Der Bagger macht das Norwegerhaus in Eching platt

Eching – Das geschichtsträchtige Norwegerhaus in der Echinger Kaagangerstraße ist endgültig Geschichte. Der bereits am 30. November 2022 vom Landratsamt Landsberg angeordnete Abriss ist in vollem Gange. Und zwar mit einer sogenannten „Ersatzvornahme“ durch eine von der Kreisbehörde engagierte Firma, weil Besitzer Claus Vogt angeblich nicht selbst aktiv wurde.
Das bestritt der 80-jährige Diplom-Ingenieur vor den Vertretern des Bauordnungsamtes, während „sein Abbruchunternehmen“ demonstrativ Bretter aus dem Gebäude räumte. Vogts Anwalt hatte am Montagmittag als letzten Strohhalm noch einen Eilantrag für einen Stopp beim Verwaltungsgericht München eingereicht, was die beiden Behördenvertreter vor Ort wenig beeindruckte: „Der Rechtsweg ist ausgeschöpft.“
Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck kappten auf ihre Anweisung hin die Stromversorgung und Claus Vogt ließ nochmals vor den zahlreichen Medienvertrtern Dampf ab. Der erst am letzten Freitag angekündigte finale Abrisstermin sei wegen der Kurzfristigkeit unfair. Untragbar sei, ihm eine andere Abbruchfirma „auf den Hals zu hetzen“, die er auch noch bezahlen müsse. So würdelos könne man nicht mit Bürgern umgehen. Er habe schließlich seine Bausünden eingesehen und sei zu einen Rückbau in die ursprünglichen Maße willens gewesen. Das habe er auch in mehreren Schreiben Landrat Thomas Eichinger mitgeteilt, der aber nicht geantwortet habe. Ehefrau und Ärztin Dr. Gudrun Vogt empörte sich über die Polizeipräsenz auf ihrem Grundstück: „Wir sind doch keine Verbrecher!“ Echings Bürgermeister Siegfried Luge und zahlreiche Zaungäste wurden Zeugen des letzten Aufbäumens.
Wie mehrfach im KREISBOTEN berichtet, hatte Claus Vogt bei dem 1999 erworbenen Haus mit der Betonstabilisierung des Fundaments und dem Kellerausbau Änderungen der Raumhöhe vorgenommen, was zur Gesamterhöhung des Hauses führte. Daraufhin wurde dem Norwegerhaus der Denkmalstatus entzogen. Es wurde als „Schwarzbau“ eingestuft und der Abbruch angedroht. Laut den Baurechtsexperten im Landratsamt Landsberg wurde das Haus seiner historischen Substanz beraubt, obwohl mit der original roten Außenwand, den weißen Begrenzungen und den Sprossenfenstern das optische Gesicht des Hauses bewahrt wurde.
Das juristische Tauziehen um das markante Haus direkt am See läuft schon seit sechzehn Jahren. Obwohl es bereits 1980 wegen seiner historischen Besonderheiten unter Denkmalschutz gestellt wurde, hatte der neue Besitzer das Wort Renovierung anscheinend zu großzügig ausgelegt. Längst aber hatte sich Vogt verpflichtet, sein Norwegerhaus in den Zustand vor 2005 zurückzubauen.
Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Verwaltungsgerichtshof hatten den Baurechtsexperten im Landratsamt für die Abrissanordnung recht gegeben, da ein Baudenkmal objektiv nicht mehr erkennbar sei. Alle weiteren juristischen Bemühungen inklusive einer Petition beim Bayerischen Landtag waren vergeblich. Selbst der Echinger Gemeinderat wollte mit einer Außenbereichssatzung den Abriss verhindern. Es ging darum, um die im Kaaganger stehenden Häuser - drei weitere Villen hier haben Denkmalschutz - Baufenster zu zeichnen, die im Grundriss den Größen des Bestands entsprechen. Dazu habe laut Landratsamt-Sprecher Wolfgang Müller der VGH festgestellt, dass eine eventuelle Bauleitplanung der Gemeinde „an schwerwiegenden öffentlich-rechtlichen Interessen scheitern würde.“

Ein kleines Hoffnungspflänzchen keimte letzte Woche noch für Claus Vogt. „Honorige Fachleute“ um die Ammersee-Malerin Angelika Böhm-Silberhorn hatten die „Interessengemeinschaft Künstlerkolonie Eching“ gegründet und wollten in den Räumen des Hauses ein öffentlich zugängliches Museum für den Landschaftsmaler Hans Beat Wieland (1867 - 1945) einrichten. Denn Claus Vogt hat Einrichtungs- und Sammlungsgegenstände sowie Bilder und die Staffelei sorgsam aufbewahrt. Sogar um eine Aufnahme in den Verband Europäischer Künstlerkolonien hatten sich die Wieland-Fans bemüht, der bereits die Gemeinde Utting mit der Künstlerkolonie Holzhausen angehört.
Das Norwegerhaus des Kunstmalers Hans Beat Wieland auf dem 7.000 Quadratmeter großem Seegrundstück mit eigenem Bade- und Bootssteg war schon gleich nach der Fertigstellung um 1900 eine Sehenswürdigkeit. Auch wegen seinem „Grassodendach“, einer in Skandinavien Jahrhunderte alten Tradition der Dachbegrünung. Im Sommer kühlt sie das Gebäude, im Winter schränkt sie den Wärmeverlust ein. Seine Liebe zu diesem Bau- und Lebensstil hatte Hans Beat Wieland 1897 entdeckt, als er die norwegische Küste für eine Serie von dokumentarischen Gemälden und Aquarellen bereiste.
Bis 1918 lebte Wieland mit seiner Familie in Eching, bevor er in seine Schweizer Heimat zurückkehrte. Aber jedes Jahr verbrachte er einige Sommermonate in Eching, wo ihm sein Landhaus als Feriendomizil diente.