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Mehr als nur ein Held

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Am vergangenen Samstag feierte „Robin Hood“ auf der Freilichtbühne Altusried Premiere. Noch bis zum 21. August ist das Stück dort zu sehen. © Ulsperger

Altusried – Zum Schluss der Aufführung von „Robin Hood“ am Premierentag erhob sich das Publikum von den Sitzen und spendete minutenlangen Beifall für eine grandiose Leistung aller Akteure. Regisseur Dominik von Gunten ist es mit seiner Inszenierung prächtig gelungen, eine kraftvolle Geschichte zu erzählen.

Es gibt wohl kaum jemand, der die Ballade von Robin Hood nicht kennt. Von Gunten und sein Team besetzt die Legende über Reiche und Arme und deren Kampf gegen Ungerechtigkeit und für Freiheit mit aktuellen Bezügen, baut überraschende Effekte ein und holt damit die Geschichte in die Gegenwart. Robin Hood, so wie er auf der Bühne in Altusried interpretiert wird, ist nicht nur ein Held, sondern auch ein Idealist, in dessen Bande auch Flüchtlingen Asyl gewährt wird.

Die Geschichte der Reihe nach: Auf dem Sonnenwend-Markt verkündet der Earl of Nottingham (Christian Kaps) die bevorstehende Vermählung seiner Tochter Marian (großartig: Martina Schmidt-Klüpfel) mit einem französischen Grafen. Dem Earl zu Diensten stehen ­Speichellecker und Schergen sowie der Fiesling Lord Sheriff (Roland Wintergerst), der im Laufe des Geschehens Robin Hood das Leben noch schwer machen wird. Anlässlich der Verlobung findet ein Bogenschussturnier statt, an dem Robert Locksley (Sebastian Heerwart) alias Robin Hood und Will Scarlett (Hape Müller), sein alter Freund, teilnehmen. Ab hier beginnt das Drama: es kommt zum Streit und Robin Hood tötet Gattlin of Guisborn. Robin flieht zu den Geächteten in den Wald. Es kommt zum Kampf. Little John (Elmar Luger), ein Haudegen, der die Gruppe führt, besiegt Robin zwar, rückt dennoch ins zweite Glied, und hält fortan Robin den Rücken frei. Allmählich entwickelt sich dieser zum Anführer der Gesetzlosen und übernimmt Verantwortung. Vor ihrer arrangierten Hochzeit will Countess Marian den Zwängen des Hofes noch einmal entfliehen und reitet mit ihren Hofdamen aus. Dabei geraten sie in die Hände der Widerständler. Dank der Hilfe von Robin, der sofort von Lady Marian fasziniert ist, gelingt es jedoch der schlagfertigen Countess zu entkommen. Unter den Geächteten entwickelt sich immer mehr Solidarität und die Bande beginnt, Geld zu erbeuten und dies mit der Landbevölkerung zu teilen. Die Staatsmacht erhöht die Steuern. Für das Ergreifen von Robin Hood wird eine Belohnung ausgesetzt. Um Marian wieder zu sehen, nimmt Robin Hood am Bogenschuss-Turnier teil, wo er trotz Verkleidung enttarnt wird. Er kann entkommen, gerät jedoch in die Hände von Lord Sheriff und wird aufs Gemeinste erpresst, damit er Robin und dessen Kumpane verrät. Soweit kommt es allerdings nicht. Das Happyend: als Jüngling verkleidet kann Lady Marian die Männer im Wald rechtzeitig warnen. Letztlich ist sie die Heldin und nicht ein Mann. Für die Dramaturgie von „Robin Hood“ wurde die Bühne in zwei Hälften aufgeteilt. Getrennt durch einen Graben befindet sich auf einer Seite die Festung Nottingham, auf der anderen Seite liegt der Sherwood Forest. Szenisch hervorragend gelöst wird das in dem Stück überraschende Auftauchen von den toten Kindern – all‘ diejenigen, die in den Kriegen getötet wurden – die urplötzlich aus dem Graben empor steigen und den im Sherwood Forest Lebenden zeigten, wie man richtig stiehlt. Das Bühnenbild entstand nach einer Idee von Philipp Nicolai. Das umliegende Gelände zur Naturbühne – Hügel, Bach und Bäume – wurde als Kulisse mit einbezogen.

Autor Christian Schönfelder und Dramaturgin Christa Hohmann schufen ein ansprechendes und spannendes Skript. An Stellen, wo es der Stoff zulässt, bauen sie etwas Humor ein. Auch Letzteres ist gut gelungen. Wenn zum Beispiel der Barde Richard laufend am Musizieren gehindert wird und deshalb bei den mehrmals in Aktion tretenden singenden Nonnen mitmachen und sogar dem Orden der Klosterfrauen beitreten will, weil die Geächteten so unmusikalisch seien, kann man sich das Lachen nicht verkneifen.

Komponist Rainer Bartesch verpasste dem Bühnenstück ein stimmiges Klangkonzept. Eingängige Melodien und charakteristische Töne untermalen das Geschehen und geben ihm Tiefe. Über 30 Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Gertrud Hiemer-Haslach sorgen für Live-Musik. Am Schluss der Aufführung intonieren die über 400 Mitwirkenden vor den 2300 Besuchern ein Lied, in dem sie eindringlich eine bessere Welt beschworen.

Den Zuschauern wurde bei der Uraufführung nahezu drei Stunden lang ein Augen- und Ohrenspektakel geboten. Sogar Cheerleader traten im „Vorprogramm“ zum Bogenschusswettbewerb auf. Das Ensemble bewegte sich auf der Bühne oder auf dem stark abfallenden hügeligen Gelände. Ein Dorf wurde gebrandschatzt, Wilddiebe wurden misshandelt und Menschen flohen schreiend vor den Schergen. Schwerter wurden gekreuzt und Pfeile abgeschossen. Auch Reitszenen fehlten nicht.

Schirmherrin der Veranstaltung, Bayerns stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner, die die Veranstaltung zusammen mit Rathauschef Joachim Konrad eröffnete, stellte in ihrer Rede fest, dass die Altusrieder einen besonderen Hang zum Thema Freiheit haben. Dies zeige sich in der Stückeauswahl der vergangenen Jahre.

Hildegard Ulsperger

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