In London herrscht derweil Ratlosigkeit und Kopfschütteln. Unglaublich: Wie es nun weitergeht, ist völlig unklar.
15.42 Uhr: Die Nein-Stimmen überwiegen erneut. Das britisches Unterhaus lehnt das Brexit-Abkommen erneut ab. Mit einer Mehrheit von 344 gegen 286 Stimmen votierte das Unterhaus gegen die Premierministerin. Nun droht dem Land entweder ein Austritt ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexits mit einer Teilnahme an der Europawahl Ende Mai. May verzweifelt: Die Ablehnung des Vertrags werde "schwere" Folgen haben, sagte sie nach der Abstimmung und warnte vor einem harten Brexit am 12. April. Corbyn ist dagegen erleichtert.
Der britische Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei hat Premierministerin Theresa May zum Rücktritt aufgefordert und eine Neuwahl verlangt. „Das ist jetzt das dritte Mal, dass der Deal der Premierministerin zurückgewiesen wurde“, sagte der Oppositionsführer am Freitag im britischen Unterhaus.
Nun müsse eine Alternative dazu gefunden werden. Dazu habe das Parlament am Montag die Gelegenheit. „Wenn die Premierministerin das nicht akzeptiert, dann muss sie gehen. Nicht zu einem unbestimmten Datum in der Zukunft, sondern jetzt, so dass wir bei einer Neuwahl über die Zukunft des Landes entscheiden können.“
15.35 Uhr: Das Unterhaus füllt sich wieder. Nun geht es an die Auszählung.
15.31 Uhr: Die Abgeordneten verlassen nach der May-Rede das Parlament, stimmen ab. Gleich steht das Ergebnis fest.
15.12 Uhr: Und jetzt spricht sie doch: Theresa May wirbt für ihren Plan. Die Reaktionen sind emotional. Man hört viele laute Rufe aus dem Plenum. May erinnert nochmal an das historische Datum. Sie bedauere, dass man heute nicht austrete, an diesem 29. März, so May.
May hofft auf ein Signal an die EU, „dass Großbritannien sein Wort hält“. Man gehe nicht blind in den Brexit, wenn man den Deal nun annehme, erklärt May. Sie wisse, dass sie die Abgeordneten um eine harte Entscheidung bitte. Man solle Parteiinteressen auf die Seite schieben und den Willen des Volkes umzusetzen. May erklärt noch einmal, sich opfern zu wollen und den Weg frei machen zu wollen, wenn der Deal angenommen werde.
Parlamentssprecher Bercow muss immer wieder um Ruhe bitten: „Respekt füreinander haben, uns schauen viele Menschen zu.“
Die Abgeordneten sollten sich bei der nun anstehenden Abstimmung ihrer Verantwortung für das britische Volk bewusst sein, sagt Theresa May. Genau das habe sie selbst auch getan, so die Regierungschefin. Das anstehende Votum sei die "letzte Chance, um den Brexit zu garantieren", so Theresa May.
15.05 Uhr: Labour-Chef Jeremy Corbyn ist als vorletzter Redner dran. May kommt dann wohl noch. Für den Fall, dass Theresa May heute erneut eine Niederlage kassiere, gebe es keine andere Alternative als eine Parlamentswahl, so Corbyn. Wumms! So oder so, diese Abstimmung heute dürfte Folgen haben.
15.01 Uhr: „Allen Abgeordneten, denen man in Westminster über den Weg läuft, wird die selbe Frage gestellt - was um alles auf der Welt macht sie (Theresa May), wenn sie heute Abend wieder verliert? Niemand hat die leiseste Ahnung““, meint Jessica Elgot, Chefreporterin der britischen Tageszeitung "The Guardian", auf Twitter.
14.55 Uhr: Kneift May etwa? Laut der Bild-Zeitung ist zum Augenblick nicht bekannt, ob Theresa May vor der brisanten Abstimmung noch einmal für ihren Deal werben wird, um zweifelnde Abgeordnete auf ihre Seite zu ziehen. Klar ist auf alle Fälle, dass May noch immer nicht ans Rednerpult getreten ist, über den Deal jedoch in wenigen Minuten abgestimmt werden soll. Eine Abgeordnete nannte den Deal „einen Haufen Mist“. Bei Phönix sind sich die Experten einig: Für Mays Deal reicht es auch dieses Mal nicht.
14.32 Uhr: Vor dem Hintergrund des Brexits wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am kommenden Donnerstag zu einem Kurzbesuch nach Irland reisen. Sie wolle sich auf Einladung von Premierminister Leo Varadkar vor Ort ein Bild über die aktuelle Situation machen, teilte eine Regierungssprecherin am Freitag in Berlin mit. Im Vordergrund der politischen Gespräche in Dublin stünden europapolitische Fragen, vor allem die aktuellen Entwicklungen zum Austritt Großbritanniens aus der EU.
14.28 Uhr: Mindestens zehn britische Kabinettsmitglieder erwägen nach einem Medienbericht, ihren Hut als mögliche Nachfolger für Premierministerin Theresa May in den Ring zu werfen. Dazu gehörten Außenminister Jeremy Hunt, Innenminister Sajid Javid, Arbeitsministerin Amber Rudd, Umweltminister Michael Gove und Gesundheitsminister Matt Hancock, berichtete die Zeitung „The Guardian“ am Freitag unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen.
Auch die Staatssekretärin im Finanzministerium, Liz Truss, Verteidigungsminister Gavin Williamson, die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Andrea Leadsom, Brexit-Minister Stephen Barclay und Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt sind dem „Guardian“ zufolge im Gespräch.
Auch über andere Kandidaten wird britischen Medien zufolge spekuliert: Dazu gehören unter anderem der frühere Außenminister Boris Johnson, Vizepremier David Lidington und Verteidigungsstaatssekretär Tobias Ellwood.
14.00 Uhr: In einer halben Stunde ist es soweit und Theresa May wird versuchen, die Abgeordneten des Unterhauses in einer abschließenden Rede von ihrem Deal zu überzeugen. Wir bleiben für Sie dran.
London - Dass ausgerechnet heute, am 29. März, das Schicksal von Theresa May besiegelt werden könnte, es scheint fast logisch. Denn eigentlich sollte in der Nacht zum Samstag der Brexit vollzogen werden und Großbritannien aus der EU austreten. So kommt es nun nicht. Einen Schicksalstag hat May dennoch zu überstehen.
Auf dem Programm im Unterhaus steht Mays dritter Versuch den ausgehandelten Deal durch das britische Parlament zu boxen. Zunächst hatte ihr Parlamentssprecher John Bercow das noch mit dem Hinweis auf eine Regelung von 1604 verwehrt. Diese besagt, das ein und dieselbe Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann.
May wendete einen Kniff an: Sie trennte die Abstimmung über den Brexit-Deal von der über die Zusatzvereinbarung mit der EU. Bercow hat bereits grünes Licht gegeben.
Sollte der Deal angenommen werden, hat May bereits ihr eigenes politisches Schicksal besiegelt - dann will sie zurücktreten. Die damit verbundene Hoffnung: Abtrünnige Tory-Abgeordnete vielleicht doch noch von einem Votum „pro Deal“ zu überzeugen. Zudem befindet sich May in der Sackgasse, dürfte einigermaßen verzweifelt sein. Bei einigen Parteikollegen verfing das Manöver: Boris Johnson etwa hat einen Kurswechsel angekündigt und will nun den Deal stützen.
Lesen Sie auch: Irre Brexit-Nacht: May zieht erste Konsequenz - auch KEIN Brexit möglich oder Theresa May vor dem Aus? Das sind die Favoriten auf die Nachfolge
Die Brexit-Debatte im britischen Unterhaus startete am Freitagvormittag. Ab 14.30 Uhr will Theresa May das Unterhaus noch einmal einschwören, den Deal anzunehmen. Wie der Guardian berichtet, könnten auch weitere Tory-Abgeordnete bei der für 15.30 geplanten Abstimmung tatsächlich ihre Haltung ändern - und das Verhandlungsergebnis der Premierministerin nun stützen.
Wahrscheinlicher ist es dennoch nicht geworden, dass May nach den gescheiterten Abstimmungen im Januar und Ende März den Deal nun durchbringt. Denn noch immer will die nordirische Partei DUP, auf deren zehn Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, nicht für den Vertrag stimmen. Auch die größte Oppositionspartei Labour lehnt ihn ab: Man wolle sich nicht hinter einen „Brexit im Blindflug“ stellen, hieß es.
Vor der Brexit-Abstimmung sprachen britische Medien sogar von einem „Tag der Abrechnung“. Handelsminister Liam Fox warnte in einem BBC-Interview davor, dass die Wähler sich betrogen fühlen könnten, wenn der Vertrag durchfalle. Fox sieht sogar die „politischen Strukturen“ des Landes in Gefahr.
Kritik kommt auch aus Deutschland. In einem Interview mit dem Münchner Merkur* sagte SPD-Mann Martin Schulz: „Was sich in London abspielt, ist unerträglich. Wenn es allerdings zu einem Ende mit Schrecken kommt, dann wird es für alle dramatisch. Und das kann niemand wollen. Es wird bis zum 12. April zu einer Entscheidung kommen müssen. Ich hoffe, dass irgendwie noch Vernunft in London einzieht. Womit ich zu Ihrer ersten Frage zurückkomme: Es ist erschreckend, mit welchem Zynismus politische Seilschaften in London ihre Spielchen zulasten des gesamten britischen Volkes spielen.“
Ende dieser Sitzungswoche läuft eine von der EU gesetzte Frist ab, bis zu der in London zumindest der Brexit-Vertrag gebilligt sein muss. Fehlt die Zustimmung, droht zum 12. April ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen oder eine sehr lange Verschiebung des Brexits.
Lesen Sie auch: „Wie vor einem Krieg“: Erdogan schaltet in den Eskalationsmodus oder Umfrage-Beben: Grüne auf dem Weg zur Volkspartei oder Trump droht mit drastischer Maßnahme: Grenze zu Mexiko könnte geschlossen werden
Trotz Austritts-Plänen: Die Briten wählen ein neues EU-Parlament. Wird es ein Erdrutschsieg für die Brexit-Partei? Alle Entwicklungen und Zahlen im Live-Ticker.
Wer wird Theresa May als Großbritanniens Premierminister nachfolgen: Favorit Boris Johnson oder doch Jeremy Hunt? Am 23. Juli soll das Endergebnis der Tory-Briefwahl feststehen.
*Merkur.de gehört zum deutschlandweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk