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China: Partei will hart gegen Corona-Proteste vorgehen – doch Videos zeigen neue Zusammenstöße

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Wohin steuert China? Noch ist unklar, wie sich die Corona-Proteste in dem Land entwickeln werden. Die Polizei geht unterdessen gezielt gegen Demonstranten vor.

Update vom 30. November, 9.40 Uhr: In China ist es erneut zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. In der südchinesischen Großstadt Guangzhou wurden Polizisten nach Angaben von Augenzeugen und laut Videoaufnahmen in der Nacht auf Mittwoch mit Gegenständen beworfen. Es gab demnach auch mehrere Festnahmen.

China-Proteste gegen Corona-Politik: Demonstranten attackieren Polizisten

Dabei war auf Videoaufnahmen im Internet zu sehen, wie die Polizisten in einer Straße im Bezirk Haizhu beworfen wurden, Glas zersplitterte neben ihnen auf dem Boden. Menschen schrien und später wurden demnach fast ein Dutzend Männer mit gefesselten Händen abgeführt.

Als Reaktion auf Proteste hatte Peking zuletzt die Polizeipräsenz in Großstädten massiv erhöht. AFP-Journalisten berichteten am Dienstag von hunderten Streifenfahrzeugen und Beamten auf den Straßen der Hauptstadt Peking und Shanghais.

Sicherheitsleute in Peking stehen aufgrund von Covid-Protesten Wache – eine Aufnahme vom Sonntag (28. November).
Sicherheitsleute in Peking stehen aufgrund von Covid-Protesten Wache – eine Aufnahme vom Montag (28. November). © Imago/Kyodo News

Update vom 29. November, 22.25 Uhr: Ob die Protestwelle in China wirklich abgeebbt ist, muss sich noch zeigen. Als Grund für die deutlich geringere Zahl an Demonstranten zu Wochenbeginn nennen CNN, BBC und Sky News die deutlich zugenommene Polizeipräsenz in den Straßen. Zudem seien die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gefallen. Einige Protestler wollen von den Sicherheitskräften kontaktiert und nach ihrem Aufenthaltsort gefragt worden sein. Derweil sollen die Gesundheitsbehörden empfohlen haben, die Lockdowns schnell zu verhängen und schnell zu lockern.

China-Proteste: WM in Katar könnte Wut befeuert haben

Update vom 29. November, 16.27 Uhr: Auch die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer, die derzeit in Katar stattfindet, hat die Corona-Proteste in China befeuert. Denn im Staatsfernsehen sahen auch die Chinesen auf ihren Bildschirmen Tausende Fans in Stadien und Menschen ausgelassen auf den Straßen feiern – und das ohne Maske. Dies hat nach übereinstimmenden Berichten vieler Menschen in China den Glauben an das offizielle Narrativ erschüttert, demzufolge nur in China die Menschen sicher seien, während der Rest der Welt in Krankheit und Chaos versinke.

Unseren Bericht zu diesem Thema finden Sie hier.

Corona-Proteste in China: Höchstes Sicherheitsgremium fordert hartes Vorgehen gegen „feindliche Kräfte“

Update vom 29. November, 16.15 Uhr: Chinas höchstes Sicherheitsgremium hat am Dienstag angesichts der Proteste gegen die Corona-Lockdowns und für mehr politische Freiheiten ein hartes Vorgehen gegen „feindliche Kräfte“ verlangt. Es sei erforderlich, „hart gegen Infiltration und Sabotagetätigkeiten durch feindliche Kräfte durchzugreifen“, erklärte der zentrale Ausschuss für politische und rechtliche Angelegenheiten der Kommunistischen Partei laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Der Ausschuss überwacht die gesamte Strafverfolgung in China. Laut Xinhua befand das Gremium in einer Sitzung zudem, es sei von entscheidender Bedeutung, „entschlossen gegen illegale kriminelle Handlungen vorzugehen, die die soziale Ordnung (...) stören“, und die allgemeine soziale Stabilität „aufrichtig zu schützen“.

Update vom 29. November, 15.04 Uhr: Auf Chinas Straßen ist es am Dienstagabend (Ortszeit) nur vereinzelt zu Protesten gekommen. So wurden in den sozialen Netzwerken beispielsweise Videos aus der Stadt Taiyuan in der Provinz Shanxi geteilt, auf denen zu sehen ist, wie Bürger ein Ende der Lockdowns fordern.

Ihren Unmut über die Corona-Maßnahmen äußern die meisten Chinesen derzeit online, auch wenn die meisten Kommentare schnell wieder gelöscht werden. So wurden im sozialen Netzwerk Weibo etwa unter einer Liveübertragung der Pressekonferenz mehrerer chinesischer Gesundheitsbehörden am Nachmittag Ortszeit Hunderte, zum Teil wütende Kommentare veröffentlicht. „Egal, welche Politik Sie sich ausdenken, sie wird kein Gehör finden, also halten Sie keine Konferenzen ab!“, heißt es in einem Kommentar. „Schafft die PCR-Tests ab“, forderte ein anderer Kommentar. „Die Gefahr durch das Virus wird übertrieben“, hieß es in einem dritten Kommentar.

China-Proteste: Corona-Zahlen gehen leicht zurück

Update vom 29. November, 14.02 Uhr: Nach einem stetigen Anstieg der Infektionszahlen meldete Chinas Gesundheitskommission am Dienstag erstmals wieder einen leichten Rückgang der täglichen Neuinfektionen auf rund 38.400 Fälle. Am Vortag war ein Höchststand von mehr als 40.000 gemeldet worden. In der Hauptstadt Peking stieg die Zahl der Neuinfektionen aber weiter auf 4.300. Während Märkte zur Versorgung mit Lebensmitteln geöffnet haben, sind die meisten Restaurants, Schulen, Geschäfte und Büros geschlossen.

Die strengen Corona-Maßnahmen, die im ganzen Land als Reaktion auf die steigenden Zahlen verhängt worden waren, hatten die Proteste der vergangenen Tage befeuert. Chinas Behörden kündigten inzwischen an, die Maßnahmen etwas zu lockern. So ist es beispielsweise verboten, Hauseingänge oder Fluchtwege zu blockieren. Bislang hatten die Behörden immer wieder Zugänge versperrt, wenn in Wohnungen oder Wohnanlagen Verdachtsfälle aufgetreten waren.

Cheng Youquan, der Direktor des Chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention, sagte am Dienstag auf einer Pressekonferenz, dass „einige Probleme“, über die in letzter Zeit von der Öffentlichkeit berichtet wurde, nicht auf die Maßnahmen zurückzuführen seien, sondern auf deren Anwendung durch lokale Beamte, die einen „pauschalen Ansatz“ verfolgt hätten. Einige Kontrollen seien zudem „exzessiv“ durchgeführt worden, ohne Rücksicht auf die Forderungen der Bevölkerung.

Update vom 29. November, 13.10 Uhr: In China kontrollieren die Sicherheitsbehörden offenbar wahllos Mobiltelefone. Die Beamten sind scheinbar auf der Suche nach VPN-Netzwerken, mit denen auf Internetseiten zugegriffen werden kann, die in China eigentlich gesperrt sind. Besonders im Visier der Behörden sind offenbar soziale Medien wie Twitter und Telegram. Auf einem vielfach geteilten Video ist zu sehen, wie Beamte der Volkspolizei in der U-Bahn von Shanghai den Passagieren ihre Handys abnehmen und diese durchsuchen.

Proteste in China: Polizei geht gegen Demonstranten vor

Update vom 29. November, 12.20 Uhr: Chinas Regierung geht offenbar gegen Menschen vor, die am Wochenende in Peking, Shanghai und in anderen Städten gegen die strengen Corona-Maßnahmen protestiert haben. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach hat die Polizei gezielt Menschen identifiziert, die auf die Straße gegangen waren, und diese einbestellt. Auf dem Polizeirevier hätten die Personen dann schriftliche Berichte über ihre Aktivitäten abliefern müssen. „Wir sind alle verzweifelt dabei, unseren Chatverlauf zu löschen“, zitiert Reuters eine Person, die Zeuge der Proteste in Peking war und nicht identifiziert werden wollte. Wie viele Menschen betroffen sind, ist derzeit nicht bekannt.

Am Sonntag wurde dieser Demonstrant in Shanghai verhaftet.
Am Sonntag wurde dieser Demonstrant in Shanghai verhaftet. © dpa

Update vom 29. November, 11.41 Uhr: Nach dem Angriff auf einen britischen Journalisten hat das Außenministerium in London den britischen Botschafter einbestellt. Das berichtet der Evening Standard unter Berufung auf eine Quelle in dem Ministerium. Der BBC-Reporter Ed Lawrence war in Shanghai von Polizisten stundenlang festgehalten und eigenen Angaben zufolge auch misshandelt worden. „Die BBC hat klargestellt, dass einer ihrer Journalisten von der Polizei festgenommen und geschlagen wurde, als er über diese Proteste berichtete“, zitiert der Evening Standard seine Quelle. „Wir haben deutlich gemacht, dass dieses Verhalten der chinesischen Behörden völlig inakzeptabel ist.“

Die britische Regierung hat die Festnahme des Journalisten bereits gestern verurteilt. Es sei „inakzeptabel“, dass ein Journalist festgenommen wird, sagte Kabinettsmitglied Grant Shapps am Montag dem Radiosender LBC. „Presse- und Berichterstattungsfreiheit sollten unantastbar sein.“ Dem TV-Sender Sky News sagte der Wirtschaftsminister: „Es kann absolut keine Entschuldigung dafür geben, dass Journalisten, die darüber berichten, was geschieht, von der Polizei geschlagen werden.“ Die Besorgnis über den Vorfall sei groß.

Update vom 29. November, 11.15 Uhr: Bedrohen die Corona-Proteste in China die Herrschaft der Kommunistischen Partei des Landes? „Unwahrscheinlich“, sagt der China-Experte Vincent Brussee vom Berliner Mercator Institute for China Studies (MERICS). „Zum einen scheinen sich die meisten Proteste gegen den willkürlichen Charakter vieler Corona-Maßnahmen und ihre Auswirkungen zu richten, nicht gegen die Herrschaft der Kommunistischen Partei als Ganzes. Darüber hinaus verfügen Chinas Behörden über ein seit langem erprobtes Instrumentarium für den Umgang mit Protesten“, sagte Brussee im Interview mit dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA. So versuche die Staatsführung, Proteste bereits im Keim zu ersticken. „Auf diese Weise können sich kleine Proteste nicht zu großen, organisierten Bewegungen entwickeln.“

Das ganze Interview lesen Sie hier.

Update vom 29. November, 10.25 Uhr: Als Reaktion auf die Proteste der vergangenen Tage passt China seine Corona-Strategie leicht an. So soll eine Impfkampagne für ältere Menschen vorangetrieben werden, wie ein Sprecher der Pekinger Gesundheitskommission am Dienstag sagte. „Wir sollten die Impfung gegen Covid-19 beschleunigen, insbesondere bei älteren Menschen“, hieß es.

China setzt derzeit keine ausländischen mRNA-Impfstoffe ein, sondern setzt ausschließlich auf Vakzine, die in China hergestellt wurden. Das Problem dabei: Die Made-in-China-Impfstoffe erreichen erst ab der dritten Dosis dieselbe Wirksamkeit wie die westliche Konkurrenz. Alledings sind derzeit nur rund 40 Prozent der Menschen im Alter über 80 Jahren dreifach geimpft, wie der Sprecher von Pekings Gesundheitskommission am Dienstag sagte. Die nun angekündigte Kampagne soll das ändern.

Aufstände gegen Null-Covid-Strategie: Peking erhöht Polizeipräsenz

Erstmeldung vom 29. November: München/Peking – China erlebt die größten Proteste seit Jahrzehnten: Seit dem Wochenende gehen im mehreren Städten im Land die Menschen auf die Straße, um gegen die Corona-Politik der Regierung in Peking zu demonstrieren. Begonnen hatten die Proteste am Samstagabend, zunächst in Shanghai, dann in weiteren Millionenstädten im ganzen Land. Auslöser war ein Wohnungsbrand in Ürümqi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang, bei dem zehn Menschen ums Leben gekommen waren. In der Stadt gab es wenig später Gerüchte, die strikten Corona-Maßnahmen hätten die Löscharbeiten der Feuerwehr behindert. Die Proteste gingen auch am Sonntag und Montag weiter.

Aktuell herrscht in China eine angespannte Ruhe, wie auf Videos zu sehen ist, die in sozialen Netzwerken wie Twitter geteilt werden. In den großen Metropolen des Landes wurde die Polizeipräsenz massiv verstärkt; die Beamten haben vor Einkaufszentren, belebten Plätzen und großen Straßen Station bezogen. Weitere Demonstrationen sollen so im Keim erstickt werden. Wie viele Festnahmen es in den vergangenen Tagen gab, ist nicht bekannt. Auf Videos waren einzelne Verhaftungen zu sehen, offizielle Zahlen gibt es allerdings nicht.

Corona-Proteste in China: Staatsmedien blenden das Thema aus

Chinas Staatsmedien berichten unterdessen nicht über die Demonstrationen. Am Montag war im auf der Titelseite der Volkszeitung, des Parteiblatts der Kommunisten, noch ein Kommentar zu lesen, der die Corona-Maßnahmen der Regierung verteidigte. Am Dienstag hielt man das offenbar nicht mehr für nötig, stattdessen dominierten Themen wie der Peking-Besuch des mongolischen Präsidenten die Schlagzeilen. (sh/AFP/dpa)

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