Um ein genau solch historisches Gebäude handelt es sich beim Anwesen an der Schongauer Straße 34. Ausladendes Walmdach, schönes Mauerwerk mit leuchtend gelbem Farbanstrich, grüne Klappläden an den Fenstern, Dachgauben, drum herum Wiesen, Bäume und herrliche Natur: Die unter Denkmalschutz stehende Tierarztpraxis „Kellerberg“ und das dazu gehörige Gelände sind ein weithin sichtbarer Blickfang. „Das ist ein wahnsinnig schönes Gebäude“, schwärmte stellvertretend für alle anderen im 15-köpfigen Gremium Christian Breidenbach („Liste für Steingaden“) in der jüngsten Gemeinderatssitzung im Sitzungssaal des Rathauses.
Das Problem für die Räte: Genau auf diesem Anwesen, genauer gesagt auf der Südseite des Daches, will der Bauherr eine rund 140 Quadratmeter große Photovoltaikanlage errichten – in Sachen Klimaschutz ein wünschenswertes Vorhaben, da die Anlage auf 30 Kilowattpeak ausgelegt ist und entsprechend viel Energie erzeugen kann, also leistungsstark ist. Baulich hingegen wäre sie alles andere als eine Augenweide – würde dann doch eine große Fläche der Dachlandschaft aus roten Ziegeln durch die dunkelblauen bis anthrazitfarbenen Module verstellt, mit der baulichen Pracht wäre es zumindest für diese Fläche dahin. Dadurch könnten Nachahmer auf den Plan gerufen werden, lautete die Sorge der Kommunalpolitiker.
Roberta Leimbach („Frauenliste“) sprach von „zwei Herzen“ in ihrer Brust: Einerseits begrüße sie den Weg weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien, andererseits sei mit der Installation eine Verschandelung des Ortsbildes zu erwarten. Eine Einschätzung, die Bürgermeister Max Bertl (CSU) teilte: „Das wird dann definitiv ein Hingucker“. Die Entscheidung gegen eine Genehmigung des Bauvorhabens fiel denkbar knapp – mit Stimmengleichheit (6:6), per Kommunalgesetzgebung das Aus für einen Antrag.
Keine Vorbildfunktion abzugeben: Das befürchtet die Gemeinde auch bei einem anderen Projekt – dem Umbau von Wohnbestand in Ferienappartements in einem Anwesen im Ortsteil Lauterbach. Einer entsprechenden Nutzungsänderung zuzustimmen – wie es der Antrag des Bauherrn vorsieht –, ist aus Sicht der Steingadener Kommunalpolitiker in Zeiten grassierender Wohnungsnot ein falsches Zeichen. Breidenbach sprach im Falle einer Genehmigung von einem „Präzedenzfall“, den es zu vermeiden gelte, Ludwig Straub pochte gar auf Widerstand: „Hier wird ein wichtiger Markt entzogen, wo wir das ganze Jahr über diskutieren: Wie kriegen wir Wohnungen her?“ Hat die Gemeinde allerdings in diesem Fall überhaupt ein Mitspracherecht? Schließlich bleibt nach außen hin baulich alles beim Alten, Belange des Landschaftsbilds – und damit der Ortsgestaltungssatzung – werden nicht berührt. Der Rathauschef sprach von einer „schwierigen Entscheidung“, das Gremium beschloss, den Punkt zu vertagen, um sich hinreichend Kenntnis zu verschaffen. Der Bauausschuss soll sich vorab ein Bild von der Lage machen.