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PV-Anlage am Bachtelweiher für Kemptener Busverkehr ist raus

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Von: Christine Tröger

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Freiflächen-Photovoltaik
Der Kemptener Stadtrat stimmte mit knapper Mehrheit gegen eine PV-Anlage am Bachtelweiher und favorisiert nun einstimmig den Standort A7. (Symbolfoto) © archiv

Kempten - Die eigentliche „Bombe“ war wie berichtet bereits im Bauausschuss geplatzt, als das von den beiden Busunternehmern Helmut Berchtold und Martin Haslach bereits erworbene Gelände am Bachtelweiher knapp und unerwartet aus der Planung für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit Ladestation für E-Busse geflogen war. Vergangenen Donnerstag nun war der gesamte Stadtrat am Zuge und beerdigte das dort anvisierte Projekte nach langer, hitziger Diskussion – ebenfalls knapp – endgültig.

Einstimmig hatte er einen Tagesordnungspunkt zuvor noch für das alternative, eigentlich parallel gedachte, Bauleitverfahren für ein in städtischem Besitz befindliches Grundstück an der A7 gestimmt. Während die eine Seite nicht müde wurde zu betonen, dass der Antrag für die auslaufende Förderung nur noch mit dem Grundstück am Bachtelweiher gestellt werden könne, zeigten sich die anderen besorgt darüber, dass es am Ende auch bei diesem, ihres Erachtens landwirtschaftlich zu wertvollen, Gelände bleiben könnte. Einige fühlten sich auch regelrecht unter Druck gesetzt.

Als einen „sehr erstaunlichen Vorgang“ bezeichnete Sibylle Knott (parteilos für die CSU) den Vorgang, dass der Stadtrat hier ein Bebauungsplanverfahren einleite – wie berichtet so geschehen in der Februar-Sitzung des Stadtrats – und der Bauausschuss zu einer anderen Meinung komme. Bleibe es beim Aus für den Bachtelweiher, sei die Chance für Kempten mit einem CO2-neutralen ÖPNV „eine Vorreiterrolle einzunehmen“ vertan und „das Projekt gestorben“. Ob an anderer Stelle überhaupt Eigentum geschaffen werden könne, sei ungewiss, so Knott. Würden beide Standorte untersucht, „halten wir uns lediglich alles offen“, ohne sich schon auf einen Standort festzulegen.

Walter Freudling (AfD) konnte sich vorstellen, diesmal für den Bachtelweiher zu stimmen, wenn er „ein klares Signal“ für einen Grundstückstausch bekomme. „Das“, antwortete Oberbürgermeister Thomas Kiechle, „ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.“

Entscheidung über Photovoltaik-Anlage für Kemptener ÖPNV stellt Räte vor „echtes Dilemma“

Katharina Schrader (SPD) vermisste erneut ein Gesamtkonzept für PV-Freiflächenanlagen, das für alle verbindlich festlege, „wo wir in Kempten PV-Freiflächenanlagen haben wollen“.

Michael Hofer (UB/ödp) befand sich in einem „echten Dilemma“ und erinnerte daran, dass die entscheidende Stimme im Bauausschuss, die den Bachtelweiher aus dem Rennen geworfen habe, von einem leider nun nicht anwesenden CSU-Stadtrat und Landwirt gekommen sei. Eine Fläche mit PV-Anlage sei für die Landwirtschaft verloren und die Gefahr, dass es am Ende zu keinen Grundstückstausch komme, „ist mir zu groß“.

Aus Sicht Kiechles könne es auch „der Todesstoß“ für Landwirte sein, die nicht weniger wertvolle Pachtflächen als die am Bachtelweiher in solch einem 200-Meter-Korridor wie dem an der A7 hätten. Das sah auch Tatjana Preuß (AfD) ähnlich: Die Argumente der Flächenfraß-Demo hätte man ihres Erachtens auch bei der Fläche an der A7 hernehmen müssen. „Das stinkt mir.“

„Wir reden über 40 Millionen Euro“, verdeutlichte Thomas Kreuzer (CSU), dass das Projekt ohne den Zuschuss nicht umgesetzt werden könne. Laut Theo Dodel-Hefele (Grüne) ist die Ladestation für E-Busse in der Förderung allerdings noch gar nicht enthalten.

„Erst die Dächer, dann die Fläche“

3. Bürgermeisterin Erna-Kathrein Groll (Grüne) störte sich daran, dass so getan werde, als könne man die Elektrifizierung des ÖPNV nur dann realisieren, wenn dem PV-Standort Bachtelweiher „heute zugestimmt wird“.

Für Landwirtschaftsbeauftragte Gerti Epple hat die Energiewende dagegen „viele Formen“, die es zu berücksichtigen gelte. Deshalb halte sie es mit „erst die Dächer, dann die Fläche“.

Alexander Hold (Freie Wähler-ÜP) warf den Bachtelweiher-Befürwortern drei „Nebelkerzen, um einzuschüchtern“ vor:
1. Es handle sich um zwei gleichwertige Flächen;
2. die Zuschüsse gingen verloren, sollte in der Sitzung keine Entscheidung fallen. Am Bachtelweiher sei „nicht annähernd so schnell Baurecht zu bekommen wie an der Autobahn“.
3. Das städtische Grundstück an der Autobahn könne, anders als suggeriert, jederzeit an Interessenten verkauft werden.

Die vermeintlichen Nebelkerzen wollte Dr. Dominik Spitzer (FDP) seitens der Verwaltung beurteilt haben. Baureferent Tim Koemstedt zufolge bräuchte es an der Autobahn eine Befreiung vom „rechtsgültigen Bebauungsplan“, während „die Privilegierung“ am Bachtelweiher „nicht mehr greift“. Seines Wissens, so Wirtschaftsreferent Dr. Richard Schießl, sei ein möglicher Flächentausch in den Antrag aufgenommen und ein Verkauf „grundsätzlich immer möglich“.

Knappes Abstimmungsergebnis

Lajos Fischer (Grüne) fand es vor allem „erstaunlich, dass niemand in der Verwaltung den Inhalt des Förderantrags kennt“. Sollte nämlich die Förderung tatsächlich an die Fläche am Bachtelweiher gebunden sein, „ist das jetzt eine Scheindiskussion“. Oberbürgermeister Thomas Kiechle betrachtete es als „normal“, den Inhalt nicht zu kennen, „warum auch“.

Die Entscheidung des Stadtgremiums fiel mit 22 zu 19 Stimmen gegen eine weitere Prüfung des Projektes am Bachtelweiher aus – da half auch mehrfaches Nachzählen nicht.

Kommentar:

Ob die Entscheidung sinnvoll ist oder nicht, sei dahingestellt. Offensichtlich wurde, dass der Diskussion ein gewaltiges Kommunikationsproblem zugrunde lag und die einen den anderen schlicht nicht (mehr) über den Weg trauten. Als Betroffener saß Gremiumsmitglied Helmut Berchtold bei Diskussion und Abstimmung zwar auf der Zuschauerbank. Eine Bitte um Rederecht, um Inhalte des Förderantrags offenzulegen, wäre ihm sicher nicht verwehrt worden und hätten das Ruder möglicherweise herumreißen können. Von den Investoren Berchtold und Martin Haslach, die das abgelehnte Grundstück bekanntlich bereits erworben haben, muss das Abstimmungsergebnis erst einmal verdaut werden. Ob die Chance für Kempten tatsächlich verloren ist, wird man sehen.

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