Schwung aus München

Kempten – Gemessen am Gästestrom von an die 5000 Menschen beim politischen Aschermittwoch der Sozialdemokraten im Niederbayerischen Vilshofen, hielten sich die Zuhörer in Kempten im überschaubaren Rahmen.
Ziemlich genau 30 Zuhörer waren aus einem größeren Radius ins „Stift“ gekommen, darunter auch eine Reihe Mandatsträger. Die schwache Resonanz begründete die Kreisvorsitzende und Kandidatin für den Bundestag, Katharina Schrader, damit, dass die „SPD hier in den letzten Jahren keinen politischen Aschermittwoch veranstaltet“ habe, und kündigte auch gleich an, die Tradition wieder aufleben lassen zu wollen.
Dass sich die SPD noch mehr vorgenommen hat, verdeutlichte der Hauptredner, Landtagsabgeordneter Harald Güller, Parlamentarischer Geschäftsführer und außerdem Sportpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Wir wollen regieren, in Berlin mit einem Partner, in München mit zwei“, verkündete er selbstbewusst. Frisch aus Vilshofen angereist, wo er an der Seite von Christian Ude und Peer Steinbrück bereits einen Auftritt absolviert hatte, steuerte er auch beim Kemptener SPD-Aschermittwoch Schwung bei. Allzu viele kommunale Themen durfte man allerdings nicht erwarten. Immerhin konnte Güller zwischen den politischen SPD-Zielen für mehr „soziale Gerechtigkeit“ und gelegentlichen Attacken auf das Feindbild „Drehhofer“, wie Horst Seehofer aufgrund seiner „Wendehalspolitik“ – näheres dazu unter www.drehhofer.de, so sein Hinweis – in „Fachkreisen“ genannt werde, doch mit einigen Stippvisiten bei Allgäuer oder sogar Kemptener Themen aufwarten. Zum Beispiel bei der Bildung, die allen Kindern unabhängig vom Geldbeutel der Eltern gleichermaßen offen stehen solle. Da trotz der oft gepriesenen Möglichkeiten, auch später noch auf eine höhere Schule wechseln zu können „drei Mal so viele“ nach unten wechseln würden, statt nach oben, forderte er eine „freiwillige Gemeinschaftsschule“. Während bayernweit 32,9 Prozent der schulpflichtigen Kinder die Mittelschule besuchen würden, seien es in Kempten mit 37,3 Prozent deutlich mehr; 39,8 Prozent würden bayernweit ein Gymnasium besuchen, in Kempten nur 31,3 Prozent, gab er an. „Wir haben hier ein Entfernungsproblem und eins der sozialen Herkunft der Eltern“, nannte er unter anderem als Ursachen. Einen deutlichen Unterschied zwischen Landkreis und Stadt machte er zudem bei den Schülern aus, die im Jahr 2011 „die Schule ohne Abschluss verlassen haben“ und mit vielen Maßnahmen aufgefangen werden müssten: 93 Schülerinnen und Schüler in Kempten, 49 im Oberallgäu. Als kommunales Wahlkampfthema nannte er auch das „Spezialproblem“ GBW-Wohnungen, von denen es 370 in Kempten gäbe. Über den Allgäuer Käse zum Dank für seinen Auftritt jedenfalls freute sich der Gast aus Neuß bei Augsburg. Denn „mit einem Teller“ hätte er nicht noch einmal heim kommen wollen, wie er lachend gestand. Christine Tröger