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Baumschutz sorgt für Zündstoff bei Herrschinger Bürgerversammlung

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Von: Oliver Puls

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Die Gemeinde Herrsching gibt viel Geld für die Pflege der Bäume auf öffentlichen Ankagen aus. Für die Pflege und für Neupflanzungen von Sträuchern und Bäumen waren es im vergangenen Jahr rund 133.000 Euro.
Die Gemeinde Herrsching gibt viel Geld für die Pflege der Bäume auf öffentlichen Ankagen aus. Für die Pflege und für Neupflanzungen von Sträuchern und Bäumen waren es im vergangenen Jahr rund 133.000 Euro. © Gartenbauverein Herrsching

Herrsching – Bürgermeister Christian Schiller nannte es den „großen Aufreger“ der vergangenen Monate, die in der Bürgerversammlung viel Raum einnahm: Die Fällungen großer alter Bäume im Gemeindegebiet. Rund 40 Herrschingerinnen und Herrschinger fanden den Weg in die Martinshalle, online verfolgten über 100 Interessierte die Bürgerversammlung unter Corona-Auflagen.

Wer Bürgermeister Christian Schiller kennt, weiß, er ist niemand, der drei Stunden lang ruhig hinter einem Podium steht und erklärt und diskutiert. Wegen der strengen Corona-Auflagen und weil sein Rechenschaftsbericht auch im Netz zu verfolgen war, blieb ihm am vergangenen Donnerstag jedoch nichts anderes übrig. Neben der Situation um Geflüchtete aus der Ukraine – in Herrsching sind bislang 77 meist Frauen und Kinder angekommen, davon rund 27 Schulkinder –, den Baumaßnahmen an der Dreifachturnhalle an der Realschule oder dem Gemeindehaus in Widdersberg, Photovoltaik auf Herrschings Dächern oder der Entwicklung rund um das künftige Krankenhaus für den westlichen Landkreis, ging es um „das große Thema Baumschutz“, betonte Bürgermeister Schiller. Dazu zeigte er eine Postkarte aus dem Jahr 1912. Darauf zu sehen: ein paar wenige Häuser mit freien Wiesen und Feldern rechts und links der Mühlfelder Straße. Im Laufe der Zeit seien diese Bäume, die heute mit stattlichen Umfängen hoch in den Himmel ragen gepflanzt worden. Heute bietet die Gemeinde rund 11.400 Menschen eine Heimat. „Herrsching ist nicht im Wald entstanden“, richtete Schiller einen deutlichen Appell für mehr Sachlichkeit in der Debatte – und um Verständnis, dass diese alten Bäume irgendwann nicht mehr zu erhalten seien. Rund 53.000 Euro hat die Gemeinde alleine 2021 in den Erhalt der alten Eschen, Weiden und Rosskastanien gesteckt. Er gab zu, dass in den vergangenen Monaten „einiges zusammengekommen ist“. So mussten wegen Sicherungsmaßnahmen am Kienbach Bäume gefällt werden, die großen Bauprojekte forderten weitere Fällungen genauso wie die Sicherheit entlang Herrschings Promenade. Der Ruf nach Wiedereinführung der 2018 abgeschafften Baumschutzverordnung wurde laut. Die hatte der damalige Gemeinderat mit dem Verweis aufgehoben, diese sei rechtlich veraltet. Mit Blick auf den enormen Siedlungsdruck und einer Nachverdichtung der sehr teuer gewordenen Grundstücke lehnt der Gemeinderat bislang eine Wiedereinführung ab. Ein „zahnloser Tiger“ sei diese, daher hätten auch nur 94 von 2.066 bayerischen Kommunen eine Baumschutzverordnung erlassen, so Schiller, der aufzählte, dass allein in den letzten drei Jahren der Gültigkeit der Baumschutzverordnung 150 Fällungen beantragt wurden – pro Jahr wohlgemerkt. Davon wurden 20 abgelehnt, bei Gericht habe die Gemeinde nur ein einziges Mal gewonnen. Schiller kann sich anstatt neuer Verordnungen gemeindliche Zuschüsse für die Bürger von 100 Euro für Pflege oder Neupflanzungen vorstellen. Außerdem soll ein Arbeitskreis mit neuen Ideen nach Alternativen suchen.

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