Zudem seien zusätzlich regionale Projekte notwendig, wie etwa die Verwendung von Pflanzenkohle oder die Renaturierung von Mooren, so Sebastian Hartmann, Projektleiter von Eza. Eine weitere Zukunftsenergiequelle sieht Müller für das Allgäu in der Nutzung von Wasserstoff. So könne beispielsweise lokal produzierter synthetischer Wasserstoff zu einer Reduzierung der CO2-Emissionen im Dieselzugverkehr im Allgäu beitragen. „Städte, Unternehmen, jeder kann sich klimaneutral stellen und dazu gibt es heute das Startsignal.“ Überraschungsgast Franz-Josef Radermacher, Professor für Informatik an der Universität Ulm und Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, sieht Lösungsansätze in der Technik, etwa im Bereich Heizen oder in der Mobilität durch Verwendung von klimaneutralem Heizöl bzw. Benzin.
Zudem müsse der Bau von Kohlekraftwerken in Afrika durch Technologietransfer vermieden werden. „Afrika soll nicht der ‚schwarze‘ Kontinent werden.“ Die Beweggründe für die Gründung des „Bündnis klimaneutrales Allgäu 2030“ erklärte Sambale. Ansteigende Meeresspiegel und die kontinuierliche Zunahme des Kohlenstoffdioxid-Gehalts in der Atmosphäre belegten unumstritten den Klimawandel. Grönland verliere massiv an Eis, zwischen 2002 und 2016 280 Millionen Tonnen Eis pro Jahr. Wasser nehme die Sonnenstrahlung auf, ohne es wie Eis zu reflektieren. Die damit einhergehende Erwärmung des Meerwassers beschleunige den Klimawandel und dies sei nicht mehr umkehrbar. Man spreche in diesem Zusammenhang auch von Kippelementen. Im Leitbild für das Allgäu wird laut Sambale eine Reduktion der CO2-Einsparungen um 95 Prozent bis 2050 angestrebt. Doch es müsse mehr geschehen und schneller, appellierte er. Die Schlagwörter seien „Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren“. Die teilnehmenden Unternehmen, Kommunen und Institutionen des Bündnisses verpflichten sich, schrittweise bis spätestens zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden.
Unternehmen mit klimaneutralen Zielen
Unternehmen wie etwa Bosch und Daimler haben sich bereits klimaneutrale Ziele bis 2020 oder 2030 gesetzt. Und auch die Bayerische Staatsregierung strebt für 2030 die Klimaneutralität an. Die anschließende Podiumsdiskussion lieferte Einblicke in bereits erfolgreich umgesetzte Klimaschutzmaßnahmen. Einige Vertreter der 26 Unternehmen, die zu den Gründungsmitgliedern des Bündnisses klimaneutrales Allgäu 2030 zählen, stellten ihre Veränderungen vor. Dietmar Wolz, Inhaber der Bahnhof-Apotheke, erzählte von seiner ersten Datenzusammenstellung. Sie habe ihm gezeigt, dass die kleine Kita und die Mitarbeiter-Mobilität in seinem Unternehmen einen großen CO2-Fußabdruck hinterlassen. Damit sei für ihn klar gewesen, dass er daran etwas ändern müsse. Für Stefan Fredlmeier, Tourismusdirektor Füssen, ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit.
Nachhaltigkeit sei ein fester Bestandteil in der DNA des Allgäuers, meinte er. Für ihn gebe es Projekte für mehr Klimaverträglichkeit, ohne große Investitionen. Er setzt auf Regionalität. Der Autozulieferer Swoboda möchte Impulsgeber und Vorbild sein. So habe das Unternehmen bereits seit Jahren ein Energiemanagement, erzählte Geschäftsführer Nikolaus Pfister. Und eine Photovoltaikanlage in Wiggensbach sei für dieses Jahr geplant. Die alten Ölheizungen sollen durch moderne Heizungssysteme ersetzt und auf Erdgas umgestellt werden. Als Pionier auf dem Gebiet Klimaneutralität gilt Andreas Eggensberger vom gleichnamigen Biohotel. Er setzt auf Ökologie, E-Mobilität, Wärmerückgewinnung und 100 Prozent zertifizierte Wasserkraft. Und das hauseigene Blockheizkraftwerk erzeuge Strom und Wärme aus Biogas, das aus landwirtschaftlichen Abfällen und Speisereste gewonnen werde. Durch diese Maßnahmen, so der Hotelier, sei es ihm möglich gewesen, Klimaneutralität mit einer ausgeglichenen CO2-Bilanz zu erreichen.
Christine Reder