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„Spaziergang in die falsche Richtung“: Bündnis fordert Richtigstellung des Landrats

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Von: Susanne Greiner

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PK Bündnis für Solidarität und demokratie Landsberg
Das „Bündnis für Solidarität und Demokratie“ wünscht sich eine Richtigstellung des Landrats. Mit dabei (v.l.) Eva Alisa Jung (lbb), Gabriele Triebel (Grüne), Manuel Stede (lbb), Zweiter Bürgermeister Moritz Hartmann (Grüne), Stadträtin Petra Kohler-Ettner (CSU), Dritter Bürgermeister Felix Bredschneijder (SPD), Patrick Bober (lbb) und Roland Kronbauer (Die Partei). © Greiner

Landsberg - Die aktuelle Allgemeinverfügung (AV) des Landratsamtes Landsberg verweist auf eine „angespannte, unstrukturierte Situation auf dem Hauptplatz“ bei den Demonstrationen am vergangenen Montag, die vor allem durch das „provozierende Verhalten der Teilnehmer des Bündnisses gegenüber den Spaziergängern“ verursacht worden wäre. Das „Bündnis für Solidarität und Demokratie“ widerspricht - und fordert mit der Pressemitteilung „Spaziert der Landrat in die falsche Richtung?“ eine Richtigstellung seitens Landrat Thomas Eichinger. Gegen die AV klagen werde man aber nicht.

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In einem weiteren Video am Montag reagierte Eichinger auf die Stellungnahme des Bündnisses. Er ging darin aber vor allem auf den abgesperrten Bereich für das Bündnis ein, der mit dem Bündnis abgesprochen war. Den Vorwurf der von Bredschneijder geäußerten „Käfighaltung“ könne er deshalb nicht verstehen.  Auch den Vorwurf, er stelle sich auf die Seite der Maßnahmenkritiker, wies Eichinger weit von sich und verwies auf seiner erfolg­reiche Politik zur Eindämmung der Pandemie seit zwei Jahren. Eichinger lud auch zu einem online-Gespräch am Donnerstag ein. Hier könnten Fragen zu den Maßnahmen beantwortet werden. Das Angebot wurde in Telegram-Kanälen registriert, öffentlich bisher aber nicht weiter diskutiert.

Das Landratsamt habe für die Demonstration gegen die nicht angemeldete Versammlung der Coronamaßnahmen-Kritiker zwei Möglichkeiten vorgeschlagen, teilt das „Bündnis“ bei der Pressekonferenz mit, die heute kurzfristig anberaumt wurde: mit einer kompletten Absperrung des Hauptplatzes oder so, wie jetzt geplant, durch eine Absperrung eines Bereiches auf dem Hauptplatz durch Gitter, wobei die Wege um die Absperrung herum (zum Beispiel entlang der Seite des Rathauseinganges) für Passanten frei sind. Man habe sich für Letzteres entschieden, da man den Verkehr nicht behindern wolle. Das Verbot nicht angemeldeter Versammlungen in der aktuellen AV beziehe sich nun nur noch auf den Bereich, in dem sowieso eine angemeldete Demonstration stattfinde. Während alle anderen Bereiche für die „Spaziergänger aktiv freigehalten werden“, so Landsbergs Zweiter Bürgermeister Felix Bredschneijder (SPD), dürfe man sich jetzt „in Käfighaltung auslachen lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob das zumutbar ist.“ Man habe sich überlegt, gegen die AV zu klagen, verzichte aber darauf, weil man nicht die gleichen Mittel wie die „Spaziergänger“ anwenden wolle. Als Bündnis werde man morgen „stationär“ in dem zugewiesenen Bereich die Gegendemonstration abhalten. Man könne aber verstehen, wenn sich andere Demonstrationswillige diese Situation „nicht zumuten wollen“.

Gegen was man sich als Bündnis insbesondere wehren wolle, seien die „Falschbehauptungen“ in der AV. „Hier werden Tatsachen komplett verdreht.“ So seien die Verkehrsbehinderungen nicht von den Teilnehmern der Gegendemonstration ausgegangen, sondern von den „Spaziergängern“, als diese am Hauptplatz die Straße überquerten. Man sehe nicht, warum man als „Provokateur“ der angeblich „angespannten, unstrukturierten“ Situation auf dem Hauptplatz bezeichnet werde. „Plakate und Sprechchöre gehören zu einer Demonstration“, äußert sich Zweiter Bürgermeister Moritz Hartmann (Grüne). Auch die Pressemitteilung zur Situation am vergangenen Montag des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, verantwortlich für Landsberg, zeige ein anderes Bild. Hier stehe, dass es „keine Anzeigen nach Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrecht“ gegeben habe. Stattdessen habe man „17 Personen aus den Reihen des nicht angemeldeten Aufzuges“ auffordern müssen, die Wegstreckenführung der Polizei einzuhalten, ist in der Pressemitteilung zu lesen.

Für den morgigen Montag die Altstadt für unangemeldete Versammlungen nicht zu sperren, sei eine „verpasste Chance“, ist das Bündnis überzeugt. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes München zeige, dass so ein Verbot rechtlich durchsetzbar sei - allein anhand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch das Nichteinhalten der Infektionsschutzmaßnahmen seitens der Teilnehmer der nicht angemeldeten Versammlung. Wie berichtet, wurde bei den „Spaziergängen“ an den vergangenen Montagen der Sicherheitsabstand oft nicht eingehalten, ohne dass deshalb Masken getragen wurden.

„Die aktuelle Allgemeinverfügung ist ein trojanisches Pferd“, sagte Bredschneijder. Die AV gebe vor, die Gegendemonstranten zu schützen, gebe letztendlich aber „freies Geleit für die Spaziergänger durch Landsbergs prominenteste Route“. Man wolle nicht, dass Landsberg zur „Hauptstadt der Spaziergänger und Stadt des Rechtsbruchs“ werde. In Videos auf Telegram werde bereits darauf hingewiesen, wie „entspannt“ das „Spazierengehen“ in Landsberg sei. Ebenso riefen die „Spaziergänger“ auf Telegram dazu auf, Landrat Thomas Eichinger (CSU) mit positiven Kommentaren zu seinen Landrat-Live-Videos „Mut zuzusprechen“. Aufgrund der AV frage man sich schon, „wem möchte der Landrat hier eigentlich gefallen?“

CSU-Stadträtin Petra Kohler-Ettner betonte, dass selbstverständlich jeder das Recht habe, seine Meinung zu äußern und dafür auch auf die Straße zu gehen, „aber angemeldet“. Grünen-Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel wies nochmals auf die Äußerungen des Innenministers Joachim Herrmann hin: Die „Spaziergänge“ seien natürlich Versammlungen, die Pflichten einhalten müssten wie die der Anmeldung. Zudem würden durch diese Versammlungen die Narrative der rechtsgerichteten Teilnehmer, die nach Herrmann durchschnittlich rund sieben Prozent ausmachen, in die Öffentlichkeit getragen. Sie fordere Landrat Eichinger deshalb auf, sich auf die Seite der Demokratie zu stellen.

Roland Kronbauer (Die Partei) resümierte, dass gemäß dieser AV es für die Allgemeinheit wohl weniger gefährlich sei, in einer großen Menge „Freiheit brüllend“ durch die Straßen zu gehen, als sich für die Demokratie einzusetzen. Die beiden anwesenden Vertreter der Initiative „Landsbergbleibtbunt“ betonten, man habe sich seit jeher an die Absprachen mit dem Landratsamt gehalten. „Jetzt stellt man uns als Unruhestifter und Staatskassenbelaster dar.“ Man weise nochmals darauf hin, dass ein Großteil der „Spaziergänger“ nicht aus Landsberg komme. Zudem habe man zahlreiche Berichte erhalten, dass Eltern ihre Kinder am Montagabend nicht mehr unbegleitet zur Musikschule lassen wollten oder dass Passanten sich von den „Spaziergängern“ belästigt fühlten, teilweise sogar bedroht.

Sollten die unangemeldeten Demonstrationen in Landsbergs Innenstadt untersagt werden, habe man auch keinen Grund mehr für eine Gegendemonstration, schloss Bredschneijder. „Denn am liebsten wäre uns allen, dass bei Inzidenzen von über 1.600 niemand mehr in Massen auf de Straße geht.“

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