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Projektschule mit neuer Autorität gewünscht

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Lebenshilfe-Bereichsleiterin Stefanie Maier in ihrem Büro.
Lebenshilfe-Bereichsleiterin Stefanie Maier hielt zwei Fachvorträge im Inklusionsbeirat. © Hollrotter

Landsberg - Eine Projektschule, in der eine neue Art der Autorität etabliert, ein Helfersystem aufgebaut und so Schülern wie Lehrern gleichermaßen geholfen wird. Das wünscht sich Stefanie Maier von der Lebenshilfe Landsberg aus ihrer langjährigen Erfahrung als Bereichsleiterin für Individual- und Schulbegleitung. Im Inklusionsbeirat des Landkreises stellte sie ihre Überlegungen in einem Fachreferat vor – und regte zudem mit einem Impulsvortrag eine Diskussion darüber an, wie auch der Landkreis dem Fachkräftemangel entgegenwirken kann.

Maier beobachtet zwei Trends: Zum einen gibt es immer mehr Schüler mit herausforderndem Verhalten, zum anderen leidet laut einer Studie mittlerweile jedes dritte Kind unter psychischen Auffälligkeiten. Auch als Folge der Pandemiemaßnahmen haben Depressionen, Psychiatrieaufenthalte und Suizidversuche stark zugenommen.

Auf der anderen Seite haben Lehrer die höchste Quote im Burn-Out, so die Bereichsleiterin. Sie hätten oft nicht die Zeit, sich um die Schüler zu kümmern oder stünden alleine da.

Auf der Suche nach Konzepten, die die Situation entspannen, aber auch aus der Fortbildung ihrer Mitarbeiter heraus stieß Maier auf das Konzept der neuen Autorität nach dem israelischen Psychologen Haim Omer. Dieses schafft die bisherige Autorität keineswegs ab, sondern ersetzt Konzepte daraus, die nicht passen.

Neue Wege

Statt auf Macht und Gehorsam setzt die neue Autorität auf Beziehung und das Mitwirken aller Beteiligen, also zum Beispiel auch der Schulpsychologen, der Jugendsozialarbeiter an Schulen und des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes. Bei einem herausfordernden Verhalten wird nicht spontan und emotional reagiert, sondern „das Eisen geschmiedet, wenn es kalt ist“, zitiert die Bereichsleiterin Haim Omer.

Das bedeutet, dass dem Kind zwar sofort rückgemeldet wird, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist. Doch dann wird erst zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit dem Kind besprochen, wie es dieses Verhalten wieder gut machen und künftig vermeiden kann. Das wird auch vor der Klasse thematisiert oder transparent gemacht. „Es geht um Präsenz, darum, die Kinder mit ins Boot zu holen und ein Unterstützersystem zu schaffen“, so Maier. Zu Letzterem gehörten auch unbedingt die Eltern des Kindes.

Wichtig sei, den Kindern klarzumachen, dass sie willkommen sind und zur Schulfamilie gehören. Konflikte würden so auch da gelöst, wo sie auftreten – im Klassenzimmer. Durch das Helfersystem stünden die Lehrer nicht mehr alleine in ihrem Bemühen, das Kind zu entwickeln, und könnten ihren Spaß an Schule und Unterrichten wiederfinden.

Für sie wünscht sich Stefanie Maier auch mehr Fortbildungen – zum Beispiel zu den drei häufigsten Erscheinungsbildern von sozialen Beeinträchtigungen. Zum Beispiel sei es wichtig zu wissen, dass Autismus eine andere Art der Wahrnehmung und nicht therapierbar ist. Die Betroffenen müssten vielmehr Techniken erlernen, um in einer „neurotypischen Welt“ zurecht zu kommen.

Mit einem traumatisierten Kind dagegen könne man keine Verträge schließen, weil es diese gerade wegen des Traumas nicht einhalten kann. Und bei ADHS müsse man immer wieder von vorne anfangen, Handlungsabläufe stets aufs Neue besprechen, bis sie sich gefestigt haben, so Maier.

Sie hofft, dass sich eine Grundschule findet, die als Projektschule wirkt und mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wird. Denn sie glaubt nicht daran, dass die Probleme durch eine weitere Ausweitung der Schulbegleitung in den Griff zu bekommen sind. Über die Lebenshilfe Landsberg sind derzeit schon rund 40 Schulbegleiter im Einsatz, so die Bereichsleiterin.

Mit ihrem zweiten Vortrag im Inklusionsbeirat regte sie die Teilnehmer zur Reflexion und Diskussion an. Denn dem Fachkräftemangel im sozialen Bereich müsse man vor allem über mehr Wertschätzung, aber auch Angebote wie bezahlbaren Wohnraum begegnen. So bräuchten viele gleich zwei Jobs, um die Mieten bezahlen zu können, so Maier.

Konzepte, die der Landkreis umsetzen könnte, wären zudem Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr, aber auch freier Eintritt in die Schwimmbäder. Unternehmen wie die Lebenshilfe oder auch die IWL setzten zudem auf Anreize wie Fahrrad-Leasing oder Vergünstigungen bei der Kfz-Versicherung.

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