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Landwirtschaft mit Doppelproblem

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Von: Dieter Roettig

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AgrarFORUM 2023
Glückwunsch für den eindrucksvollen Vortrag (von links): Sparkassen-Vorstand Roland Böck, Norbert Bleisteiner und Maschinenring-Chef Christian Leis. © Roettig

Weil – Die Landwirtschaft ist eine tragende Säule von Wirtschaft und Wohlstand und damit essentiell für unser Überleben. Aktuell muss sie an mehreren Fronten kämpfen, nicht nur mit den exorbitant gestiegenen Energiekosten.

Als Hilfestellung zum Thema „Krisenzeiten bei Energie und Lebensmitteln“ veranstal­teten die Sparkasse Landsberg-­Dießen und der Maschinenring Landsberg wieder ihr AgrarFORUM. Rund 150 Landwirte waren der Einladung in den Weiler Gasthof Probst gefolgt. Vorstandsmitglied Roland Böck und Geschäftsführer Christian Leis konnten mit Norbert Bleisteiner einen profunden Fachmann präsentieren. Er ist Leiter des Fachzentrums für Energie und Landtechnik in Triesdorf mit den Bereichen Agrarwirtschaft, Ernährungs- und Lebensmittelwirtschaft sowie Umweltsicherung.

Bleisteiner skizzierte ein widersprüchliches Bild. Auf der einen Seite soll die Landwirtschaft ihre Rinder- und Schweinehaltung jährlich um zehn Prozent reduzieren, weil sie mit ihrem klimaschädlichen Ausstoß von Methan und Lachgas einen wesentlichen Einfluss auf unsere Treibhaus­gasemissionen haben. Andererseits führt das Bevölkerungswachstum zu extrem mehr Hunger und Unterernährung. Je mehr Menschen auf der Welt leben, desto weniger Ackerflächen stehen zur Verfügung. Waren es 1970 noch 3.700 Quadratmeter pro Kopf, werden es 2050 nur 1.700 sein.

Der Bedarf an Lebensmitteln steigt, aber gleichzeitig die Reduzierung der Produktion in Deutschland. Pflanzenschutz und Düngemitteleinsatz sollen minimiert werden. Versiegelung und Ausgleichsflächen nehmen zu. Und für Photovoltaik, Windräder, Biogas und bio­gene Treibstoffe werden Flächen benötigt.

Weltgetreideproduktion und -verbrauch steigen trotzdem unaufhörlich. Norbert Bleisteiner: „Wir essen bereits auf Kosten anderer. Ein wesentlicher Anteil des deutschen und europäischen Flächenbedarfs wird im Ausland gedeckt.“ Um Deutschland zu ernähren, bräuchten wir 14 Prozent mehr Ackerfläche, für den EU-Konsum 25 Prozent mehr.

Den Koalitionsvertrag der Ampelregierung in Sachen Energie deutschte Bleisteiner verständlich ein. 65 Prozent Co2-Einsparung bis 2030 sollen erreicht werden mit 80 Prozent Strom und 50 Prozent Wärme aus Erneuerbaren Energien sowie 15 Millionen Elektroautos. Um das zu erreichen, machte Bleisteiner einen „Praxischeck für die Umsetzung in Bayern“. So müssten jede Woche eine Fläche von 26 Fußballfeldern mit PV-Anlagen bestückt sowie zwei Windräder-Megaanla­gen aufgestellt werden. Das Ziel würde erreicht, wenn man auch jede Woche 1.250 Wohnungen energetisch saniert…

Den aktuellen durchschnittlichen „CO2-Fußabdruck“ pro Kopf in Deutschland (11,2 Tonnen) könne man nur auf eine Tonne reduzieren, wenn man extrem einspart: Wohnen (18 Prozent), Strom (6 %), Mobilität (19 %), Ernährung (15 %), Öffentlicher Infrastruktur (8 %) und „sonstigem Konsum“ (34 %). Als eindrucksvolles Beispiel nannte Bleisteiner einen Hin- und Rückflug Deutschland-Malediven, der pro Person drei Tonnen CO2 verursacht.

Interessant seien auch die sozialen Aspekte bei der Umsetzung. Je höher das Einkommen, desto größer sei der CO2-Fußabdruck. Der Mehrverbrauch werde oftmals durch Kompensationsmaßnahmen oder „Greenwashing“ gerechtfertigt, vergleichbar mit dem Ablasshandel aus vergangenen Zeiten.

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