1. kreisbote-de
  2. Lokales
  3. Landsberg

‚Let´s get ready to rumble‘ auch im Kinosaal

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Nathalie Schelle

Kommentare

Ein verschmutzter Kinosaal im Filmpalast Kaufering.
Im Filmpalast Kaufering haben Jugendliche während der Vorstellung von Creed III randaliert und mit Essen um sich geworfen. Ein Hausverbot war die Folge. © Filmpalast Kaufering

Vor zwei Wochen sind viele Boxsport-Begeisterte ins Kino geströmt, denn der dritte Teil des Rocky-Ablegers „Creed“ feierte seinen Kinostart. Aber nicht nur Box-Fans zog es in die Filmpaläste, sondern auch randalierende Jugendliche.

Landkreis – Die Boxfilme der „Rocky“-Reihe begeisterten bereits in den 70er Jahren viele Menschen. Der letzte Teil, „Rocky Balboa“ erschien 2006 – und darauf folgte der Ableger „Creed“. Auch von diesem gibt es mittlerweile mehrere Folgen, seit Anfang März läuft die Dritte im Kino. Und ebenfalls seit Anfang März trudeln Nachrichten über randalierende Jugendliche in den Kinovorstellungen von Creed III ein. Von diesem Phänomen wurde auch der Landsberger Landkreis nicht verschont.

„Am zweiten März, dem offiziellen Kinostart, fiel uns ein ungewöhnlich hoher Verschmutzungsgrad auf“, erklärt Sebastian Kremer, Marketingleiter des Filmpalastes Kaufering. Ein Blick auf die Insta­gram-Seite des Kinos zeigt die Verwüstungen, die manche Zuschauer in den Sälen hinterlassen haben: Popcorn liegt überall auf dem Boden verteilt, genauso auf den Sitzen. Auch die Getränke und Nachos haben scheinbar nur selten den Weg in die Münder der Zuschauer gefunden (siehe Foto). Besonders auffällig: das Alter der Zuschauer. „Alle mir bekannten Störer waren unter 16. Knapp 70 Prozent davon waren sogar unter 14 Jahre alt“, so der Marketingleiter.

Auch in anderen Städten randalieren Jugendliche – besonders während der Vorstellung von Creed III. Hier blieb es aber nicht bei Verschmutzungen: In Essen etwa musste die Vorstellung abgebrochen werden und die Polizei rückte an. Hinter dem rücksichtslosen Verhalten der Jugendlichen soll, laut Essener Polizei, ein neuer Trend der Social-Media-Plattform TikTok stecken. Die Jugendlichen sollen es durch ihr „asoziales Verhalten“ gezielt darauf anlegen, dass der Kinofilm abge­brochen wird. „Glücklicherweise haben wir bisher keinen Film-­Abbruch, wie unsere Kollegen in Essen“, sagt Kremer, trotzdem reagiere der Filmpalast ohne Diskussion auf Störer und erteile ihnen Hausverbot. Außerdem sollen die laufenden Vorstellungen mehrfach persönlich oder durchgehend per Videoüberwachung kontrolliert werden.

Ähnliche Situation im Cineplex in Penzing? Christoph Watzlawik von der Kinoleitung wiegelt ab, will sich auf Anfrage des KREISBOTEN zu möglichen Randalen nicht äußern.

Ruhiger ist es hingegen in Landsbergs Innenstadt. Das Olympia Filmtheater zeigt hauptsächlich Arthouse-Filme – von blutigen Boxkämpfen wie in Creed III ist das Kino­programm von Inhaber Rudolf Gilk weit entfernt. „Das ist nicht unser Publikum“, erklärt er, als er von den Chaos-Kids hört. „Unsere Gäste sind im Durchschnitt 30 Jahre alt“, weiß er. Daher habe er auch keine Probleme mit randalierenden Jugendlichen. Der vermeintliche TikTok-Trend habe hier nicht Einzug gehalten. Aber was hat es mit diesen Trends und der umstrittenen Plattform überhaupt auf sich?

Warum die Trends?

Die Antwort hat Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Kerstin Mittermaier aus Eresing: „Diese Trends stärken das Zugehörigkeitsgefühl der Kinder.“ Das bedeutet, dass die Kiddies bei solchen Trends mitmachen, um sich zu einer großen Gruppe zugehörig zu fühlen. Dabei sei es egal, ob der Trend positiv ist, oder, wie in diesem Fall, rücksichts- und respektlos. Das Zugehörigkeitsgefühl überwiege da. „Außerdem führen die TikTok-Trends zu einer vermeintlichen Selbstwertsteigerung“, erklärt die Psychotherapeutin weiter, „im Internet ist Selbstwertsteigerung leichter als im realen Leben.“ Die Kinder bekämen positive Kommentare und Likes auf ein 10- bis 30-Sekunden-Video, während es im echten Leben schon etwas mehr Anstrengung brauche, um diese Anerkennung zu erhalten. Nicht vergessen dürfe man auch das Alter und die Unerfahrenheit der Kinder. „Das Ausmaß dieser Trends ist ihnen oft nicht klar, sie können auch eventuelle Gefahren nicht richtig einschätzen“, resümiert Mittermaier.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Trend bald zu Ende geht und nicht dieselben Ausmaße wie beispielsweise in Essen erreicht.

Auch interessant

Kommentare