Schülerinnen und Schüler müssen künftig nicht mehr in ein Gymnasium in einen Nachbarlandkreis, wie zum Beispiel in Germering, Fürstenfeldbruck oder Weilheim, geschickt werden, sondern können im Landkreis Starnberg zur Schule gehen. Dies sei der Anspruch des Landkreises und gelte auch für andere weiterführende Schulen. Denn dadurch entfallen laut Frey Gastschulbeiträge von rund einer halben Million Euro jährlich für 450 bis 500 Schüler, die aktuell außerhalb des Landkreises zur Schule gehen.
Frey nutzt in Herrsching die Gelegenheit, der örtlichen Kommune, den Zuständigen im Landratsamt sowie dem Architekten-Team für die Mitwirkung an dem „Kraftakt“ zu danken, der mit schwierigen Bauleitplan- und Vergabeverfahren verbunden gewesen sei.
Von Applaus begleitet ist der Dank an die anwesende Melanie Faude vom Bauamt in Herrsching, die mit dem Bebauungsplanverfahren betraut ist.
„Seit 13 Jahren kämpfen wir um diese Schule“, blickt Dr. Sonja Sulzmaier vom 2009 gegründeten Förderverein für ein zweites Gymnasium im westlichen Landkreis Starnberg“ zurück und erinnert in ihrer Ansprache an Demonstrationen gegen die Einrichtung. Sie sagt, dass am Ende alle politischen Gruppierungen „an einem Strang gezogen“ und auch der Erarbeitung des „wegweisenden“, pädagogischen Konzepts zugestimmt hätten. Erarbeitet worden sei es bei Workshops unter anderem mit Vertretern des Landkreises, der Gemeinde Herrsching und des Fördervereins. Auch ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördertes Forschungsvorhaben unter dem Leitgedanken „Optimierter Schulbau in Holzsystembauweise mit durch Low-Tech minimiertem Energieverbrauch“ begleitete diese Planung. Dabei ging es neben der Pädagogik und den dafür notwendigen Raum- und Ausstattungsangebote auch um Nachhaltigkeit in der Energiegewinnung. Der Kreisausschuss stimmte dem Konzept 2015 als Grundlage für die Errichtung eines Gymnasiums zu.
Das Lernen findet künftig in den Klassen fünf bis sieben im „Lernhausmodell“ statt, bei dem Schülerinnen und Schüler in einer bestimmten Einheit von Räumen lernen. Ab der achten Klasse ist fachbereichsbezogenes Lernen möglich. An der neuen Schule werden Klassen mit Schülerinnen und Schülern aus Herrsching gebildet, erklärt Dr. Soja Sulzmaier und äußert den Wunsch, dass ein Teil der Schüler schon ein Jahr früher als geplant, also bereits 2024 ins Gebäude einziehen soll. Ob das neue Gymnasium als offene oder gebundene Ganztagsschule an den Start geht, ist noch nicht entschieden. Dazu werde der Wunsch der Eltern abgefragt, erklärt die Vertreterin des Fördervereins. Bei der offenen Ganztagsschule wird anders als bei der gebundenen Form meist halbtags unterrichtet und im Anschluss ein weiteres, freiwilliges Nachmittagsprogramm geboten.
„Es ist ein fantastischer Tag für die Kinder im Landkreis und für die Gemeinde Herrsching“, sagt Herrschings Bürgermeister Christian Schiller beim Spatenstich. Seit seiner Kandidatur als Bürgermeister ist er mit dem Thema konfrontiert. Anfangs sei es geplant gewesen, das 17 Kilometer entfernte Gymnasium in Gilching im Landkreis Starnberg zu erweitern. Nun entstehe in Herrsching ein Neubau in Gemeinschaftsleistung.
Die Stimmkreisabgeordnete Dr. Ute Eiling-Hütig erinnert an eine Begegnung im Jahr 2013 mit dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Sie habe ihm bei einer CSU-Kreisverbandsveranstaltung in Andechs versichert, dass das Gymnasium in Herrsching tatsächlich gebraucht werde und er habe versprochen, das Projekt zur Chefsache zu erklären. Im gleichen Jahr wurde vom Ministerrat der Bau des Gymnasiums in Herrsching beschlossen. Zwei Jahre später fand man in der Grundstücksfrage eine Lösung – nur 100 Meter vom Ammersee entfernt.
„So eine Bauherrenschaft hatten wir noch nie!“ Das Lob von Professor Felix Schürmann, der mit seinem Team von Schürmann Dettinger Architekten die Gebäudeplanung übernahm, ist an das Landratsamt adressiert und betrifft die Zusammenarbeit mit der Verwaltung und die vorausschauende Planung, in der man sich bereits mit dem pädagogischen Konzept beschäftigte. „Das Gebäude soll Heimat für die Schüler sein“, erklärt Schürmann. Geprägt sei es auch vom Nachhaltigkeitsgedanken. Es entstehe eine Holzkonstruktion mit Glasfassaden, bestehend aus vier zweigeschossigen Baukörpern auf einem erdgeschossigen Betonsockelgebäude. Es nehme sich durch die Anordnung an der straßenabgewandten Seite zurück, um die vom Naturraum geprägt Stimmung an dem Standort zu erhalten. Deshalb werden die Freisportanlagen im Freien und nicht das Schulgebäude auf dem 47 Hektar großen Grundstück dem See zugewandt sein.
Im Gebäude gibt es eine Dreifachsporthalle und eine Tiefgarage. Geheizt werden soll die Schule über eine Geothermie-Anlage. Das innovative Lernkonzept der Schule bezeichnete Schürmann als „den nächsten Schritt“ einer modernen Schule, eine Schule des selbstverantworteten Lernens. Im Innenraum finden Lehrer und Lehrerinnen sowie Schüler und Schülerinnen künftig Räumlichkeiten vor, der „eher wie eine Wohnung organisiert“ seien. Denn es werde dort Frontalunterricht nur zu einem geringen Teil geben und nehme das Eigenstudium einen deutlich höheren Anteil ein, so Schürmann.
Brigitte Grams-Loibl, Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Oberbayern-West des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, hebt die beruflichen Entwicklungschancen für Lehrerinnen und Lehrer hervor, die künftig an dem neuen Gymnasium arbeiteten. Der künftige Schulleiter dürfe sich die handverlesene Lehrerschaft etwa ein Jahr vor Schulstart aussuchen.
Finanziert wird die Schule hauptsächlich vom Landkreis Starnberg. Er ist so genannter Vorhabensträger und übernimmt mit veranschlagten rund 88 Millionen Euro den Löwenanteil von 90 Prozent der Kosten. Wie Kreiskämmerer Stefan Pilgram beim Spatenstich erklärt, werde sich der Betrag wegen der Baupreissteigerungen wahrscheinlich auf über 95 Millionen Euro erhöhen. Die Gemeinde Herrsching finanziert zehn Prozent des Schulhauses. Zudem fließen 20 Millionen Euro öffentliche Mittel ein.
Aktuell laufen vorbereitende Maßnahmen zu den Spezialtiefbauarbeiten. Sie werden voraussichtlich bis Mitte April dauern. Dann sollen die tatsächlichen Bauarbeiten mit den Bohrpfahlwänden, der Dichtwand und den Ankerarbeiten beginnen. Ab August soll dann am Rohbau gearbeitet werden.