Trotz positivem Landkreisgutachten: Eichinger hat Bedenken

Landsberg – Landrat Thomas Eichinger (CSU) hatte seine Skepsis bereits in der nichtöffentlichen Sitzung des Kreisausschusses zu erkennen gegeben: Er hat politische Bedenken gegen die Fusion der Sparkassen Landsberg-Dießen, Dachau und Fürstenfeldbruck. Nun kündigte er auch gegenüber der Presse an, bei der Beratung des Kreistages am 5. Juni gegen den Vorschlag von Vorstand und Verwaltungsrat zu stimmen.
Um wirtschaftliche und finanzielle Überlegungen geht es bei Eichingers Kritik allerdings nur am Rande. Der Landrat räumte gleich zu Beginn des Gesprächs ein, das vom Landkreis, der einen 20-Prozent-Anteil an der Sparkasse Landsberg-Dießen hält, in Auftrag gegebene Gutachten des Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG unterstütze die Haltung der drei Sparkassen sowie der Kreistage von Fürstenfeldbruck und Dachau.
Das Gutachten bestätige die anderen Gutachten, so Eichinger. Die fusionierte Sparkasse erziele Synergien. Sie habe niedrigere Grundkosten. Sie sei für größere Geschäfte besser aufgestellt. Sie tue sich leichter, was die Regulatorik betrifft. Sie komme besser mit der Niedrigzinsphase zurecht. Und sie habe im Münchener Umland ein sehr interessantes Marktgebiet.
Alle Gutachten hätten aber auch hervorgehoben, dass die Fusion "keine Notfusion" wäre. Die Sparkasse Landsberg-Dießen könne auch ohne sie weiterexistieren. 2017 habe sie mit einem Gewinn von 18 Millionen Euro (der KREISBOTE berichtete) sogar das zweitbeste Ergebnis seit langer Zeit erzielt. "Die Lebensfähigkeit der Sparkasse ist gewährleistet". Manche Prognose habe Verschlechterungen vorausgesagt; "realisiert haben sie sich noch nicht". Die Sparkasse Landsberg sei für die anderen Institute "eine perfekte Partnerin".
Eichinger hat im Wesentlichen vier Einwände: Die weitere Schließung von Geschäftsstellen, insbesondere auf dem Land, sei nicht ausgeschlossen. Die Verwaltungsratsvorsitzenden wechselten zu oft. Die Sparkassenstiftung erhalte langfristig keine Zuwächse. Und letztlich sei eine öffentlich-rechtliche Bank nur dann zu rechtfertigen, wenn sie besondere Nähe zu den Gebietskörperschaften habe.
Einwand: Geschäftsstellen
Allerdings berichtete Eichinger, dass der neue Verwaltungsrat, nicht zuletzt aufgrund Eichingers Kritik, der Schließung jeder einzelnen Geschäftsstelle mit einer Mehrheit von fünf Sechsteln der Stimmen zustimmen müsse, sonst bleibe sie erhalten. Gegen die Stimmen von Landkreis Landsberg, Stadt Landsberg und dem Markt Dießen könne also keine Schließung erfolgen.
Das bestätigte der Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse Landsberg-Dießen, Oberbürgermeister Mathias Neuner (CSU), den der KREISBOTE unmittelbar im Anschluss an das Pressegespräch befragte. Neuner wies darauf hin, dass sich die Einflussmöglichkeit für die politischen Vertreter durch die Fusion verbessere. Bisher entscheide der Vorstand über Schließung von Geschäftsstellen allein und habe von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht. Auch Eichinger wollte weitere Schließungen von Geschäftsstellen in einer allein bleibenden Sparkasse Landsberg-Dießen auf Nachfrage des KREISBOTEN nicht ausschließen.
Grund für Geschäftsstellenschließungen ist vor allem ihre inzwischen geringe Inanspruchnahme durch die Kunden; manche örtlichen Dependancen werden vom Kunden nur noch einmal pro Jahr aufgesucht - viel wird über Geldautomaten und online abgewickelt. Wenn es um Geldanlagen und Kredite ginge, ist ohnehin oft die Hauptstelle gefragt.
Einwand: Zu schneller Wechsel
Der zweite Einwand Eichingers bezog sich auf den Wechsel im Vorsitz des Verwaltungsrats. Vereinbart sei ein Turnus von zwei Jahren. In Fürstenfeldbruck und Dachau würde der Vorsitz in dieser Zeit noch einmal zwischen Stadt und Kreis geteilt. Damit könne der oder die Verwaltungsratsvorsitzende keine Expertise aufbauen. "Man ist auf den Vorstand angewiesen." Es entstehe eine "gelockerte Aufsicht".
Mathias Neuner erklärte dazu auf Befragen des KREISBOTEN, dass die Vorsitzenden zuvor bereits Verwaltungsratsmitglied gewesen seien und es nach Ausübung der Leitungs- und Moderationsfunktion auch blieben. "Sie bauen ihre Kompetenz sukzessive auf, nicht nur dann, wenn sie Sitzungen leiten". Außerdem hätten sie direkten Zugriff auf interne und externe Prüfer.
Neuner und Eichinger antworteten übereinstimmend auf die Frage des KREISBOTEN, ob es denkbar sei, ein "Gremienbüro" einzurichten, wie es bei öffentlich-rechtlichen Medienanstalten bestehe: "Das ist eine gute Idee, das wäre ein Workaround". In diesen Gremienbüros befassen sich hauptamtliche Mitarbeiter aus Sicht der Kontrollgremien laufend mit dem Geschehen und stehen den Aufsichtsräten beratend zur Seite.
Einwand: Sparkassenstiftung
Weniger konkret äußerte sich Eichinger in dem Pressegespräch zum Thema "Sparkassenstiftung". Dazu ist bisher bereits Einiges geregelt: Die Stiftung bleibt bestehen und hat mit der neuen Sparkasse nicht zu tun. Das Vermögen von rund sieben Millionen Euro bleibt der Stadt, dem Landkreis und dem Markt erhalten.
Die fusionierte Sparkasse wird in einen "Verbrauchsstiftungsteil" sechs Jahre lang 200.000 bis 250.000 Euro einzahlen. Diese Gelder entsprächen in etwa den bisherigen jährlichen Zuwendungen der Stiftung für gemeinnützige Zwecke. Nach den sechs Jahren müssten diese Zuwendungen, den Grundsätzen des Stiftungsrechts entsprechend, wieder aus den Zinsen des Kapitals erfolgen.
Mit dieser Lösung stehen die Gebietskörperschaften und die begünstigten gemeinnützigen Organisationen in Sachen Stiftungsausschüttung also sechs Jahre lang besser da als bei Fortbestehen der Sparkasse Landsberg-Dießen. Anschließend wäre der Zustand wieder wie zuvor: Ausgeschüttet wird nur, was durch die Anlage des Stiftungskapitals erwirtschaftet wird.
Einwand: Regionale Orientierung
Der letzte Einwand von Thomas Eichinger im Pressegespräch war eher ordnungspolitischer Art. Eine öffentlich-rechtliche Bank rechtfertige sich nur durch eine besondere Nähe zur Region. Eine örtliche Sparkasse sei "identitäts- und vertrauensstiftend - das würde im Prinzip aufgelöst". Das Alleinstellungsmerkmal gehe verloren. Allerdings schloss Eichinger Fusionen mit anderen Sparkassen im "oberbayerischen Raum" nicht aus
Mathias Neuner kommentierte: "Dann aber müssen wir uns genau ansehen, mit wem wir da fusionieren. Wir haben jetzt die Chance, ein gemeinsames großes Gewicht in der Metropolregion München zu bilden". Wenn man nun "aus dem Bauch heraus" die Fusion ablehne, sei viel Arbeit und Geld umsonst investiert worden und irgendeine bessere Lösung sei nicht in Sicht.
Werner Lauff