Hilfe in »grenzenlosen Situationen«

Landkreis – Durchwachte Nächte, ein schreiendes Kind, das nicht aufhört: Für viele Eltern von schwerkranken und behinderten Kindern Alltag. Oft stoßen Betroffene dadurch an ihre Grenzen – sowohl körperlich als auch psychisch. Doch eine Krisenintervention oder eine Notrufnummer für solche Situa- tionen gibt es nicht. Dort setzt das Team von „SAM“ nun an. Gemeinsam mit betroffenen Müttern, dem Ambulanten Kinderhospiz Mün- chen (AKM) und der Lebenshilfe Landsberg soll nun eine 24-Stunden-Krisenhotline in Landsberg und Schwabmünchen geschaffen werden.
„Damit aus Krisen keine Katastrophen werden“ ist das Motto von SAM, was für „Soforthilfe, Achtsamkeit, Mitmenschlichkeit“ steht. Für viele Mütter von schwerkranken und behinderten Kindern sind Krisen jedoch Realität und Alltag. Oft sind es diese „grenzenlosen Situationen“, die einen an den Rand der Verzweiflung bringen, schildert Charlotte Hamdorf, die selbst Mutter eines behinderten Sohnes und außerdem Regionalvertreterin von Leona e.V. (Verein für Eltern chromosomal geschädigter Kinder) ist. Diese Kinder leiden häufig an Schlafproblemen und dadurch natürlich auch deren Eltern. „Es gibt Eltern, die seit Jahren nicht mehr richtig geschlafen haben“, weiß Hamdorf. Dazu komme, dass in Familien Schuldprobleme entstünden, wenn man in solch einer Notsituation um Hilfe bitte. Deshalb sei es so wichtig, „unbelastet wo anrufen“ zu können.
„Die 110 zu wählen hilft einem nicht“, sagt auch Meike Wunder, die selbst eine behinderte Tochter hat. Denn dann käme die Angst hinzu, dass die Ärzte oder das Jugendamt einem das Kind wegnehmen, wenn man in seiner Verzweiflung dort anruft. „Und das sind nur die Alltagssituationen“, meint der Geschäftsführer der Landsberger Lebenshilfe Christoph Lauer. „Was passiert, wenn dazu noch ein Elternteil krank wird?“ Das Team von SAM baut deshalb nun eine kostenlose Krisenhotline mit professioneller Einsatzleitstelle und Ehrenamtlichen auf.
In den ersten Jahren soll die Landsberger Einsatzleitstelle durch das Team von Ruf24 der Stiftung AKM (Ambulantes Kinderhospiz München) geschult, geleitet und koordiniert werden. Im Herbst 2015 ist dann der Start mit ersten eigens ausgebildeten Helfern in Landsberg mit einem Umkreis von 30 Kilometern und in Schwabmünchen geplant, so Lauer. Diese sollen „die akute Krise bedienen“, aber auch Nachsorge anbieten und vermitteln, ergänzt Christine Bronner vom AKM. Innerhalb einer halben Stunde sollen die Helfer dann in den betroffenen Familien eintreffen. In der Zwischenzeit bleibt ein weiterer Helfer am Telefon. „In manchen Fällen gehen wir auch zu zweit in die Familien“, so Bronner, „ein Helfer kümmert sich dann um die Mutter, ein zweiter um das Kind.“
Erreicht hat das Team von SAM aber bereits jetzt einiges. Im vergangenen Jahr gewann es ein Stipendium von Startsocial. Durch ein professionelles Coaching habe man so einige Ideen dazugewonnen, erklärt Andrea Schöffel von der Schöffel-Stiftung. In diesem Jahr folgte dann der 2. Platz beim Sozialpreis der VR Bank. Geplant ist außerdem die Gründung eines Vereins. „Als Verein hat man ganz andere Möglichkeiten“, erklärt der Geschäftsführer der Landsberger Lebenshilfe.
Die Schulungen für die ehrenamtlichen Helfer sollen bereits im kommenden Frühjahr beginnen. In drei Jahren soll Landsberg dann eigenständig sein und auch eine eigene Rufnummer erhalten. Rund 20 Ehrenamtliche wären dafür nötig. Die Schulungen für die Helfer werden allein aus Spenden finanziert und finden beim Trauma-Zentrum in München statt. Außerdem müssen die Ehrenamtlichen teilweise extremen Anforderungen gewachsen sein. „Wir werden deshalb schon eine gewisse Vorauswahl treffen“, so Lauer.
Für alle, die sich für das Projekt interessieren und es gerne unterstützen möchten, findet am 18. November um 19 Uhr eine Infoveranstaltung in der Lebenshilfe Landsberg statt.
Astrid Erhard