1. kreisbote-de
  2. Lokales
  3. Landsberg

Die Stadt Landsberg springt ihrem Ex-Kämmerer bei

Erstellt:

Von: Werner Lauff

Kommentare

Lang-Skulptur vor Stadtverwaltung Landsberg
Weitsicht in der Verwaltung: Die Stadt Landsberg springt ihrem ehemaligen Kämmerer bei. © Greiner

Landsberg - Dreizehn Jahre nach ihrem Abschluss streiten zahlreiche Beteiligte immer noch über die Frage, wer Schuld und Mitschuld an zwei Derivat-Transaktionen hat, die am Ende einer langen Reihe von Zinssicherungsgeschäften das Übliche und Zulässige überschritten haben. Jetzt stand der damalige Kämmerer der Stadt erneut im Fokus. 

Das Verwaltungsgericht München folgte am vergangenen Montag dem Antrag der Landesanwaltschaft auf Aberkennung des Ruhegehalts von Manfred Schilcher im Wesentlichen nicht. Zuvor war der Stadtrat dem Kämmerer mit einer Ende Dezember nahezu einstimmig auf den Weg gebrachten Stellungnahme beigesprungen, die Schilchers langjährige Verdienste für die Stadt schilderte.

Es ist unstreitig: Auch der Kämmerer hätte in den Jahren 2008 und 2010 erkennen müssen, dass die beiden völlig aus dem Rahmen fallenden Transaktionsvorschläge der Beratungstochter des Bankhauses Hauck & Aufhäuser Gefahren bargen. Allerdings war es auch ein verrückter Beschluss des Stadtrats, dem Kämmerer ausgerechnet die Tochter der profitierenden Bank als neutrale Berater zur Seite zu stellen. Auch waren Derivatabschlüsse kein Kerngeschäft der Kämmerei – der wäre es lieber gewesen, der Kelch „Zinsabsiche­rung“, der später ohnehin nicht mehr gebraucht wurde, wäre an ihr vorbeigegangen.

Kein Interesse

Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht München, die jetzt über den Antrag der Landesanwaltschaft zu entscheiden hatte, das Ruhegehalt des Kämmerers vollständig zu streichen, betonte zwar die Verantwortung des Kämmerers; von einem Beamten mit A15-Besoldung könne man auch insoweit Sachkunde verlangen. Gleichzeitig wies sie darauf hin: Es lag keine Bereicherung vor, eine strafrechtliche Verurteilung blieb aus und die Stadt habe zum Ausdruck gebracht, an einer Aber­kennung der beamtenrechtlichen Altersversorgung Schilchers kein Interesse zu haben. Das Gericht reduzierte die beantragte Streichung daher auf zehn Prozent, begrenzt auf einen Zeitraum von vier Jahren. Der Landesanwaltschaft stehen dagegen noch Rechtsmittel zur Verfügung.

Bleibt es bei diesem Urteil, dann ist noch eine Frage offen. Die Stadt hat Schilcher vor vielen Jahren auf die Zahlung von Schadenersatz verklagt; das Verfahren wäre das letzte in einer langen Prozesskette. Würde sie es nun streitig weiterführen und obsiegen, wäre nicht der damalige Kämmerer, sondern die heutige Stadtkasse Nutznießer des Pensions-Urteils des Verwaltungsgericht: Schilchers teilweise einbehaltene Pension würde ihm zwar ausbezahlt, aber er müsste die Zahlung direkt an die Stadt weiterleiten.

Allerdings hat bislang kein Zivilgericht und kein Strafge­richt ein Verschulden des damaligen Kämmerers festgestellt; das Verfahren müsste insofern noch einmal völlig neu aufgerollt werden. Außerdem würde dadurch ein Nachfolgeprozess gegen den ehemaligen Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) entstehen, dem Schilcher am Anfang der Prozesskette den Streit verkündet hatte, nachdem die Stadt ihm gegenüber ebenso verfahren war. Schließlich wäre eine solche Prozessführung gegenüber zwei erklärtermaßen verdienstvollen Mitarbeitern der Stadt geradezu abwegig. Es ist daher anzunehmen, dass beide Seiten zu diesem Thema noch aufeinander zugehen werden, um ein Abdriften in Richtung Groteske zu vermeiden.

Auch interessant

Kommentare