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Zehn Jahre „Asyl im Oberland“

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Von: Ursula Gallmetzer

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Begrüßten als Helfer der ersten Stunde die Gäste beim Fest zum zehnjährigen Bestehen von „Asyl im Oberland“ (v.li.): Annette und Jost Herrmann, Lisa Hogger sowie Inge Putzier.
Begrüßten als Helfer der ersten Stunde die Gäste beim Fest zum zehnjährigen Bestehen von „Asyl im Oberland“: (v.li.): Annette und Jost Herrmann, Lisa Hogger sowie Inge Putzier. © Gallmetzer

Peißenberg - Aktive und ehemalige Helfer, Geflüchtete aus vielen Ländern, Vertreter der Kirche, aus der Politik und von Wohlfahrtsverbänden: Rund 200 Menschen, die in den letzten zehn Jahren mit „Asyl im Oberland“ zu tun hatten, kamen vergangene Woche in die Tiefstollenhalle, um gemeinsam zurückzublicken und zu feiern.

Peißenberg – „Begonnen hat alles mit einem Telefonat“, erinnerte sich Pfarrer Jost Herrmann an den Frühling 2013. Zwei syrische Frauen, die es aufzunehmen galt, wurden angekündigt. Doch was mit zwei Menschen begann, war nur der Anfang einer großen Herausforderung. Es folgten immer mehr Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. „Kurz darauf hatten wir unser erstes Treffen des Unterstützerkreises“, so Herrmann rückblickend. In immer mehr Gemeinden bildeten sich in der Folge Helferkreise. Schließlich waren es 27 Gruppen aus dem gesamten Landkreis, die sich unter dem Zusammenschluss „Asyl im Oberland“ gegenseitig halfen und Erfahrungen austauschten. Bis heute sind sie im Einsatz, so der Pfarrer.

„Eigentlich ist es kein Grund zum Feiern“, gab Herrmann zu bedenken. Denn immer noch müssten viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen. „Dass es eine Organisation wie uns überhaupt geben muss, ist kein Grund zum Feiern“, fand auch Lisa Hogger, die mit Herrmann zusammen „Asyl im Oberland“ leitet. Ungeachtet dessen wurden auch die positiven Aspekte aufgezeigt, die „Asyl im Oberland“ regelmäßig erlebt. Dazu gehören unter anderem Begegnungen zwischen Menschen jeden Alters aus aller Welt, viel Unterstützung von Helfern und Gemeinden oder ein fairer Disput über all die Jahre. Und dann natürlich die Erfolgsgeschichten in Sachen Integration: „Wir sind froh, dass viele angekommen sind und ihren Platz in der Gesellschaft gefunden haben“, freute sich Herrmann. „Und wir sind dankbar, dass viele sich noch einsetzen“, ergänzte Hogger mit Blick aufs Publikum, in dem viele Ehrenamtliche saßen.

Die politische Arbeit stand genauso im Fokus wie das kürzlich entstandene 95 Seiten dicke Integrationskonzept. „Das soll kein Konzept für die Schublade sein“, betonte Inge Putzier von den Weilheimer Unterstützern. Erste Maßnahmen daraus seien bereits in der Umsetzung.

Auch in die Zukunft wurde geblickt, denn „die Herausforderungen werden nicht weniger“, merkte Putzier mit Blick auf die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen an. Durch den Ukrainekrieg seien derzeit mehr Flüchtlinge als 2016 im Landkreis. Doch da viele der Ehrenamtlichen – zu Spitzenzeiten waren es 900 – nicht mehr aktiv sind, müsse man mit weniger Unterstützern auskommen. „Die Arbeit hat sich multipliziert, aber wir haben auch neue Helfer gefunden“, erklärte Hogger. Für sie sei es in diesem Zusammenhang ein Glücksfall, dass bisherige Erfahrungen und Strukturen genutzt werden können.

Positiv habe sich in all den Jahren die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt entwickelt. „Wir arbeiten gut und konstruktiv zusammen“, lobte Putzier.

Andrea Martin vom Ausländeramt betonte in der Podiumsdiskussion, dass sehr viele Geflüchtete arbeitswillig seien und inzwischen auch viele eingebürgert werden wollen. Seien es 2020 nur 15 Menschen gewesen, die den deutschen Pass beantragt hatten, habe sich die Zahl im vergangenen Jahr schon auf 130 gesteigert, gab sie Einblicke in die Behördenarbeit. Sie erläuterte auch, welch strenge Kriterien erfüllt sein müssen für die Einbürgerung.

Die Kinderbetreuung war ebenfalls ein Punkt, der im Rahmen der Podiumsdiskussion beleuchtet wurde. Denn um Kurse zu besuchen oder arbeiten zu können, sei diese oft nötig. Jedoch mangele es an Plätzen. „Das ist ein schwer planbarer Prozess, wenn man nicht weiß, wie viele kommen“, konnte Peißenbergs Bürgermeister Frank Zellner keine Lösung versprechen.

Der Afghane Ebrahim Rezai ermutigte alle Geflüchteten, trotz so mancher Widrigkeiten motiviert zu bleiben: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Hogger appellierte in diesem Zusammenhang an alle Menschen: „Ich wünsche mir, dass Sie mehr Miteinander und mehr Freundschaften zulassen.“

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