Falk Sluyterman (SPD) brachte noch ein, dass über zehn Kreisräte entschuldigt seien und somit nicht abstimmen könnten. Außerdem sei es ein „schlechtes Zeichen“ jetzt eine Entscheidung zu fällen, wenn am 14. Dezember eine Bürgerinfo zum Schongauer Krankenhaus anstehe.
Wolfgang Taffertshofer (BfL) plädierte hingegen für das Behandeln des Punktes. „Es ist ja keine Entscheidung für oder gegen etwas.“ Es gehe nur darum, sich auf den Weg zu machen. Stefan Zirngibl (CSU) erinnerte zudem daran, dass das Gutachten bei der jüngsten Klausurtagung ausführlich vorgestellt worden sei. Letztlich stimmten nur fünf Kreisräte für den Antrag von Majaru.
Damit war die Diskussion zur Krankenhaus GmbH eröffnet. Diese fand auf Grundlage der Beschlussvorlage statt. Diese besagt, dass die Krankenhaus GmbH gemäß dem Gutachten zeitnah weiterentwickelt werden soll. Konkret: Der Standort Weilheim wird zum Schwerpunktversorger weiterentwickelt. Zudem soll die Versorgungsstufe 2 erreicht werden, indem unter anderem die intensiv- und notfallmedizinischen Kompetenzen ausgebaut werden.
Beim Standort Schongau soll die Grundversorgung mit Basisnotfallversorgung erhalten bleiben (Versorgungsstufe 1). Eine Ambulanzklinik mit Facharztzentrum soll entwickelt und die geriatrische Versorgung ausgeweitet werden. Genauso wie das Zentrum zur Entwöhnung von künstlicher Beatmung. Auch eine palliativmedizinische Versorgung wird auf- und der Aus- und Fortbildungsbereich ausgebaut.
Laut Beschlussvorlage soll die Bündelung der stationären Versorgung an einem zentralen Klinikstandort mit Medizincampus angestrebt werden. Die Finanzierung und Realisierbarkeit müsse noch überprüft werden. Das bedeutet auch, wenn ein Neubau kommt, wird das Weilheimer Krankenhaus dorthin ausgelagert. Schongau bliebe mit den oben genannten Veränderungen bestehen. Falls ein Klinikneubau nicht umsetzbar ist, soll eines der bestehenden Krankenhäuser zum zentralen Standort ausgebaut werden.
Prof. Dr. Norbert Roeder, der das Gutachten erstellte, fasste die Gründe für dieses Vorhaben zusammen. Da wäre zum einen der Fachkräftemangel. Roeder, der selbst approbierter Arzt ist und seit 2017 Krankenhäuser und Kliniken berät, sprach von einer Verschlimmerung der Lage in den nächsten Jahren. Der Ärztliche Direktor in Schongau, Prof. Reinhold Lang, der ebenfalls an der Sitzung teilnahm, bestätigte das. Bei einer ausgeschriebenen Stelle für einen Assistenzarzt habe er zum Beispiel keine einzige deutschsprachige Bewerbung bekommen. Das Sprachniveau der Bewerber sei zudem nicht gut genug gewesen. Das habe zur Folge, dass die Stelle eines Assistenzarztes auch schon mal ein Jahr unbesetzt bleibe.
Lang machte deutlich: „Es brodelt.“ Die bestehenden Fachkräfte zu halten sei nicht einfach. Sie wollen endlich eine Entscheidung, wie es mit Schongau weiter geht.
Roeder führte weiter aus, dass vor allem Schongau vom Fachkräftemangel betroffen sei. Weilheim gehöre zum „Speckgürtel von München“. Daher habe die Kreisstadt viele in der Landeshauptstadt lebende Ärzte. Die würden aber nicht bis nach Schongau fahren wollen. Die Folgen, wenn irgendwann zu wenig Personal da ist: Stationen müssen geschlossen werden.
Aber nicht nur an Fachkräften mangelt es in Schongau. Auch die Patienten fehlen. Viele, so Roeder, würden bei geplanten OPs zu Häusern in den benachbarten Landkreisen gehen. Schwere Notfälle würden auch heute schon nach Weilheim oder etwa nach Murnau gebracht. Wenn alles so bleibe wie es ist, könne man Schongau auf Dauer nicht halten, so das Fazit Roeders.
Hans Schütz (Grüne) zweifelte an den Aussagen des Experten. „Ich glaube nicht, dass es so schlimm mit dem Personal wird.“ Mit „entsprechenden Maßnahmen“ könne man das Personal nach Schongau holen, war sich der Kreisrat sicher. Er favorisierte denn auch Schongau als Zentralstandort anstelle eines eventuellen Neubaus.
Roeder widersprach. Man habe verschiedene Standorte überprüft. Schongau wäre bei Notfällen nicht von überall im Landkreis innerhalb von 30 Minuten erreichbar. Das sei aber gesetzlich vorgeschrieben. Besser sei ein Standort zwischen dem Süden Weilheims und Peißenbergs.
Ein weiterer Kritikpunkt, den Dr. Friedrich Zeller (SPD) anbrachte, bezog sich auf die Pflegeschule. Für Zeller unverständlich: „Es gibt keine Schule, die nicht an einem Krankenhaus angesiedelt ist.“ Viele Azubis seien noch keine 18 Jahre und deshalb auf eine zentrale Lage angewiesen. Thomas Lippman, Geschäftsführer der Krankenhaus GmbH, entgegnete, dass es sehr wohl Schulen gebe, die nicht an ein Krankenhaus angeschlossen seien. „Schüler müssen heutzutage mobil sein“, da sie nicht nur im eigenen Landkreis eingesetzt würden. So würden die Schüler aus Schongau zum Beispiel auch am Klinikum rechts der Isar agieren.
Roeder verdeutlichte bei der Sitzung, dass eine Veränderung kommen müsse. Er rechnet stark damit, dass sich das Krankenhaus Schongau im aktuellen Zustand nicht halten lasse. Zumal eine „bundesweite Krankenhaus-Strukturreform kommen wird“.
Die Aufsichtsratsmitglieder der Krankenhaus GmbH Peter Ostenrieder (CSU) und Michael Asam (SPD) stimmten Roeder in seinen Aussagen zu. Der Aufsichtsrat habe einvernehmlich für den Weg des Experten gestimmt. Es sei „allerhöchste Eisenbahn für eine Entscheidung“, so Asam. Ostenrieder bemerkte, dass alle Experten das bestätigen würden, was Roeder sage. Man werde beide Häuser nicht so halten können wie momentan.
Auf Antrag von Kreisrat Majaru gab es schließlich eine namentliche Abstimmung. Gegen die Beschlussvorlage stimmten: Dr. Kerstin Engel (Grüne), Peter Maier (Linke), Hans Mummert (SPD), Franz Reßle (ÖDP), Schütz, Sluyterman, Manuela Vanni (Unabhängige), Dr. Maiken Winter (ÖDP), Elke Zehetner (SPD) und Zeller.
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