterlassen am Haus Unterer Berg, das der SKM derzeit vom Besitzer, der Diözese Augsburg, gemietet hat. Hier arbeiten Sozialpädagogin Gabriele Boscariol, eine weitere Fachkraft und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen in der Wärmestube. „Wir bieten einen Tagesaufenthalt für bedürftige oder obdachlose Menschen, aber auch die Weitervermittlung an Beratungsstellen oder einfach ein gutes Gespräch“, beschreibt Boscariol das Angebot.
Im Obergeschoss betreibt der SKM zudem noch das städtische Übernachtungsheim für Durchreisende. Weil die in den vergangenen Jahren laut Peter Kloos vom Sozialamt stark abgenommen haben, nutzt der SKM hier auch die Möglichkeit, Kaufbeurer Bürger unterzubringen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, nur für kurze Zeit eine Übernachtungsmöglichkeit suchen und daher nicht gleich in eine der städtischen Obdachlosenunterkünft in Frühlingsweg und Innere Buchleuthe überwiesen werden.
Durch die zentrale Lage werde das niederschwellige Angebot des SKM am Unteren Berg gut angenommen, sagt Boscariol. Gegenüber der Wärmestube befindet sich zudem die Armenspeisung des Klosters, wo laut Oberin Schwester Regina viele der Tagesgäste mittags zum Essen gehen.
Diesen Vorteil der räumlichen Nähe zur Innenstadt bietet auch das Haus im Müllergässchen. Hierhin möchte der SKM die Wärmestube verlagern, denn die Räume am Unteren Berg sind zwar ideal gelegen, aber marode. Eine Sanierung könne nicht mehr wirtschaftlich umgesetzt werden, so SKM-Vorstandsmitglied Johann Marschall. Das Haus im Müllergässchen gehört der Stadt, die bis vor Kurzem an Privatleute vermietet hat, jetzt steht das – stark sanierungsbedürftige – Gebäude leer. Ein Abriss ist aus Denkmalschutzgründen nicht möglich. Bei einem Umzug würde das SKM rund eine Million Euro in eine Sanierung investieren.
Für die nötigen Arbeiten am Haus habe man bereits eine Förderzusage über eine halbe Million Euro von der Diözese erhalten, weitere Zuschüsse sind beantragt. Geplant ist, das Gebäude auf Basis eines Erbpachtvertrages mit 99 Jahren Laufzeit zu nutzen. Sollte das SKM früher wieder ausziehen würde das Gebäude an die Stadt zurückfallen. „Wir machen keine Luxussanierung, erledigen aber dringend nötige Arbeiten im Innen- und Außenbereich, die das Gebäude auch optisch aufwerten“, erklärt Johann Marschall.
Im Müllergässchen würde das SKM die Übernachtungsplätze von sechs auf acht aufstocken, es gäbe mehr Platz im Aufenthaltsbereich sowie einen kleinen Innenhof, der derzeit verwildert ist. Um die neuen Nachbarn im Müllergässchen frühzeitig über die Maßnahmen aufzuklären, gab es bereits eine Infoveranstaltung. Mit dieser sollten unter anderem Bedenken und Unmut ausgeräumt werden, die Anwohner gegen den Umzug der Wärmestube in „ihre Straße“ angemeldet haben.
Rechtsanwalt Huffschmid, der eine Eigentümergemeinschaft in Schmiedgasse und Unterem Berg in dieser Sache vertritt, erklärt: „Das SKM macht eine wichtige Arbeit und es ist sicher wichtig, diese weiter zu führen“, sagt er – da es in unmittelbarer Nähe aber schon ein „Gratislädle“ gebe und dort zudem einmal in der Woche die Ausgabe der „Tafel“ stattfinde, sei dies zusammen mit der Wärmestube „zu viel für das eigentlich ruhige Eck in der Innenstadt“.
Lärm befürchte man vor allem aus dem Hof hinter dem Haus, außerdem eine mangelnde Aufsicht der Übernachtungsgäste. Die SKM-Vorstandschaft hofft indes auf eine gütliche Einigung. Denn, so Oberin Schwester Regina Winter: „Wir befinden uns derzeit noch in der Planungsphase“. Auf die Anwohner-Bedenken wolle man eingehen, so soll der Hof zum Beispiel nicht an die Übernachtungsräume, sondern an die Wärmestube angeschlossen sein, die um 16.30 Uhr schließt.
Zwar könne eine „Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit“ des Personals nicht gewährleistet werden, es würden aber derzeit andere Möglichkeiten wie Video-Überwachung geprüft, um zum Beispiel zu verhindern dass sich nachts mehr Leute als gestattet im Haus aufhalten.
„Die Innenstadt ist aus Tradition ein Raum, wo man mit seinen Nachbarn auf vergleichsweise engem Raum zusammentrifft“, so SKM-Vorstandsmitglied Regina Winter. Schon jetzt funktioniere der Ablauf aber gut. „Das aktuelle Projekt Wärmestube läuft aus unserer Sicht problemlos“, sagt dazu auch Oberbürgermeister Stefan Bosse.
von Michaela Frisch