„1468“ also heißt die Jahreszahl. Erstmals erwähnt wird ein Gebäude an dieser Stelle aber schon 1412. Es handelte sich um einen sogenannten Rottpunkt, eine Gastwirtschaft an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen – der Salzstraße von München über Landsberg nach Memmingen und der Nord-Süd-Verbindung von Augsburg über Schongau nach Tirol. Was Kaufleute hier transportieren, umladen und verkaufen durften und welche Steuern und Gebühren dafür fällig wurden, war genauestens geregelt. Eine übermäßige Steuerung sei also beileibe kein neues Phänomen, machte Flörke klar. „Schon damals war alles sehr reguliert.“
Später wurde die Tafernwirtschaft für die Landsberger ein Ausflugsziel mit Kegelbahn. Das Gebiet gehörte noch nicht zur Stadt, sondern zum früheren Vorort Spötting. Deshalb stand und steht hier auch ein eigenes Gotteshaus, die St.-Ulrichs-Kapelle, „ein kunsthistorisches Kleinod“ (Flörke) des Baumeisters Nikolaus Schütz. In die Wände eingelassene Grabsteine belegen, dass der neben der Kapelle gelegene Friedhof sehr viel älter ist als das Gebäude selbst.
Schon im 6. und 7. Jahrhundert gab es hier Grabstätten. Später beerdigten die Landsberger Patrizierfamilien hier ihre Toten. Außerhalb der Friedhofsmauern fanden indessen Andersgläubige die letzte Ruhestätte – und während des Mittelalters all die Unglücklichen, denen durch peinliche Befragung im Hexenturm das Geständnis eines schweren Verbrechens abgepresst und die Todesstrafe auferlegt wurde. Der Galgenweg im Südwesten der Stadt verrät, wo die Hinrichtungsstätte lag. Heute ist an dieser Stelle ein Kinderspielplatz.
Im 20. Jahrhundert wurden Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft auf dem Spöttinger Friedhof bestattet – Häftlinge aus dem Landsberger Gefängnis, die an Hunger und mangelnder medizinischer Versorgung gestorben waren. Später wurden auch Kriegsverbrecher, die nach den Nürnberger Prozessen auf dem Gelände der Haftanstalt hingerichtet wurden, hier beerdigt. Seit 2003 ist der Friedhof entwidmet, die Namen auf den Grabkreuzen wurden entfernt.
Dass im Gefängnis Adolf Hitler und 38 weitere Nazi-Größen ihre von unzähligen Erleichterungen geprägte Festungshaft absaßen, ist hinlänglich bekannt. Unsäglich unter der Haft litt hingegen, wer bereits Mitte des 19. Jahrhunderts für eine Straftat eingesperrt wurde. Jahrelange Einzelhaft ohne Hofgang und jedweden Anschluss an andere Menschen bildeten damals den gängigen Strafvollzug, wie Flörke zu berichten wusste. Als 1907 die Landsberger Haftanstalt in Betrieb ging, war man davon bereits wieder abgekommen und zur sogenannten Zellenhaft mit mehreren Insassen in einem Haftraum übergegangen – was natürlich auch Probleme mit sich brachte.
Der Gedanke, dass eine Freiheitsstrafe der Besserung und der Vorbereitung auf Resozialisierung dienen soll, ist erst knappe 100 Jahre alt. In der Landsberger JVA können die Inhaftierten eine Ausbildung machen oder in einem der Gefängnisbetriebe arbeiten, zu denen eine Wäscherei, eine Kfz-Werkstatt und die eingangs erwähnten Legehennen gehören.
Axel Flörke erinnerte auch daran, dass in Landsberg einige prominente Häftlinge des 20. und 21. Jahrhunderts einsaßen – der ehemalige FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung, Foto-Unternehmer Hans Heinz Porst wegen Landesverrats und Karl-Heinz Wildmoser junior wegen Bestechlichkeit und Untreue.