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»Das wird mal meine Frau«

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Alfred und Marianne Kalkus (Mitte) erhalten an ihrem 65. Hochzeitstag viel Besuch. Zu den Gratulanten zählten auch Tochter Anita (links) und OB Dr. Ulrich Netzer. © Kampfrath

Kempten – Jeden Morgen fuhr Alfred Kalkus mit der Eisenbahn von Tetschen ins 25 Kilometer entfernte Aussig. Der damals 17-Jährige war auf dem Weg zur Ingenieursschule, wo er Maschinenbau studierte. Eines Tages stieg ein rotblondes Mädchen ein, das einem Freund von Alfred Kalkus sofort auffiel.

Als Alfred die junge Frau sah, sagte er sogleich: „Das Mädel wird mal meine Frau.“ Nach mehr als fünf Jahren, am 24. Januar 1948, verwirklichte sich dieser Wunsch in Kempten. Als Marianne König Alfred Kalkus kennenlernte, zierte sie sich zunächst. Die Annäherungsversuche des Studenten waren der damals 18-Jährigen peinlich. Sie hatte Angst, sich vor ihren Freundinnen zu blamieren. „Sie war erst g’schamig“, erinnert sich Alfred Kalkus (Jahrgang 1925). Und seine Ehefrau fügt lächelnd hinzu: „Ich habe ihm lange Zeit nicht geglaubt, dass er so sehr in mich verliebt ist.“ Marianne Kalkus (Jahrgang 1924) besuchte damals die Fachschule für Kindergärtnerinnen in Aussig an der Elbe. Der Ort liegt im heutigen Tschechien und trägt den Namen Usti nad Labem. Letztlich erweichte Alfred Kalkus doch ihr Herz, so dass er endlich auf Gegenliebe stieß. Nach dem Ingenieursstudium wurde Alfred Kalkus von der Wehrmacht einberufen, geriet in Kriegsgefangenschaft und kam schließlich nach Kempten. Marianne hingegen siedelte man 1946 nach Mecklenburg aus, in die damalige sowjetische Besatzungszone. Dort betreute sie in einem Neustrelitzer Kinderheim Heranwachsende jeder Altersgruppe, das heißt, Säuglinge und Lehrlinge inbegriffen. Die Zeit der Trennung von ihrem Freund Alfred Kalkus sollte bald vorbei sein. Zu Weihnachten 1947 holte er sie schließlich nach Kempten, wo sie einen Monat später standesamtlich heirateten. Kurz vor dem Ja-Wort geschah noch ein kleines Malheur: Für ihre Hochzeit bestellte sich die 23-Jährige eine Bluse aus Fallschirmseide. Doch das Paket aus der sowjetischen Besatzungszone kam etwas zu spät in Kempten an. Marianne (Noch)-König musste also eine andere Bluse anziehen, die sie noch schnell bügeln wollte. Dabei verbrannte sie wegen ihrer Eile mit dem Bügeleisen den Kragen der Bluse. Den Schaden konnte sie aber wieder etwas ausbessern. Nach der Eheschließung ging es zu viert zum Haubenschloß ins damalige Café Hummel. Dort aßen sie Entenbraten aus dem Glas, den Alfred Kalkus’ Eltern eingekocht hatten. Außerdem gab es Kuchen mit Heidelbeeren, Knödel mit Rhabarber und Pfefferkuchen – „auf Brotmarken“, erzählt Marianne Kalkus. Das Festmahl″ endete mit einer Schneeballschlacht vor dem Haubenschloß. 

»Eine gute Familie« 

„Da es keine Blumen bei unserer Heirat gab, versprach er, mir an jedem Hochzeitstag Blumen zu schenken“, so Marianne Kalkus. An das Versprechen habe sich ihr Mann tatsächlich immer gehalten. „Nur einmal habe ich die Blumen gekauft, da ich es selbst so wollte“, erklärt die 88-Jährige. Seit 1970 wohnt das Paar in Lenzfried im Schillingweg. Bei ihrer Eisernen Hochzeit schmückt ein ganzes Blumenmeer den Wohnzimmertisch. Tochter Anita Kalkus (62), die Enkel Philipp und Elena (beide 30) und Urenkel Julian (10) zählen zu den Gratulanten. Letzterer schrieb einen Brief an seine Urgroßeltern, über den sich die beiden am meisten freuten. „Er schenkt uns Liebe. Wir haben eine gute Familie“, sagen Alfred und Marianne Kalkus einhellig und lachen dabei einander an. OB Dr. Ulrich Netzer (CSU) überraschte das Paar mit einem Geschenkkorb, einem Blumenstrauß und dem Glückwunschschreiben des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Bundespräsident Joachim Gauck hatte den beiden per Post gratuliert. So viel Aufmerksamkeit war Marianne Kalkus, die wie ihr Mann eine leidenschaftliche Fotografin ist, fast schon unangenehm. „Wir lieben Kempten und die Berge“, betont ihr Mann, der bis heute sehr gern Auto fährt. „Wir fühlen uns auch gut, oder“, fragt er seine Ehefrau. „Ja, wenn man das Schlechte weglässt“, antwortet sie lachend. Franziska Kampfrath

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