Das Geld wurde (und bleibt) knapp – auch beim Landkreis. Und das, wo so viele Bau- und Sanierungsprojekte in der Pipeline stehen. Der Forderung der Kreisverwaltung nach einer Kreisumlage von satten 57 Prozent stellten sich die Kreisräte aber mit Erfolg entgegen: Am Ende wurden es ‚nur‘ 52 Prozent.
Dennoch, ein paar Großprojekte konnten abgeschlossen werden: Im Sommer war wieder Jauchzen aus dem neuen Freibad Greifenberg zu hören. Die Wolfgang-Kubelka-Realschule ist saniert. Und auch das Feuerwehrausbildungszentrum in Pürgen öffnete seine Pforten für die Floriansjünger samt Nachwuchs.
In Landsberg teilten sich die Meinungen über diverse Projekte. Der als Übergangslösung geteerte Hinteranger wurde mit „schön leise“ oder „hässlich“ tituliert. Die Bürgerbeteiligung zur nördlichen Altstadt stieß auf Interesse, aber auch Kritik und Enttäuschung. Zwei besonders große Zankäpfel standen mit Schlossbergschule und Inselbad auf dem Programm:
Zu Beginn des Jahres war die Einigkeit in Sachen Schlossbergschule noch groß. Gegenwind erhob sich im März, als klar wurde, dass der Anbau im Norden vier Meter höher ausfallen würde. Zum Schutz der vermuteten Bodendenkmäler sollte auf eine Unterkellerung verzichtet werden – dafür müsse es höher hinausgehen. Nun aber standen stadtbildprägende Blickbeziehungen in Frage. Und die Bodendenkmäler sahen der Historische Verein und weitere Gegner des Nord-Anbaus durch die Umplanung nicht geschützt, sondern nach wie vor der Zerstörung anheimgegeben. Im Sommer gründete sich die Bürgerinitiative (BI) „Rettet den Schlossberg“ und begann mit der Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren. Der Stadtrat kam der BI zuvor und setzte via Ratsbegehren den Bürgerentscheid an. Am 4. Dezember waren die Lechstädter an die Urnen gerufen – doch viel zu wenige kamen. Das Abstimmungsergebnis fiel zwar im Sinne der BI aus, doch da das Quorum deutlich verfehlt wurde, ist der Sieg nichts wert. Die ursprünglichen Planungen können weitergehen.
Auch beim Inselbad schlugen die Wellen hoch. Dem schönen Sommer und dem Wegfall der Corona-Beschränkungen sei Dank aber erst die gute Nachricht: Mit 100.000 Besuchern kehrte nach den zwei Pandemie-Jahren die Normalität zurück. Über die anstehende Sanierung des 50 Jahre alten Bades und die geplante Errichtung eines neuen Gebäudes samt Ganzjahres-Gastronomie wurde indes heftig gestritten. Im August gründete sich eine Interessensgemeinschaft (IG) Inselbad. Sie forderte die Beibehaltung der Becken-Anordnung und weiterhin eine Terrasse für Badegäste im Obergeschoss des Neubaus – mit Blick auf die Schwimmbecken, den Mutterturm und das Lechwehr. Die IG unterstrich ihre Forderungen mit 1.600 gesammelten Unterschriften.
Aber es gab auch Harmonie. Denn ein bisschen Waldheim schwingt neuerdings in jeder Stadtratssitzung mit. Die imposante Handglocke, mit der OBin Doris Baumgartl die Gremiumssitzungen eröffnet, ist ein Geschenk ihres Amtskollegen Steffen Ernst aus der sächsischen Partnerstadt. Umgekehrt kann man sich auf Waldheims Marktplatz nun auf einer Landsberger Sitzbank ausruhen. Ausgetauscht wurden die Geschenke dann beim 30-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum im September.
Die Städtepartnerschaft Landsberg–Waldheim entstand bereits kurz nach dem Mauerfall auf Initiative der Sandkastenfreunde Jost Handtrack und Dietmar Hack. Im November 1990 wurde die Partnerschaftsurkunde in Waldheim unterzeichnet, im Juni 1991 in Landsberg. Die Lechstadt leistete ihrem sächsischen Partner Hilfe beim Aufbau der Verwaltung, Landsberger Firmen bauten Wohnungen in Waldheim und nahmen Azubis von dort auf.
Delegationen trafen sich zum Besuch des Oktober- und des Ruethenfests. Bis heute gibt es viele Kontakte und Freundschaften zwischen Privatleuten, Vereinen und Betrieben – und nicht zuletzt den Sachsenstammtisch, bei dem Lechstädter und Waldheimer regelmäßig zusammenkommen.
In Dießen war der gewonnene Bürgerentscheid gegen den Ausbau des Behelfsparkplatzes Rotter Straße der Aufreger des Jahres. Mit abenteuerlichen Warnungen wie dem drohenden „Zubetonieren einer Blühwiese“ gingen Klimalobby, Bund Naturschutz, Alpenverein, Jugendbeirat und Heimatverein auf Unterschriften-Fang. Bei dem vom Heimatverein veranstalteten Weihnachtsmarkt mit dem geöffneten Behelfsparkplatzes gab es für einen Obolus von zwei Euro die Quittung in Form einer Matschwiese. Gabriele Übler (Grüne) und ihre Mitstreiter befürchten jetzt, dass die Marktgemeinde nach der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Sperrfrist von einem Jahr die Ausbauplanungen wieder aufnimmt.
Doppeltes Glück hatten zwei Kinder des Schondorfer Bürgermeisters Alexander Herrmann beim Erwerb von zwei günstigen Wohnungen auf dem Prix-Gelände, die für Normalverdiener aus der „ortsverbundenen Bevölkerung mit besonderem Bedarf“ gedacht waren. Entgegen den Regeln hatte ein Bürgermeister-Kind die Wohnung zur Vermietung angeboten. Nach einem medienträchtigen Aufschrei in der Bevölkerung ließ Herrmann den Sachverhalt von der Rechtsaufsicht im Landratsamtes prüfen. Ergebnis: Beim Kauf sei alles korrekt abgelaufen. Bei künftigen Absichten für Vermietung oder Verkauf innerhalb der Haltefrist wurden jetzt auf Druck des Gemeinderats neue Regeln aufgestellt.
Mit dem letzten Glockenschlag in der Silvesternacht endet das Jubiläumsjahr zum 900. Geburtstag der Gemeinde Utting. Obwohl Spuren menschlicher Besiedlung bis ins zweite Jahrhundert vor Christi zurückgehen, wurde „die Siedlung des Utto“ 1122 erstmals urkundlich erwähnt. Heute ist es „das Dorf des Florian“ mit 4.887 Einwohnern. Die waren gefühlt alle auf den Beinen in der Jubiläumswoche mit Festzelt und viel P=rogramm. Beim Fischerstechen musste Bürgermeister Florian Hoffmann Wasser statt Festbier schlucken, als er unsanft in den Ammersee befördert wurde. Das fröhliche Feiern blieb in der Folge nicht ohne Nebenwirkungen mit überdurchschnittlich vielen Corona-Erkrankungen.
Im Lechrain stapelten sich die Bürgerentscheide. Obermeitingen und Egling stimmten über einen Discounter auf der grünen Weise ab. Und in Denklingen gab es gleich zwei Bürgerentscheide. So hatte sich im Mai ein Drittel der 2.250 Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligt, die sich gegen eine massive Bebauung im Ortskern richtete. Konkret ging es um das Quartier Bahnhof-/Industriestraße. Die zwei Mehrfamilienhäuser mit 24 Wohnungen, die der Investor neben den bereits 60 neu errichteten Wohnungen bauen wird, sind dennoch nicht zu verhindern, weil die Genehmigung dafür vom Landratsamt erteilt ist. Die Initiatoren bewerteten den Ausgang des Bürgerentscheids aber als klares Signal an die Gemeinde, die notwendigen Schritte einzuleiten, „damit sich sowas nicht wiederholt“.
Den zweiten Bürgerentscheid hat die Gemeinde selbst über ein Ratsbegehren angestrengt. Mitte November war die Wahlbeteiligung mit 42 Prozent niedrig, obwohl es um das emotionale Thema Windkraft ging. 70 Prozent waren für die Errichtung von bis zu sechs Windrädern in einer Konzentrationsfläche westlich von Dienhausen, wenn sich die Gemeinde und die Bürger an einem Betreibermodell beteiligen können.
In Fuchstal ging der Wärmetopf in Betrieb. Der Batteriespeicher auf dem Gelände der Energiezukunft Fuchstal hat ein Volumen von 3,2 Megawattstunden, der Wärmetopf fasst 5.000 Kubikmeter – rund 25.000 Badewannen. Dort können 163 Megawattstunden gespeichert werden. Das ist die Menge, um 130 Abnehmer – samt Schulzentrum und künftigem Seniorenheim – einen Monat lang zu versorgen. 5,9 Millionen Euro wurden in Batteriespeicher und Wärmetopf investiert, drei Viertel kommen als Zuschuss vom Bund.
Aus Kaufering gab‘s zum Jahresende noch eine schlechte Nachricht: Weil die Schlingnatter im Gleisbereich lebt, verzögert sich der barrierefreie Ausbaue um nochmal mindestens ein Jahr – und das, obwohl er schon seit 20 Jahren in Angriff genommen werden soll. Dafür wurde die Fuchstalbahn leicht angeschubst: Der Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau sagt ja zur Potentialanalyse – und bringt den Zug so wieder ins Rollen.
Endlich wieder: eine Formulierung, die 2022 auf einiges zutraf. Zum Beispiel auf die Kreiskulturtage, die unter Annunciata Forestis Leitung gut zwei Wochen voller Kultur bescherten. Die Kulturförderpreise konnten an die Frau und den Mann gebracht werden. „Endlich wieder“, sagten sich die Fieranten, die auf den Töpfermärkten in Dießen und Landsberg ihre Waren präsentierten – und auf große Resonanz stießen: Sowohl am Ammersee im Mai als auch am Lech im Juli waren die Märkte bestens besucht. Am zweiten Juliwochenende tuckerten nach vier Jahren Pause auch die Schnauferl bei der Herkomer Konkurrenz endlich wieder durch den Landkreis. Und im August zeigten Deutschlands beste Radsportlerinnen bei den European Championships, wie Arena-tauglich der Hauptplatz sein kann. Parallel zum Radlspaß gab es auch wieder ein Stadtfest – unter dem neuen Namen ,LechStadtLive‘.
Zu dem kam dann auch Landsbergs aktuell wohl berühmtester Bewohner: SingerSongwriter Malik Harris zauberte auf dem mit Fans bis zum letzten Eckchen gefüllten Hauptplatz ein Lichtermeer mit guter Stimmung – dabei natürlich auch sein Eurovision-Song „Rockstars“. Dass der den letzten Platz im Song Contest 2022 machte, war an diesem Abend kein Thema.
Große Namen und herausfordernde sowie unterhaltsame Stücke waren auf der Bühne des Stadttheaters zu hören und zu sehen. Abdullah Ibrahim begeisterte am Piano, Billy Cobham an den Drums. Mit dem Theater an der Ruhr und dem Neuen Globe Theater aus Potsdam kamen wieder Stammgäste in die Lechstadt. Lokale Formationen zeigten ihr Können: Die Junge Bühne mit ihrem Märchenfilm „Rapunzel in Quarantäne“ und dem Stück „Das Casting“; Viva Randerscheinungen feierten mit „Mondlicht“ ihr Zehnjähriges. Ein neues Format sorgte für frischen Wind und erinnerte an das Landsberger Label „Hausmusik“: das Festival „: machen1“ lockte mit genreübergreifendem Angebot bis hin zum Abtanzen über zwei Tage zahlreiche Gäste an.
Schließlich noch der krönende Abschluss des Jahres – auch ein „endlich wieder“: Der Christkindlmarkt in Landsberg und anderen Kommunen im Landkreis durfte stattfinden, im entzerrten Coronakonzept samt Christkindl oder auf ganz traditionelle Art und Weise.
Was 2023 bringt, bleibt abzuwarten. Einfach wird es nicht. Der Krieg in der Ukraine dauert an und zeigt Wirkung – hierzulande vor allem durch die Notwendigkeit zum Sparen. Der KREISBOTE wünscht dennoch ein möglichst fried- und freudvolles 2023. Machen wir das Beste draus.