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Kunstnacht Landsberg: Ein Fest für alle Sinne

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Von: Andrea Schmelzle

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Outra Vez bei langer Kunstnacht Landsberg 2022
Die Samba-Gruppe Outra Vez brachte heiße Rhythmen gegen niedrige Temperaturen. Trotz Regen und Kälte kamen zahlreiche Besucher in die Landsberger Altstadt und genossen Kultur in allen Facetten. © Markus Mueller-Hahl

Landsberg – Nach zwei Jahren Zwangspause haben die Landsberger und viele Besucher trotz Regen und Kälte ein wahres Fest der Sinne gefeiert: Auf der 22. Landsberger Kunstnacht gab es viel zu sehen, zu hören, zu spüren und zu tanzen. 55 Geschäfte, Cafés, Bars, Kanzleien und andere Locations verwandelten die Altstadt in eine Galerie. Musik und Performances verzauberten Plätze und Gassen – und natürlich das Publikum.

Endlich! Lange genug mussten die Landsberger auf ihr traditionsreiches und liebgewonnenes Event verzichten. Daher war schnell klar: Die Lange Kunstnacht findest statt, und zwar bei jedem Wetter. Der Wettergott meinte es anfangs jedoch nicht wirklich gut und schickte Kälte – und Punkt 18 Uhr auch Wind und strömenden Regen. So startete die Sambagruppe Outra Vez die Nacht nicht wie geplant am Hauptplatz, sondern im Innenhof des Historischen Rathauses – und heizte dem Publikum mit brasilianischen Klängen gleich mal richtig ein. Das hat wohl auch den Wettergott beeindruckt: Er ließt den Regen langsam enden, die Kälte leider nicht. Aber Outra Vez konnte weiterziehen, zunächst unter den VR-Bank-Pavillon, dann weiter durch die Stadt – immer wieder begleiteten die rhythmischen Trommelklänge die Kunstflanierenden, die sich aufmachten um hinter jeder Tür, in jeder Ecke Kunst und Kultur zu entdecken: Neues und Bewährtes.

Bildende Kunst wie Malerei, Fotografie, Bildhauerei und Kunsthandwerk, in unterschiedlichen Stilrichtungen und Materialien wechselte sich ab mit Lesungen, Kabarett und Musik bis hin zu Performances. Ebenso abwechslungsreich waren die künstlerischen Botschaften und ihre Wirkungen auf den Betrachter: erfrischend und belebend, witzig, nachdenklich, aufrufend, ermahnend – aber immer bemerkenswert und spannend. Faszinierend etwa die Performances der Künstler Andreas Kloker und Axel Wagner, die sie im Rahmen der Ausstellung „Zeit ist“ eigens für die Lange Kunstnacht erarbeitet und in zwei Ausstellungsräumen der Zederngalerie präsentiert haben. Das Sichtbarmachen der Zeit, des Herzschlags, haben beide auf unterschiedliche Weise gelöst: Kloker schrieb und malte in Stille mit Wasser, Wagner ließ seine Frau bei treibender elektronischer Musik den Hula-Hoop-Reifen schwingen.

Zehn Jahre Kunstverein

Eine große Werkschau des Kunstvereins Landsberg, der gleichzeitig sein zehnjähriges Bestehen feiert, startete bereits mit einer Vernissage und einführenden Worten von Kunsthistorikerin Urte Ehlers am Abend vor der Kunstnacht in der Säulenhalle. Noch bis zum 25. September zeigen 21 Kunstschaffende Malerei, Zeichnungen, Fotografie, Drucktechniken und Skulpturen. Mit dabei auch Kunstverein-Vorsitzender Rudolf Bille mit neuen Werken, in denen er seinen Schwerpunkt auf „Lost Places“ legt – etwa die Pflugfabrik oder alte Plakatwände, an denen durch das Sichtbarwerden verschiedener Schichten deren Vergänglichkeit dargestellt werde, erklärt Kunstverein-Sprecherin Almut Walch. Als Gastaussteller zeigt Reinhard Fescharek aus Marburg Beispiele aus seinem Werkzyklus 2020-2022 und liefert damit eine „Hommage an einen gewachsenen Werkstoff“: Holz von der Natur bis hin zum gebrauchten Werkprodukt.

Auch die Mitglieder der Künstergilde präsentierten eine abwechslungsreiche Werkschau in der Rathausgalerie. Spannend dabei auch die „jungen Künstler“ der Gilde, Nachwuchstalente mit Malerei, Fotografie und Street-Art, im Altstadtsaal der VR-Bank Landsberg-Ammersee. Zum wiederholten Mal – und schon ein echter Publikumsmagnet – gab es nebenan in den Geschäftsraumen der VR-Bank, auch Werke der Künstlergruppe art@rational zu sehen.

Faszinierende Wesen

Eines der optischen Highlights war das „Duo Hochformat“, das bei Dämmerung als illuminiertes Kunstwerk auf Stelzen durch die Gassen flanierte. Wollte das soziokulturelle Projekt Viva Randerscheinungen ursprünglich einen musikalischen und tänzerischen Auszug ihres audiovisuellen Tanz-Theater-Erlebnisses „Mondlicht“ – ein inklusives Projekt von Menschen mit und ohne Behinderung – zum Besten geben, entschloss man sich wetterbedingt, es bei einem „Umzug“ durch die Altstadt zu belassen, um auf das Theaterstück im Oktober aufmerksam zu machen. Dass dies in eine fremde, mystische Welt mit wilden Kreaturen führen wird, konnte das Kunstnacht-Publikum anhand des wunderlichen Trupps erahnen. Ob Volksmusik und Hupfemusik (samt „Hochleistungssportakkordeon“) mit der Gruppe „Paprizka“, ob Tango-Tanz oder Bairisch Tanzen“ auf dem Pop-Up Tanzboten – auch zum Mitmachen wurde dem Publikum einiges geboten.

Am Rande der Kunstnacht zog auf dem Infanterieplatz die audiovisuelle Ausstellung der dieKunstBauStelle „Set the Night on Fire“ viele Besucher in den Bann – eine von Landsberger Jugendlichen erarbeitete Ausstellung zur besonderen Bedeutung der Lechstadt: 1937 erhielt Landsberg den nationalsozialistischen Ehrentitel „Stadt der Jugend“ und wurde Ort der Abschlusskundgebung der HJ-Märsche.

Das Fazit der Kunstnacht: ein inspirierender Abend, der neugierig machte und auf Entdeckungsreise einlud – aber auch den Anstoß gab für Begegnungen und Gespräche.

Das Publikum ließ sich durch das Wetter die Laune nicht vermiesen – und schwang am Ende im Foyer des Stadttheaters zum DJ-Sound ordentlich das Tanzbein.

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