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Landsberg – 22 Minuten dauert der Gang durch die Ausstellung der Landsberger Lebenshilfe. 22 Minuten an der frischen Luft. Denn die elf Bilder, die Menschen mit Behinderungen für den Kalender „Freundschaft in Bild und Wort“ gemalt haben, hängen in den Schaufenstern von zehn Landsberger Geschäften. Wer die Galerie ansehen möchte, hat dazu noch knapp zwei Wochen Zeit.
Freundschaft ist vielseitig. Tief und bunt, besinnlich oder auch lebensfroh. Genau diese Lebensfreude dominiert das Foto von Simone Reichart: Zwei Menschen machen gemeinsam Musik – und schäumen über vor dem Glück. Ein anderes Bild von Andreas Bußjäger zeigt zwei Strichmännchen, nebeneinander gehend, daneben ein Haus in warmem Rot. Daneben ist zu lesen: „Freundschaft ist, wenn ich mit meiner Freundin spazierengehe. Mein Herz ausschütte. Freundschaft ist in dem roten Haus. Da wohnen wir.“ Nicht nur bildlich, auch in Worten haben die Künstler festgehalten, was Freundschaft für sie bedeutet. So auch Edmund Kaindl auf seinem Bild. Vier Personen sind zu sehen, zwei davon bunt und lachend, zwei in schwarz und weiß, mit heruntergezogenen Mundwinkeln: „Gute Freunde können auch mal streiten“, sagt er dazu. „Das wird wieder.“
„Jeder kann sein künstlerisches Tun nach außen tragen“, sagt Kulturreferent Axel Flörke bei der Vernissage – die natürlich nur als Videokonferenz stattfinden kann. Mit immerhin 34 Teilnehmern. Dabei sei es wichtig, die Kunst der Menschen mit Behinderung aus der Ecke der „Beschäftigungstherapie“ Herauszuholen, betont Flörke. „Sie ist ein individueller Ausdruck jedes Einzelnen.“
Tatsächlich sind die Bilder bei einem Kunstprojekt der Lebenshilfe entstanden, das Kunsttherapeutin Catherine Hölzl leitete. „Dieser Kurs ist sozusagen in das Coronajahr hineingewachsen“ sagt Hölzl, „er war unser roter Faden.“ Im Sommer habe man wieder zu dritt im Atelier arbeiten können. Sonst mussten die Lebenshilfe-Bewohner aber ihre Bilder ‚mit Abstand‘ malen.
Knubbel im Kopf
Die Therapeutin habe ihnen Motive als Anregung gegeben, sagt Moni, eine der Künstlerinnen, im Interview. Sie hat eine Katze gemalt, ihr Lieblingstier. Auch, weil Katzen meist so zufrieden und selbstsicher wirken. „Ich bin selbst eine Schmusekatze“, lacht sie. „Aber manchmal ist es schwierig, sich selbst zu mögen.“ Sie male auch in ihrer Freizeit. „Aber wenn ein Knubbel im Kopf ist“, sagt Moni und reibt beide Fäuste an den Schläfen, „dann geht‘s einfach nicht.“
Die Organisation der Ausstellung hat ein Rotary Satellite E-Club übernommen, gegründet erst letztes Jahr, die Mitglieder alle Mitte 20. Die Initiative zu der Ausstellung kommt von Hannah Weber, ehemalige Praktikantin der Lebenshilfe und jetzt Mitglied des Rotary-Clubs. Sie habe Läden in der Innenstadt angeschrieben, erzählt Weber, und schließlich doch noch zehn Zusagen erhalten. „Am Montag habe ich dann mit meiner Mutter und FFP-2-Maske die Bilder ausgeliefert.“ Jetzt thronen die Werke manchmal mehr, manchmal weniger prominent in den Schaufenstern.
Dass die Schaufenster dabei spiegeln, ist einerseits ein Hindernis. Man muss schon dicht rangehen, um die Motive gut erkennen zu können. Andererseits rückt die Spiegelung die Künstler, die in der Coronakrise besonders ausgegrenzt leben müssen, mitten in den Alltag. Zeigen sie doch nicht nur metaphorisch das pralle Leben – sondern spiegeln ganz konkret Straßen, Häuser und nicht zuletzt die Passanten wider. 22 Minuten an der frischen Luft. Ein unbedingt lohnenswerter Spaziergang.