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Lindner erntet Shitstorm nach „Anne Will“ - und Widerspruch von 12.000 Wissenschaftlern

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Von: Florian Naumann, Maximilian Kettenbach

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FDP-Chef Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner © dpa / Michael Kappeler

FDP-Politiker Christian Lindner polarisiert mit seinem Kommentar zu den Schüler-Demonstrationen, Varoufakis irritiert AfD-Frau von Storch. Anne Will zum Nachlesen.

Update vom 12. März, 12.05 Uhr: Mehr als 12.000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützen in einer gemeinsamen Stellungnahme die Klimabewegung „Fridays for Future.“ Am Freitag soll eine Liste der unterstützenden Forscher an die Umweltaktivisten übergeben werden. „Ärzte haben die Aufgabe Leben zu schützen und auf Gesundheitsgefahren hinzuweisen. Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsgefahr“, warnte Unterstützer Eckart von Hirschhausen, Arzt und Wissenschaftsjournalist am Dienstag in Berlin.

Schüler und Studenten in Deutschland und aller Welt demonstrieren mittlerweile jeden Freitag während der Unterrichtszeit unter dem Motto „Fridays For Future“ für den Klimaschutz.

„Wir sind die Profis und sagen: Die junge Generation hat Recht“, sagte Volker Quaschning, von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin in Bezug auf eine Äußerung von FDP-Chef Christian Lindner. Lindner schrieb, dass man von Kindern und Jugendlichen nicht erwarten könne, die Zusammenhänge der Klimakrise zu verstehen. Das sei eine Sache für Profis. In der TV-Sendung „Anne Will“ hatte er seine Aussagen relativiert, aber nicht zurückgenommen.

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Die Organisatoren von #FridaysForFuture wollen am Freitag so umfassende internationale Schulstreiks auf die Beine stellen wie noch nie zuvor. Bislang sind Kundgebungen in mehr als 1200 Städten in 92 Ländern geplant, wie aus einer Liste des globalen Netzwerks hervorgeht. Allein in Deutschland sind mehr als 180 Proteste angesetzt.

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Zündstoff bei „Anne Will“: Diese Aussage brachte Christian Lindner unter Druck

Update vom 11. März, 16.49 Uhr: Die freitags stattfindenden Schüler-Demos „fridays for future“ gegen den Klimawandel spalten weiter die Politik: FDP-Chef Christian Lindner kritisierte Protestaktionen während der Unterrichtszeit und sprach den Schülern ausreichend Wissen beim Thema Klima ab. "Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen", sagte Lindner der "Bild am Sonntag" und fügte hinzu: "Das ist eine Sache für Profis."

Lindner plädierte dafür, die Proteste in die Freizeit zu verlegen. In der Unterrichtszeit sollten Schüler sich "lieber über physikalische und naturwissenschaftliche sowie technische und wirtschaftliche Zusammenhänge informieren".

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Lindner erntet Shitstorm auf Twitter

Auch auf Twitter untermauerte der Politiker diesen Kommentar. „Ich finde politisches Engagement von Schülerinnen und Schülern toll. Von Kindern und Jugendlichen kann man aber nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis“, schrieb Lindner. Für diesen Tweet erntete Lindner einen Shitstorm: „Sie haben da wohl was missverstanden. Die Schüler und Studenten von #FridaysForFuture gehen auf die Straße, gerade weil Politiker wie Sie nicht auf die Profis (Wissenschaftler) hören“, war eine Reaktion auf den Post. Juso-Chef Kevin Kühnert kommentierte: „Ein altes Missverständnis rund um das Thema Kinder- und Jugendbeteiligung: Das Erfassen aller globalgalaktischen Zusammenhänge ist KEINE (!) Voraussetzung für demokratische Teilhabe (auch bei Erwachsenen nicht). Wir leben nicht in einer Aristokratie.“

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Lindner rechtfertigt sich bei Anne Will - mit kuriosem Zahnarzt-Vergleich

Unter die meisten Reaktionen kommentiert Lindners Team den immer gleichen Satz: „Profis meint hier nicht ‚Politiker‘ oder ‚Erwachsene‘. Sondern die Wissenschaftler, Ingenieure. Die sollen über Auswahl der besten Mittel entscheiden, um Klimaschutz zu erreichen.“ Diese Rechtfertigung bringt der FDP-Politiker auch bei Anne Will nochmal zum Ausdruck - inklusive kuriosem Zahnarzt-Vergleich: „Klimaziele werden demokratisch entschieden, da wird demonstriert, aber: Vom Diesel bis zur Energiepolitik sollten wir bei der Erreichung der Ziele stärker wieder auf Naturwissenschaftler, Techniker und Ingenieure vertrauen: Wir können uns gegenseitig sagen, dass wir keine guten Zähne haben, aber wir gehen danach zum Zahnarzt, um das richten zu lassen, weil der hat wirklich Ahnung davon.“ 

Als Reaktion darauf überzieht Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis sogar Anne Wills Sendezeit - sein Kommentar ist unten in der Ursprungsmeldung zu lesen.

Währenddessen verteidigte Lindner auch auf Twitter seine Meinung zu den Schüler-Protesten: 

Varoufakis irritiert AfD-Frau von Storch - und bringt Anne Will in die Zwickmühle

Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis war zu Gast bei Anne Will am Sonntagabend.

Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis war zu Gast bei Anne Will am Sonntagabend.
Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis war zu Gast bei Anne Will am Sonntagabend. © Screenshot ARD

Ursprungsmeldung vom 11. März 2019: München - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat unlängst Alarm geschlagen. Er befürchtet die Spaltung Europas und verfasste deswegen einen dramatischen Appell. „Noch nie war Europa in so großer Gefahr“, meinte er und forderte einen Neubeginn. Seine Lösung: Mehr Europa, weniger Nationalstaat. Was das heißt? Macron will den europaweiten Mindestlohn, eine gemeinsame soziale Grundsicherung, eine europäische Asylbehörde, Grenzpolizei und Klimabank.

Zehn Wochen vor der Europawahl steht viel auf dem Spiel. Von Macron geht ein Aufbruchssignal aus, dem nicht alle folgen wollen - das wird auch am Sonntagabend in der ARD-Talkrunde „Anne Will“ deutlich. Manfred Weber (CSU), der bald Kommissionspräsident werden möchte stellt dort klar: „Wir leben heute im besten Europa, was wir jemals hatte. Wir können in Frieden und Freiheit leben. Deutschland kann in einem Wohlstand leben, den es zuvor noch nie gehabt hatte. Das sollten wir einfach mal wertschätzen!“ Dennoch sei es legitim, jetzt zu überlegen, wie es auf dem Kontinent weitergehen könne.

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Gerade ist Greta Thunberg und die Protestbewegung "Fridays for Future" von Amnesty ausgezeichnet worden. Nun gibt es eine Umfrage, wie groß die Unterstützung in der deutschen Bevölkerung wirklich ist.

Anne Will (ARD): Macron spaltet vor Europawahl die Runde

FDP-Chef Christian Lindner verwickelt sich bei Anne Will in Widersprüchlichkeiten, lehnt Macrons Ideen ab, feiert den Franzosen dennoch: „Die Vergemeinschaftung von Schulden macht uns nicht stärker“, warnt er etwa mit Blick auf Macrons jüngste Vorschläge. „Das kann nicht zulasten des deutschen Steuerzahlers gehen.“ Dafür gibt es zwar Beifall, aber sogleich auch den Konter: „Man kann nicht Macron toll finden und dann sein Programm zerlegen“, konstatiert CSU-Mann Weber sachlich, aber doch spitz.

„Es gibt Unterschiede zwischen uns und Macron, aber die sind kleiner als die zwischen Ihnen und Orban“, schimpft Lindner zurück und macht das nächste Fass auf. Ungarns Ministerpräsident steht nach seinem Anti-EU-Wahlkampf kurz vor dem Ausschluss aus der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament - darf man Weber Glauben schenken.

Anne Will (ARD): Varoufakis irritiert AfD-Frau von Storch

Es geht wild durcheinander, viele Themen werden angeschnitten, nichts wirklich ausdiskutiert. Spannend ist es trotzdem - auch weil Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis zu Gast ist. Der findet, die Deutschen hätten „Macron umarmt und zu Tode geküsst.“ Varoufakis hofft bei der Europawahl im Übrigen auf eine Rückkehr auf die europäische Bühne. Er ist gewählter Spitzenkandidat der transnationalen Bewegung „Democracy in Europe Movement 2025“ (DiEM25). Offiziell tritt er für die Partei „Demokratie in Europa“ an, ein deutscher Ableger der Bewegung.

Und dieser Varoufakis verwirrt bei Anne Will AfD-Frau Beatrix von Storch, als die behauptet, die EU sei undemokratisch, weil von den rund 750 Europaabgeordneten nur 96 in Deutschland gewählt würden, diese aber über Deutschland bestimmen dürften. „Wie viele möchten Sie denn? Wollen Sie 700 Abgeordnete?“, fragt Varoufakis da grinsend. „Für die AfD?“, erwidert von Storch irritiert. Natürlich nicht: Der Grieche meinte 700 Abgeordnete für Deutschland...

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Anne Will (ARD): AfD-Politikerin von Storch wirbt für „Dexit“ - Lindner kontert

Später wirbt die AfD-Frau für einen „Dexit“ (“als letztes Mittel“), den möglichen Austritt Deutschlands aus der EU. Und Macron sei ein „Loser“ im eigenen Land, weshalb er die Flucht nach Europa ergreife, findet von Storch. Lindner will von ihr wissen: „Glauben Sie ernsthaft, dass ein deutscher Wirtschaftsminister allein in Peking die Interessen des Landes durchsetzen könnte? In welcher Welt leben Sie? So naiv können doch nicht mal Sie sein.“

Varoufakis raubt Anne Will die Zeit

Dann wird die Zeit knapp: Plötzlich geht es um die Klima-Demonstrationen von Schülern, Lindner will sich noch verteidigen. Er ist schließlich gegen die Demos und für „Profis“, sprich Wissenschaftler und Ingenieure, die sich des Klima-Problems annehmen sollten. Will aber hat es eilig. Sie muss zu den Tagesthemen abgeben. 

Doch eines brennt Varoufakis noch auf der Zunge. Will deutet auf ihre Uhr, schaut fast ungläubig, aber will ihren weitgereisten Gast wohl nicht vor dem Kopf stoßen. Sie weiß keinen Weg aus der Zwickmühle und lässt ihn gewähren. „Einen Punkt muss ich noch sagen. Ich bin für Experten“, beginnt Varoufakis, aber er fürchte, dass die Wissenschaft in unserem System gegen die Wand rase und die künftigen Generationen dafür zahlen würden. „Wir enden dann in einem Europa, wo die Kinder wie Erwachsene sind und Erwachsene mehr so wie Kinder. Und die Orbans dieser Welt sind ein Symptom für das Scheitern der Union, rational die Krise anzugehen.“ Das musste raus.

„Karin Miosga, wir sind viel zu spät“, entschuldigt sich Anne Will bei der Tagesthemen-Moderatorin gleich mehrmals. Dann ist der ARD-Sonntagstalk geschafft. Das Fazit: Der EU-Wahlkampf hat begonnen. 

Erstmeldung vom 10. März: Anne Will debattiert über Europa

Berlin - Jahrzehntelang galt die EU als beispiellose Erfolgsgeschichte - mittlerweile ist das große europäische Projekt in der Krise. Zu sehen ist das auch daran, dass bei der Europawahl im Mai in vielen Ländern wohl ausgerechnet Parteien den Weg ins Europaparlament finden werden, die die EU schwächen oder gar direkt abschaffen wollen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat gar schon zu einer grundlegenden Reform der EU aufgerufen.

Wie die EU in solche Schwierigkeiten geraten konnte und was nun zu tun ist, diese Frage ist am Sonntagabend auch Thema beim TV-Talk „Anne Will“ im Ersten. „Europa vor der Wahl - mehr EU oder mehr Nationalstaat?“ lautet der Titel der Sendung.

„Anne Will“ am Sonntagabend im Ersten: Das sind die Gäste beim Thema EU

Dass die Sendung turbulent werden könnte, dafür sorgt nicht zuletzt die Auswahl der Gäste: So werden EU-Gegner von rechter Seite und Kritiker von linker Seite aufeinandertreffen: Beatrix von Storch (AfD) und der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis werden wohl nicht viele gemeinsame Standpunkte finden.

Auch an großen Namen aus den etablierten Parteien fehlt es nicht: Mit Manfred Weber (CSU) mischt der Kandidat der konservativen EVP für das Amt des Kommissionspräsidenten in der Debatte mit. Und die FDP entsendet ihren Parteichef Christian Lindner in die Runde. Komplettiert wird die Riege der Diskutanten von der Journalistin Cathrin Kahlweit.

Vergangene Woche hatte bei „Anne Will“ eine Putzfrau mit einer harten Attacke auf einen Ex-Bundeskanzler für Aufsehen gesorgt.

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Wegen Brexit-Chaos: Anne Will fällt heute aus

Die Koalition streitet über den richtigen Weg für mehr Klimaschutz. Einigen Umweltverbänden reichen die bisherigen Pläne für den Verkehr nicht aus.

Der ARD-Polit-Talk „Anne Will“ gehört für viele Fans fest zum Sonntagabend. Doch gerade pausiert die Sendung - das sorgt für Ärger und Spott bei den Fans

Lesen Sie auch: In einem Interview äußert sich Angela Merkel zur Mammut-Aufgabe Klimaschutz. In einem Interview gibt sich die Kanzlerin dabei auch selbstkritisch.

fn/mm/tz

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