Seine beiden jüngeren Mitmusiker aus Norwegen und Dänemark, Christian Ihle Hadland am Klavier und Andreas Brantelid am Cello, dienten ihm als Stichwortgeber und schon einmal als Vorspieler von kurzen Beispielproben des folgenden Programms. Die drei Stücke des Abends kündigte er begeistert an und erklärte sie frenetisch aus musikalischer Sicht, so dass man daraufhin – Kehrseite der Medaille – aufgeladen mit einer bestimmten Erwartungshaltung im großen Saal des Theaters seinen Platz einnahm.
Das erste Werk, Erich Wolfgang Korngolds Klaviertrio in D-Dur op.1 aus dem Jahre 1910, Geniestreich eines dreizehnjährigen Wunderkinds, spielten die drei Musiker als einen ruhigen und unaufgeregten Vortrag der komplizierten Partitur. Lag es am zurückhaltenden Spiel der beiden „nordischen“ Musiker an Klavier und Cello? Die in der Einführung erwähnte Tiefe und Komplexität war nicht zu hören. Vor einiger Zeit wurde auf dieser Bühne das Klavierquartett op. 13 von Richard Strauss gespielt, ebenfalls ein Jugend-Erstlingswerk, dort gab es mehr Feuer, Virtuosität und Spannung. Bei Korngold blieb einzig das lyrische Larghetto länger im Gedächtnis.
Auch bei Zoltán Kodálys Duo für Violine und Violoncello von 1914 spürte man eine Differenz zwischen Ankündigung und tatsächlichem Eindruck. Aber diese Differenz war keineswegs uninteressant. Kodálys Werk, das in der Literatur beispielhaft für die Gattung Duo Violine Cello steht, ist ein unmittelbares Ergebnis seiner Untersuchungen zur Pentatonik in der ungarischen Volksmusik. Schmid und Brantelid spielten die drei Sätze dekonstruierend statt zusammenführend.
Da gab es wunderschöne Passagen von Klangfarbenspiel, zartem Flageolett-Duettieren oder lyrisch verhauchten Geigenseufzern, die aber immer so gespielt wurden, dass sie sich voneinander absetzten statt dass sie zusammenwuchsen. Ungeplant unterstützt wurde eine solche Interpretation dann noch durch einen abgespielten Geigenbogen, der von Benjamin Schmid während des mittleren Satzes mit einem lakonischen „I‘ll be back“ hinter der Bühne ausgetauscht wurde. Eine durchaus amüsante Facette des Vortrags.
Nach der Pause dann Tschaikowskys fünfzigminütige Klaviertrio in a-Moll von 1881. Die Ohren der Zuhörerinnen und Zuhörer waren eingestimmt auf die Musik des 20. Jahrhunderts, so dass sich nun ein Traum von romantischer Musik entfaltete. Tschaikowsky entwickelt das lyrische Anfangsthema im Cello zu einem breit angelegten, fast schon sinfonischen Klanggemälde, dem sich nach dem ersten Satz, ein elfteiliger Variationensatz anschließt, der zum Schluss in eine Art Trauermarsch zum Angedenken an Tschaikowskys langjährigen Freund Nikolaj Rubinstein mündet. Große Kunstfertigkeit, breites Ausdrucksspektrum und perfektes Zusammenspiel der drei Musiker! Der Schluss verklang in einem so fein abgestuften pianissimo, dass danach nichts mehr kommen konnte.
Das Publikum war bereits in der Einführung zahlreich erschienen, der Theatersaal war dann bis zu den obersten Rängen gut gefüllt, mitunter wissen die Kemptenerinnen und Kemptener, was sie am Stadttheater und an den Meisterkonzerten haben und zeigen es auch.