Beim Soll klar daneben geschossen

Oberallgäu – Wieder einmal gingen die Meinungen auseinander. Während Landrat Anton Klotz die Abschusszahlen beim Rotwild als „unzureichend“ bewertete, will man beim Kreisjagdverband und der Hochwildhegegemeinschaft Sonthofen das Ergebnis genauer betrachten und fordert, die Umstände und Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
Sowohl beim Gemswild als auch beim Rotwild wurden nur 94 Prozent des festgelegten Abschusssolls erreicht. Beim Rehwild erreichten die Jäger eine Punktlandung: 35 Prozent des Dreijahressolls sind bereits im ersten Jahr der Rechnung erreicht.
Mit seiner „Besorgnis über den Weg der Jagd im Oberallgäu“ hielt Landrat Klotz bei der jüngsten Hegeschau des Kreisjagdverbandes Oberallgäu in Fischen nicht hinterm Berg. „Leider wurde erneut sowohl beim Gemswild und erst recht nicht beim Rotwild ein vollständiger Erfüllungsgrad erreicht!“ Bei beiden Wildarten seien die Jäger auf 94 Prozent des vorgegebenen Solls gekommen. Während beim Gemswild 37 Stück auf das Soll (616) fehlen, beträgt das Defizit beim Rotwild 58 Stück auf das Soll von 987 Hirsche.
„Diese Werte halte ich insbesondere beim Rotwild für besorgniserregend“, kritisierte Klotz. „Man könnte sagen: sechs Prozent – was ist das schon? Doch der Sollabschuss des vergangenen Jagdjahres mit 987 Stück Rotwild war eigentlich ein Muss-Abschuss!“ Dieser Vorgabe habe der Jagdbeirat letztlich nur zugestimmt, nachdem die Jägerschaft versichert hatte, das Soll zu erfüllen und möglichst eine Übererfüllung anzustreben. Klotz: „Leider ist es dazu einmal mehr nicht gekommen.“
Auch seine Hoffnung, dass bei der jüngsten Abschussplanung für das Jagdjahr 2017/18 reagiert werde, habe sich zerschlagen, so der Landrat enttäuscht. Wenn die gemachten Vorschläge erkennen ließen, dass sie nur auf dem Papier bestehen sollten, fehle ihm jedes Verständnis. „Es ist Zeit für Solidarität, nicht für Egoismus!“ Die Abschusszahlen müssten vollständig erfüllt werden, so der Appell an die Jägerschaft.
Heinrich Schwarz, der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes, verteidigte das 94-Prozent-Ergebnis: Die Jäger hätten mit einem stetig steigenden Erholungsdruck zu kämpfen – mit Freizeitsportlern etwa, die spät abends und nachts noch unterwegs in den Jagdrevieren seien. Es sei an der Zeit, dass die Politik für „geordnete Bahnen“ sorge. Auch Fischens Bürgermeister Edgar Rölz fragte sich, wie die Jäger das Soll erfüllen sollten wenn die Natur „zu einer 24-Stunden-Outdoor-Spielwelt“ verkomme. Der Vorsitzende der Hochwild-Hegegemeinschaft Sonthofen, Fürst Erich von Waldburg-Zeil, bat, das Ergebnis nüchtern zu betrachten. Ein großer Anteil sei letztlich erfüllt worden; nur „einige wenige, spezifische Reviere“ lägen zurück. „Wir sind immer dahinter her...“
„Wir brauchen gesunde und an den Lebensraum angepasste Wildbestände“, betonte Forstdirektor Klaus Dinser vom Landwirtschaftsamt Kempten. „Fragen Sie die Rehe wo es ihnen besser geht – im Mischwald oder in der Monokultur!“ Die Forstleute wollten mit einer Jagd zusammenarbeiten, eine Jagd, die waidgerecht ans Werk gehe, aber den Blick auf den Wald nicht verliere. Niemand wolle den Wald wildfrei machen. „Bergmischwald und Rotwild ist möglich“, unterstrich der ehemalige Leiter des Forstbetriebes Sonthofen, Karl Kleiter. In seinem Rückblick räumte er ein: „In 25 Jahren wurde mir die Tanne wichtiger als die Jagd auf Trophäen.“
Das Problem Rinder-Tuberkulose hält die Oberallgäuer Jäger weiter auf Trab. Landrat Klotz lobte die Jägerschaft für ihren Einsatz bei diesem „unangenehmen Thema“ für die Mitarbeit dem Rotwild-Monitoring. Mehr als 2 500 Proben wurden bislang beigebracht. Da nur ein einziger positiver Befund zutage kam, könne man die Sache inzwischen „einigermaßen gelassen betrachten“, so Klotz. Dennoch werde das TBC-Wildtiermonitoring fortgesetzt.
Josef Gutsmiedl