Zwei gegen den Rest

Kempten – Obwohl die Sitzungsvorlage ganze 55 Seiten dick und voller interessanter Zahlen und konkreter Anregungen zur Verbesserung der Situation in der Einkaufsinnenstadt ist, spielten diese Aspekte des Einzelhandelskonzepts am Donnerstagabend in der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt keine Rolle.
Stattdessen nutzten die Stadträte die Anwesenheit der Anwälte von Ritter&Kyburz, um einmal mehr zu verdeutlichen, dass es mit ihnen keinen zentrenrelevanten Einzelhandel westlich des Forums geben wird.
Verschärft wurde die ohnehin schon gereizte Stimmung beim Thema „großes Loch“ am Donnerstagabend durch die Anwesenheit von Thomas van der Heide, Anwalt der Schweizer Bauherren. Das veranlasste vor allem Alexander Hold (FW) den Juristen aufzufordern, vor dem Plenum Stellung zu nehmen. Zum Glück blieb van der Heide aber ungeachtet aller Provokationen cool. Wer weiß, in welche Richtung die Diskussion ansonsten ausgeartet wäre.
So konnten die Räte mit den üblichen markigen Phrasen Geschlossenheit demonstrieren. „Beim Thema Einzelhandelskonzept lässt sich der Stadtrat nicht auseinander dividieren“, meinte beispielsweise Alexander Hold. „Die Grenzen sind erreicht“, sagte er. „Wir müssen unsere Linie halten“, forderte Stadtrat Harald Platz (CSU) und Erna-Kathrein Groll von den Grünen ergänzte: „Die Zeit für Kompromisse ist ausgereizt.“ Als ob je ernsthaft versucht worden sei, welche zu finden. Dieter Zacherle (FW) und Bürgermeister Josef Mayr (CSU) sprachen sich ebenfalls vehement dafür aus, keinen weiteren Einzelhandel im Süden zuzulassen. „Wenn wir abweichen, kommt es zu Dammbrüchen“, betonte Mayr und Zacherle konstatierte: „Es gibt keinen Grund, auch nur einen Jota abzuweichen.“ „Wir müssen unseren Weg konsequent fortsetzen“, forderte auch Bürgermeisterin Sibylle Knott (FW).
Leidenschaftliches Plädoyer
CSU-Stadtrat Josef Leonhard Schmid plädierte hingegen leidenschaftlich erneut für einen Kompromiss mit den Eidgenossen. Für die juristischen Auseinandersetzungen habe er keinerlei Verständnis. Angesichts der „hervorragenden Zahlen“ sprach er sich für Einzelhandel in einem bestimmten Umfang auf dem betroffenen Grundstück aus. „Es ist ganz natürlich, dass da Einzelhandel hinkommt – das ist Innenstadt“, betonte er. Außerdem sei der August-Fischer-Platz der „städtebauliche Abschluss“ der Fußgängerzone. „Da gibt es nichts zu verlieren, nur zu gewinnen“, appellierte er. Zu seinen Stadtratskollegen gewandt, sagte er: „Mit gutem Willen ist das machbar. Mit Rechthaberei werden wir nicht weiterkommen. Sie tun nichts Gutes, wenn Sie so radikal handeln.“ Gert Frings von den Republikanern sprach sich ebenfalls für Einzelhandel gegenüber dem Forum und für einen Dialog mit den Investoren unter Leitung eines Mediators („Andreas Kopton von der IHK könnte ich mir gut vorstellen.“) aus: „Dass es dort nie Einzelhandel gegeben hat, stimmt nicht“, erwiderte er auf eine dementsprechende Aussage von Dr. Bauer.
Bei den übrigen Stadträten stießen die Aussagen der beiden naturgemäß auf scharfe Kritik. Lothar Köster (SPD) fragte, wessen Interessen Schmid eigentlich vertrete. Harald Platz sagte: „Ich warne davor, Deals anzustreben.“
Matthias Matz